Hallo

DSCF2003.JPG

Herzlich willkommen auf unserer Magazin-Seite.

Wir wollen unterhalten und informieren.

Viel Spaß

Zeiss Planetarium

Zeiss Planetarium

Das Openerfoto ist von Axel Mauruszat, alle Rechte liegen bei ihm.

„Alle Planeten sind im Januar zu sehen. Merkur, Saturn und Jupiter zeigen sich in der Abenddämmerung und etwas später sind Neptun und Uranus zu finden. Und wenn es langsam wieder hell wird, tauchen Mars und Venus auf“, sagt Diplomphysikerin Livia Cordis. Ich staune und schaue beglückt auf das Sternenmeer der Milchstraße über mir. Jetzt dreht sich der Himmel oder dreht sich der Zuschauerraum? Die Illusion ist perfekt. Leicht schwindlig greife ich nach der Lehne, um mich festzuhalten. Wie machen die das? Es ist der Zeiss-Vb-Planetariumsprojektor aus dem Jahre 1965, der die funkelnden Lichter auf die Kuppel zaubert. Ein historisches Instrument, das noch immer in Betrieb ist. Der von Insidern liebevoll „Knochen“ genannte Projektor lässt einen Himmel mit über 4.000 Sternen entstehen. Im Zeitraffer folgt er Erde oder Mond durch das Universum. Zusatzgeräte können Kometen, Sternschnuppen, Koordinatensysteme oder Mond- und Sonnenfinsternisse darstellen.

Ich besuche heute das Zeiss Planetarium am Fuß des Insulaner-Trümmerbergs in Berlin-Schöneberg, Munsterdamm 90. Frau Cordis hält einen Vortrag zum Thema „Das neue Jahr am Sternenhimmel“. Ich bin etwas zu früh dran und gehe noch in die Bibliothek des Vereins der Wilhelm-Foerster-Sternwarte. Diese kleine, aber ungewöhnliche Bibliothek hat eine lange Tradition und ist für naturwissenschaftlich astronomische Fachliteratur der Anlaufpunkt überhaupt. Die Schwerpunkte sind Sternenbeobachtung, Teleskoptechnik, Astrophysik, Geschichte der Raumfahrt und historische astronomische Werke.

Der Bestand umfasst zurzeit ungefähr 5.000 Fachbücher und 21 regelmäßig erscheinende Fachzeitschriften. Und überall stehen Globusse rum.

Diese Präsenzbibliothek mit zehn Leseplätzen sowie Internet- und W-LAN-Zugang ist zwar öffentlich, aber eine Buchausleihe ist ausschließlich für Vereinsmitglieder möglich. Doch Rumstöbern und hier und da in Zeitschriften Blättern ist auch toll. Ich kann mich gar nicht loseisen und muss dann doch diesen Ort der Bücherliebe in Richtung Planetarium verlassen. Im Vorraum treffe ich auf Eckhard Platow, der seit 1978 Mitglied des Vereins ist, und sich heute als mitverantwortlich für den Einlass zeichnet. Zum gemeinsamen Foto zieht er mich in eine Ecke der Garderobe, damit keiner mitkriegt, wie wir die Masken abnehmen. Corona halt!

Ein leutseliger und beredt daherkommender Sympathieträger, der gleich alles Mögliche von sich gibt. Und er meint, ich solle mir vor dem Beginn der Veranstaltung unbedingt die Vitrinen ansehen, die seinen voll mit interessanten Erinnerungsstücken. Und wenn ich Zeit hätte, würde er mir nach dem Vortrag noch einige Bilder einer Dauerausstellung zum Planetarium zeigen. „Sehr gerne“, sage ich und wende mich den Exponaten zu.

Ob der NASA-Raumanzug echt ist? Keine Ahnung, steht da nirgends. Die alten Teleskope und Bilder sind es bestimmt. Beeindruckend.

Ich könnte noch stundenlang die teils auch kuriosen Dinge ansehen, aber Frau Cordis läutet zum Gebet. Ein letzter Blick auf Jim Parsons alias Dr. Dr. Sheldon Lee Cooper aus der Kultserie „The Big Bang Theory“, der mit Maske eine Grafik über die Größe des Weltalls bewacht und ich verschwinde im Vortragskuppelsaal.

Dieser unglaublich schönen Anblick unser Heimatgalaxie fließt über die Hochgeschwindigkeitsbahn meines Sehnervs direkt in meine Seele. Visuell gefesselt, in fast liegender Sitzhaltung fällt mir ein Zitat über die Welt und das All ein, von dem mir der Name des Autors leider entfallen ist: „Wir können uns die Dinge, die zusammen die Welt ergeben, als eine Art großes Schachspiel der Götter vorstellen, bei dem wir die Regeln nicht kennen und nur ziemlich dämliche Beobachter sind.“ Frau Cordis beginnt.

Im Jahr 2022 werden wir zwei Mondfinsternisse und zwei mit der Sonne haben, wobei wir in Deutschland nicht wirklich viel davon zu sehen bekommen. In jedem Monat gibt es unterschiedliche Planetenkonstellationen, die sich mal im Kreis des Löwen befinden und mal in anderen Sternkreiszeichen. Und in der Raumfahrt werden von den Deutschen, den Amerikanern, den Chinesen, den Koreanern und anderen Nationen einige interessante Dinge in die Tat umgesetzt, wenn alles klappt. Livia hat eine ungemein anschmeichelnde, sehr deutlich zu verstehende Stimme. Ich lausche fasziniert und starre die Kuppel an. Ab und zu klappen mir die Lider zu. Nicht weil es langweilig ist. Nein, sondern weil es sich sehr angenehm und gemütlich in den Sesseln anfühlt und die womöglich psychotherapeutisch geschulte Stimme von Livia angenehm in meine Ohrmuscheln kriecht. Ich schwebe auf einer Wolke. Auf einer Sternenwolke. Alles ist schön.

