Usbekistan Reisebericht
Seit dem 3. Jahrhundert vor Christi ist die Seidenstraße von China bis in den Mittelmeerraum die wichtigste Handelsroute der Welt. Ein Teil davon geht durch Usbekistan. Dort, wo die Händler ihre Depots hatten, die Geldwechsler ihre Schätze hüteten, Kamele versorgt wurden und zwielichtige Gestalten ihr Unwesen trieben, bildeten sich kleine Ansiedlungen, wurden später Festungen gebaut und Gotteshäuser errichtet. Dort wollen wir hin. Usbekistan ist ein faszinierendes Land mit beeindruckenden Zeugnissen uralter Kultur. Einzigartige Erlebnisse beim Besuch historischer Städte wie Samarkand, Buchara und Chiwa, die mit ihren Moscheen, Medresen und prunkvollen Bauten beeindrucken, warten auf uns. Lasst uns gemeinsam eintauchen in den mittelasiatischen Orient und die Gastfreundschaft freundlicher Menschen genießen. Ich berichte hier in mehreren Etappen von unseren Erlebnissen. Zum jeweiligen Artikel kommt ihr mit einem Klick auf den Namen. Am Ende des Berichtes habe ich einige Tipps zusammengefasst, die hilfreich bei der Planung und Durchführung euer Reise durch Usbekistan sein können.
Taschkent / Amirsoy / Samarkand Stadtbummel / Mausoleum des Amir Temur / Registan / Manufaktur / Mirzo Ulug´bek Observatorium / Totenstadt / Töpfern in G´ijduvon / Bukhara Ankunft / Tour durch Bukhara / Abschied von Bukhara / Festungen von Khorezm / Chiwa / Nacht in Itchan Kala / Tipps
Taschkent - Usbekistan Reisebericht
1966 machte ein Erdbeben Taschkent komplett dem Erdboden gleich und der große Bruder aus der Familie der Sowjetrepubliken, Russland, half beim Wiederaufbau. Deshalb gibt es quasi keine Altstadt, sondern nur neue Gebäude. Die „Steinerne Stadt“, so die Übersetzung, hat viele beeindruckende Hochhäuser, die uns aber weniger interessieren. Wir schauen uns stattdessen einige der Denkmäler an, zum Beispiel diese drei silbernen Schwäne auf der Weltkugel.
Ganz in der Nähe steht ein Denkmalkomplex, der sich mit dem Leid und den Toten des großen vaterländischen Krieges beschäftigt. In zwei hölzernen Säulenhallen sind auf Tafeln in den Nischen alle Toten Usbekistans namentlich aufgelistet.
Zwischen beiden gibt es eine große kreisrunde Steinschüssel mit einer Inschrift und darüber thronend die leidende Mutter, die Ehemann und Söhne im II. Weltkrieg verloren hat. Heute ist eine Schulklasse zu Besuch. Die Lehrerin erteilt am Vorabend der Kapitulation Nazideutschlands Geschichtsunterricht vor Ort.
Wir steigen in die Metro. Arbeitslosigkeit kennt Usbekistan offiziell fast nicht, da alle irgendwie beschäftigt werden, so auch hier in der Metro. Vor dem Zutritt werden wir von einem Sicherheitsmitarbeiter gescannt, neben den Zutrittsschranken steht eine Frau, die kontrolliert, ob wir auch die Fahrkarten vor das Lesegerät halten. Am Fuß der Rolltreppe sitzt eine weitere Frau in einem Häuschen und schaut, ob auch keiner stolpert oder so. Eine andere Frau wischt mit der Treppe bergauf fahrend das hölzerne Mittelteil der Rolltreppe sauber. Unten auf dem Bahnhof steht ein Uniformierter, der offensichtlich das Einsteigen kontrolliert und zwei Frauen wischen den Boden. Das sind sieben Personen auf einem Bahnhof. Aber sehr schön ist er dann auch.
Wir fahren eine Station und steigen um. Es geht noch etwas tiefer. Wir sind jetzt rund 50 Meter unter der Oberfläche. Auch dieser Bahnhof begeistert mich. Er hat als Thema den Weltraum, die Sterne und ihre Zeichen.
Wir steigen aus und gehen zum „Fressmarkt“. Schon von weitem rieche ich Gegrilltes. Ich betrete eine große Halle mit in der Mitte offenem Dach. In zwei langen Reihen, rechts und links, versuchen dutzende Köche rohes Fleisch in Essbares umzuwandeln, vornehmlich an Spießen.
Nicht mein Ding. Wir gehen weiter zur nächsten Halle. Es ist eine große Kuppel mit zwei Ebenen. Im Erdgeschoss tote Tiere, so weit das Auge reicht, bloß weg! Mit großen Schritten gehe ich zur Treppe. Im ersten Stock unzählige Stände mit Gewürzen, Nüssen und Süßigkeiten. Schon besser.
Hier nicht zuzuschlagen, fällt mir schwer; das ist wirklich sehr verlockend, ich zögere. Mich rettet eigentlich nur, dass die junge Frau gerade mit jemand Anderen verhandelt. Ich drücke mich vorbei und schaue nach unten auf die blutigen Fleischstände. Die können doch unmöglich alle etwas verkaufen, auf keinen Fall!
Wir streben dem Ausgang zu und gehen zu den Bäckern. In einer Art Live Performance kann ich den Männern an den Backöfen zuschauen. Interessant ist, dass sie die rohen Brotlaibe mit einem Schieber innen an die Decke und die Wände des Ofens kleben. Nach recht kurzer Zeit holen sie sie wieder raus und fertig sind die Hefefladen.
Der vorletzte Programmpunkt der Tour ist das Koranmuseum, wo einer der fünf Ur-Korane ausgestellt wird. Die Korane sind von den Kalifen geschrieben worden; diesen hier in Taschkent hat der Kalif Omar angefertigt. Schuhe aus, Kopftuch um und das Fotografieren ist strengstes verboten. Ein Riesenteil, dieses Buch; schätzungsweise anderthalb Meter breit und einen Meter tief. Der Tag ist fast vorbei und unsere Kräfte sind erschöpft. Da kommt die ruhige Atmosphäre des letzten Highlights gerade recht: die neue Moschee. Ich trete ein. Der Gebetsraum ist fast leer. Andächtig drehe ich mich einmal im Kreise und bewundere die Wände, die Decke und vor allem den phänomenalen Teppich. Da haben aber sehr, sehr viele Frauen und Männer sehr, sehr lange gewebt.
Was für ein Glücksfall, zur richtigen Zeit hier zu sein. Ich will nicht wieder gehen. Aber ich muss; draußen wartet Irina, unsere Reiseleiterin heute. Sie will sich verabschieden und ich will mich bei ihr bedanken. Als ich vor ihr stehe, überrascht sie mich mit der Frage, ob ich denn gebetet hätte, das könnte man schließlich auch als Christ, man muss kein Moslem sein. Sie macht mich etwas verlegen; ich weiß nicht, was ich sagen soll. „Das war nicht ernst gemeint. Ich wollte dich nur etwas herausfordern.“ Das ist ihr gelungen.
Unser Guide hat einen Superjob gemacht. Sie arbeitet sonst für Studiosus und wurde von unserer Agentur für uns gebucht. Sie ist in Usbekistan geboren, hat russische Wurzeln und spricht akzentfreies Deutsch. Sehr zu empfehlen, unsere Irina.
Amirsoy - Usbekistan Reisebericht
Ich steige in die Gondel, ohne Skier, das fühlt sich zwar seltsam an, aber Skifahren bei 37 Grad plus ist nur in den geschlossenen Hallen der arabischen Ölstaaten möglich. Das Skigebiet Amirsoy erstreckt sich über eine Fläche von 900 Hektar am Nordhang des Maygashkan-Gebirges im westlichen Tian Shan. Wir wollen uns das mal von oben ansehen.
Wie schmeckt die Höhe auf 2.290 Metern Höhe? Ausgesprochen gut. Angenehm temperiert, nur noch rund 20 Grad warm, ein leichter Wind, blauer Himmel über dem Kopf, so lässt es sich aushalten.