Das Datenvolumen des Dargebotenen übersteigt bei Weitem die Kapazität meines Kurzzeitgedächtnisses. Ich versuche, mir so viel wie möglich zu merken. Nach fast zwei Stunden taumle ich benommen aus dem Saal. Eckhard fast mich unter und erinnert an die versprochene kleine Führung durch die Ausstellung. Eigentlich kann ich nicht mehr. Aber ein Zurückweisen dieses Angebotes verbietet sich. Wir treten in den die Kuppel umlaufenden Korridor. Wow!

Eckhard erzählt von den ersten Tagen der Wilhelm-Foerster-Sternwarte. Den Anfang machte ein 12-Zoll-Bamberg-Refraktor aus dem Jahre 1889. Bereits 1947 konnte man mit zwei selbstgebauten Fernrohren in einem Provisorium des Wilhelm-Foerster-Instituts in der Nähe des S-Bahnhofs Papestraße den Himmel über der Stadt erkunden. Es gab auch einen Vortragsraum. Schließlich wurden die Räumlichkeiten zu eng. Ein modernes astronomisches Volksbildungszentrum musste her. Auf dem Freigelände zwischen den heutigen Straßen Prellerweg und Munsterdamm war gerade ein neuer Berg aus Trümmern der zerstörten Stadt Berlin entstanden: der Insulaner. Da sich das Gebiet in der amerikanischen Zone befand, musste man die US-Boys um Erlaubnis fragen, ob auf dieser Erhebung eine Sternwarte gebaut werden durfte. Die Antwort war etwas kryptisch: „Ja, aber nur, wenn ein Verein der Betreiber und Eigentümer ist.“ Kein Problem, dachten sich die Sternengucker und am 30. Januar 1963 öffnete schließlich die Wilhelm-Foerster-Sternwarte auf dem Insulaner ihre Türen. Und rund zwei Jahre später kam das Planetarium hinzu. Eckhard sprudelt nur so über. Noch mehr Fakten, noch mehr Geschichten und viele Fotos. Im wahrsten Wortsinn: Überwältigend.

Schließlich entlässt mich Eckhard aus seinen Fängen. Er hat es gut gemeint und auch gemacht. Aber es ist einfach zu viel. Ich drehe mich noch einmal um und schaue über die Vitrinen entlang in den Vorraum des Zeiss Planetariums.

Hinten verschwindet Eckhard in der Garderobe. Ich rekapituliere, was er mir noch alles berichtet hat: Dass der Namensgeber Wilhelm Foerster der Gründer der astronomischen Gesellschaft „Urania“ war und dass dieses Großplanetarium 300 Sitzplätze hat. Beide Institutionen, Planetarium und Sternwarte, wurden bis zum 30. Juni 2016 vom Verein Wilhelm-Foerster-Sternwarte e. V. mit Planetarium am Insulaner betrieben, seit 1. Juli 2016 gehören sie zusammen mit der Archenhold-Sternwarte in Alt-Treptow und dem Zeiss-Großplanetarium in Prenzlauer Berg zur neu gegründeten Stiftung Planetarium Berlin, einer Stiftung des öffentlichen Rechts. Der ehemalige Trägerverein engagiert sich als Förderverein und in eigenen Projekten. Danke, lieber Eckhard, gut gemacht!

Auf dem Weg zurück durch das wolkenverhangene, regnerische Berlin ist unsere wunderschöne Milchstraße nicht wirklich vorstellbar. Der Lichtsmog lässt im Übrigen ja auch bei gutem Wetter kaum etwas am Himmel erkennen. Während unser letzten Reise in den Orient mit der AIDAbella hatte ich auf gute Sternenbilder gehofft, aber auch da war das Licht der großen Städte Dubai und Abu Dhabi hinderlich. Ich muss wohl mal in die Wüste, fern ab von jeder Zivilisation, wo es ganz, ganz dunkel ist…

Fakten:

Wilhelm-Foerster-Sternwarte, Munsterdamm 90, 12169 Berlin, Tel. 790093-32, E-Mail: vorstand_wfs@gmx.de, Führungen: Freitag 21.30 Uhr, Samstag 15.15 (nur September)/ 17.15 / 19.30 / 21.30 Uhr, Sonntag 13.15 (nur September) / 15.15 / 17.15 Uhr, die Sternwarte ist grundsätzlich nur zu den Führungen geöffnet ist. Die Kasse der Sternwarte macht kurz vor der Führung auf. Die Eintrittskarten kosten 9.- Euro.

Zeiss Planetarium, Munsterdamm 90, 12169 Berlin, Tel. 790093-32, E-Mail: vorstand_wfs@gmx.de, die „Wissenschaft live“- Veranstaltungen finden immer mittwochs um 20:00 Uhr statt, der Eintritt beträgt 8.- Euro. Corona bedingt dürfen zurzeit nur 90 Besucher in den Kuppelsaal. Weitere Veranstaltungen, für Erwachsene, aber auch viele für Kinder, findet man auf der Website der Stiftung https://www.planetarium.berlin/#/

Habt ihr auch eine Geschichte für uns? Schreibt uns an info@grad60.com oder besucht uns auf den sozialen Medien.

Meditative Klanglandschaften im Januar-Dunkel

Meditative Klanglandschaften im Januar-Dunkel

Wir servieren: Unsere Suppe 2021

Wir servieren: Unsere Suppe 2021