Ich kann mir das Gewusel der Skifahrer gut vorstellen, wie sie zu dem schreiend lauten Beat aus den Boxen mit den Stiefeln stampfen und sich in den Hüften wiegen. Die futuristisch anmutende Hülle der Bar ergänzt den fast surrealen Anblick.
Etwas weiter weg habe ich einen Vierertisch für uns reservieren lassen, an dem wir im klassischen Schneidersitz Platz nehmen können. Doch das ist nur ein Scherz, denn tatsächlich ist die Reservierung nicht für uns.
Ich begebe mich an den Rand der Piste und schaue in die Tiefe. Vorsichtig setze ich mich und halte mich zur Sicherheit am warnenden Schild fest.
Die Musik hat jetzt richtigen Partycharakter. Ortstypisch ist der Gesang allerdings russisch oder usbekisch. Doch das tut der Stimmung keinen Abbruch. Das Ambiente ist offensichtlich von einem Champagnerhersteller gesponsert. Das schreit doch geradezu nach einem Gläschen.
Das alles hat hier irgendwie so gar nichts mit dem Usbekistan zu tun, was wir erwartet haben, aber es ist nett. Nach anderthalb Stunden fahren wir wieder ab. Nicht auf Skiern, sondern mit der Gondel. Auf halber Höhe passieren wir diese hübsche Felsformation.
Unten angekommen, werfe ich nochmals einen Blick ins weite Rund und muss feststellen, dass der Anblick sich überhaupt nicht von einer Landschaft in den österreichischen Bergen unterscheidet.
Samarkand Stadtbummel - Usbekistan Reisebericht
Die nachgewiesenen Hinweise auf menschliche Aktivitäten aus der späten Altsteinzeit an diesem Ort habe ich weder gesucht noch gefunden. Doch ich bin mir im Klaren, dass ich auf historischem Boden stehe. Man vermutet, dass Samarkand zwischen dem 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. gegründet worden ist. Entscheidend dafür war die Lage an der Seidenstraße zwischen China, Persien und Europa. Sie war zeitweise eine der größten Städte Zentralasiens. Also sehr alt und ziemlich berühmt.
Die etymologische Bedeutung des Namens Samarkand ist ähnlich wie die von Taschkent (steinerne Stadt). Samar bedeutet auf Persisch „Stein“ und Kand „Festung/Stadt“. Bevor wir morgen Bauten der drei „M“ besuchen, nämlich Moschee, Medrese (Koran-Schule), Mausoleum, schlendere ich heute ein wenig durch die Stadt, die zweigeteilt ist in die Altstadt mit den historischen Gebäuden und in die moderne Neustadt, die uns weniger interessiert. Ich trete aus unserem Hotel.
Es sieht wie ein Botschaftsgebäude aus, ist komfortabel ausgestattet und heißt wie die Stadt. Eine gute Wahl. Ich quere die eine Richtungsfahrbahn des Universitätsboulevards und befinde mich auf dem parkähnlichen, sehr breiten Mittelstreifen. Vor mit laufen drei Polizisten. Wie ich später noch feststellen werde, sind die Ordnungshüter allgegenwärtig. Es gibt sogar eine extra „Touristenpolizei“.
Diese Allee ist fast 1,2 Kilometer lang und 128 Meter breit. Eine Straße von diesem Ausmaß findet man auf der ganzen Welt nicht so oft. Die uralten Bäume sind Platanen und Eichen und der Name stammt von der vor 80 Jahren gegründeten Samarkand State University. Außerdem befindet sich hier am Boulevard die Nationalbibliothek Usbekistans. Sie ist nach dem zentralasiatischen Dichter ʿAli Schir Nawāʾi benannt.
Ich passiere zwei Springbrunnen und gelange zum Denkmal des Nationalhelden Timur Lenk. Die Frau auf dem Bild relativiert die Größe dieser Skulptur.
Es wird langsam dunkel, die Straßenlaternen gehen an und die weihnachtszeitähnliche Beleuchtung wird entzündet. Mein Gott oder besser Allahu Akbar, wie kitschig, könnte ich ausrufen; mache ich aber nicht. Es ist halt Geschmackssache.
Unglaublich viel junges Volk ist unterwegs, auch jetzt abends. Ältere sehe ich auch, aber wenige. Das ist kein Wunder. Es gibt rund 30 % Jugendliche unter 15 Jahren und nur 5 % Ältere ab 65 Jahren. Gerade bei Männern ist die Lebenserwartung sehr niedrig, sie liegt bei nur 70 Jahren. Auf dem Weg zurück zum Hotel komme ich wieder an den Springbrunnen vorbei; sie sind jetzt hübsch illuminiert.
Mausoleum des Amir Temur - Usbekistan Reisebericht
Im April 1336 wird Temür ibn Taraghai Barlas in Kesch geboren. Er entstammt der Familie des berühmten Dschingis Kahn und ist in der westlichen Geschichtsschreibung auch als Timur Lenk bekannt. Der Vorname bedeutet im mitteltürkischen „Eisen“ und der Beiname „der Lahme“. Heute sind wir an seinem Grabmal in Samarkand. Ich stehe vor dem prächtig restaurierten Eingangstor, was über 12 Meter hoch ist.
Timur gilt trotz seiner die Mongolen übertreffenden Grausamkeiten und trotz seines eingeschränkten politischen Weitblicks im heutigen Usbekistan als eine Art Nationalheld. Ich schiebe mich im Strom der Zuschauermassen durch das Tor und stehe im Innenhof des Komplexes, der eigentlich Gori Amir heißt, Grabmal des Herrschers.
Der Bau des Mausoleums wurde bereits zu Lebzeiten des Timur im Jahr 1402 begonnen und 1404 fertiggestellt. Es war eigentlich für seinen gefallenen Lieblingsenkel Muhammed Sultan gedacht. Er selbst wollte in seiner Heimatstadt Kesch begraben werden. Wegen der Bedeutung Samarkands hielten die Anhänger Timurs dieses Mausoleum nach seinem Tod aber für die bessere Wahl. Über der Grabstätte, wo auch einige Mitglieder seiner Familie und weitere Persönlichkeiten aus dem Umfeld des Herrschers bestattet sind, erhebt sich die melonenförmige Kuppelschale. Die 64 Rippen stehen für je ein Lebensjahr Mohammeds, den Propheten Allahs. Insgesamt ist die Kuppel mit Basis 34 Meter hoch.
Die mit blauen und schwarzen Fliesen verzierte Kuppel ist ein beeindruckender Anblick. Ich stelle mich an, um in das Innere zu gelangen. Langsam, Schritt für Schritt nähere ich mich der Tür, denn es ist voll. Die Touris sind schon irgendwie lästig; aber ich bin ja selbst einer. Der Raum ist ziemlich klein. In der Mitte stehen die Steinsärge, sie heißen Kenotaphe. Der Sarg des Timur ist schwarz. Die Sockelwände sind mit Onyxfliesen verziert, darüber läuft ein grünes Band, nach oben schließen sich Verzierungen aus Pappmaché an. Die dominierenden Farben der Reliefs sind Blau und Gold. Trotz der vielen Menschen um mich rum, empfinde ich Ehrfurcht vor der architektonischen Leistung.
Mir fällt auf, dass der Raum innen niedriger erscheint als außen. Unser Guide erklärt uns den Grund: Der Raum zwischen Innen- und Außenkuppelschale ist hohl. Innen gibt es Holzverstrebungen, welche die äußere Kuppelschale gegen die Innenkuppel abstützen und so das Gebäude stabilisieren. Jahrhunderte lang war dieses Mausoleum dem Verfall preisgegeben und kaum mehr als solches zu erkennen. Es waren nur noch Ruinen übrig. Erst in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts begann man mit der Wiederherstellung von außen und in den siebziger Jahren von innen. Mit dem Aufleben des Timur-Kults nach Gründung der Republik Usbekistan (1991) wurde es in der heutigen Form fertiggestellt. Ein absolut gelungenes Werk. Abends schauen wir uns das Gebäude mit Beleuchtung an und sind noch ein wenig mehr beeindruckt.
Registan - Usbekistan Reisebericht
Ich befinde mich auf dem Maidān-i Rēgistān in Samarkand. Das ist Persisch und bedeutet „Platz des sandigen Ortes“. Hier liefen ab dem 14. Jahrhundert wichtige Handelswege zusammen, so auch die „Seidenstraße“. Timur selbst ließ an dieser Stelle einen überkuppelten Basar errichten. Später entstanden hier drei wichtige Medresen, das sind Koranschulen. Weil neben dem Handel auch der Islam den Menschen näher gebracht werden sollte.
Das ganze Ensemble ist nur schwer zu erfassen. Ich schaue zunächst zur Scherdor-Medrese, es ist die östliche, sie stammt aus dem 17. Jahrhundert. Scher-Dor ist ebenfalls persisch und bedeutet „mit Löwen versehen“. Tatsächlich sind über dem Eingangstor rechts und links löwenähnliche Tiere zu erkennen. Da im Islam die bildliche Darstellung von Tieren verboten ist, mussten es Fantasiewesen sein.
Die Tillakori-Medrese ist die mittlere der drei Medresen. Ihre Frontfassade zeigt Richtung Süden. Madrasa-i Ṭilā-Kārī bedeutet auf Persisch „vergoldete Medresse“. Sie wurde in den Jahren 1646 bis 1660 erbaut. Besonders gefällt mir auf der linken Seite die leuchtend hellblaue Kuppel. Das Minarett daneben hat passenderweise eine sehr ähnliche Kuppel.
Die Bezeichnung „vergoldet“ ist Programm. Im Inneren empfängt mich ein schier unglaublicher Anblick von Prunk. Staunend wandern meine Blicke die Wände entlang. Am liebsten würde ich mal anfassen; aber das ist natürlich verboten.
Ich wandere durch die Gänge und bin wie betäubt. Katholische Kirchen sind ja auch oft mit gewaltigem Pomp ausgestattet; aber damit kommt wohl keine mit. Bevor ich rausgehe, schaue ich noch zur Decke. Auch das ist ein schier unfassbares Bild, was ich über meinem Kopf sehe.
Die Ulugbek-Medrese ist die westliche der drei Koranschulen und die älteste. Der bekannteste Astronom und Mathematiker seiner Zeit, Khan Uluk Beg, errichtete die islamische Hochschule 1417 bis 1420. Das mächtige Portal mit einem Hufeisenbogen steht den anderen Toren in keiner Weise nach. Ganz im Gegenteil. Es gefällt mir am besten. Ein Mosaikpaneel über dem Eingang ist mit geometrischen Ornamenten verziert, was auf den Gründer dieser Medrese hinweisen soll.
Im quadratischen Hof befinden sich eine Moschee, Lehrräume und am Rand Zimmer, in denen die Studenten wohnten; hier befinden sich jetzt kleine Geschäfte. Darüber sind tiefe Nischen rund um die Achse eingebaut. Hier kann man entlanggehen, sich niederlassen und auch Kaffee trinken.
Auf dem Hof findet gerade ein Fotoshooting mit zwei Models statt. Das Outfit beider Damen und sie selbst sind sehr hübsch hergerichtet. Eine in rot und die Andere in grün. Die Kleider flattern im Wind; zwei Burschen müssen immer rechts und links festhalten für den Fotografen. Ich kann mich fototechnisch nur schwer für eine entscheiden. Schließlich habe ich eine Idee. Da grün die Farbe des Islams ist und wir uns eigentlich an einem heiligen Ort dieses Glaubens befinden, soll es die Frau mit dem grünen Kleid sein.
Abends gehen wir noch einmal zum Registan-Platz, um ihn mit Beleuchtung zu genießen. Ich bin platt vor Staunen. Hier sind Licht-Profis am Werk, absolut. Der Anblick ist noch beeindruckender, wenn das überhaupt möglich ist.
Manufaktur - Usbekistan Reisebericht
In dieser vom Staat unterstützten Kooperative werden verschiedene Dinge hergestellt, alle in sogenannten Vorführwerkstätten für die Touristen.
Der Maulbeerbaum ist für zwei Produkte Ausgangsbasis. Zunächst dienen die Blätter der abgeschnittenen Äste den Seidenspinnerraupen als Nahrung. Sind sie abgefressen, werden sie gewässert. Anschließend wird die Rinde entfernt.
Diese Rinde wird gekocht. Mittels Holzstampfer, die durch eine Wassermühle bewegt werden, wird aus der weichen Rinde ein Brei.
In einem weiteren Wasserbad wird dieser Brei weiter verflüssigt und dann in eine Form gegossen.
Nach Trocknung hat man schließlich ein Stück Papier aus der Rinde des Maulbeerbaumes in den Händen. Dies ist die zweite Verwendung des Maulbeerbaums.
In einer anderen Werkstatt wird Öl hergestellt, in einer weiteren Mehl gemahlen. Ich bin jetzt in der Töpferwerkstatt. Ich darf am Arbeitsplatz von Meister Ilxom Platz nehmen und so tun, als ob ich das auch könnte. Er erzählt mir mit Händen und Füßen, dass er mal in München bei einer internationalen Keramikmesse teilgenommen hat. Das hat ihm gut gefallen; aber noch besser war das Bayerische Bier. Er zeigt mir, wie er es getrunken hat. Ich verstehe ihn ohne Probleme.
Nach rund zwei Stunden sehr kurzweiligen Verweilens in diesen für unbedarfte Besucher hervorragend aufbereiteten Musterwerkstätten gibt es Tee, ebenfalls aus eigener Herstellung.
Überflüssig zu erwähnen ist, dass die Kanne und die Tassen aus der eigenen Keramikwerkstatt stammen. Der Tee ist etwas bitter und sehr aromatisch. Er wird mit Parwarda gesüßt. Das sind kleine weiße Kügelchen, die aus Zucker, Mehl und Vanille bestehen. Ich halte sie kurz in den Tee, damit sie weich werden, dann stecke ich sie in den Mund.
Mit einem Schluck Tee löst sich die Kugel im Mund auf und verfeinert den Teegeschmack auf wunderbare Weise. Köstlich.
Mirzo Ulug´Bek Observatorium - Usbekistan Reisebericht
Gruppenfotos, Selfies und Kinder, die auf Statuen herumklettern wollen, sind lästig. Um vom Denkmal des größten Astronomen und Mathematikers des 14. Jahrhunderts ein Foto ohne Menschen machen zu können, brauche ich eine ganze Portion Geduld. Es gibt natürlich nicht wirklich eine Reihenfolge. Irgendwie schaffe ich es dann doch. Sehr zum Unmut einer volllippigen Russin, die mich offensichtlich beschimpft. Ich verstehe nur „Germanskiy“.
In der Bibliothek des Louvre in Paris entdeckte 1908 der russische Archäologe Wassili Wjatkin Hinweise auf ein Observatorium in Samarkand. Die Suche begann. Schließlich entdeckte man die Überreste der Sternwarte des Mirzo Ulug`Bek. Aufgrund diverser Aufzeichnungen konnte man ein Gebäude rekonstruieren. Vor dem Eingangstor stehe ich nun.
Im Inneren ist die Konstruktion zu sehen, mit dessen Hilfe Mirzo Ulug`Bek seine Beobachtungen durchgeführt hat.
Durch zwei Löcher über dem Sextanten, nicht anderes ist das nämlich, fielen Sonnenstrahlen auf die Steinschienen. In einem anderen Gebäude kann ich über seine Erkenntnisse nachlesen. Unter anderem hat er diesen Sternenlauf erkannt und in einem Modell nachgebaut.
Das Areal rund um die ehemalige Sternwarte ist als parkähnliche Anlage gestaltet. Die ausgegrabenen Fundamente der Gebäude sind gut zu erkennen. Auf der linken Seite neben der Treppe, die zum Ausgang führt, steht eine Sonnenuhr. Sie ist ein wahres Kunstwerk. Bewundernd stehe ich davor.
Totenstadt - Usbekistan Reisebericht
Die Zahl 40 hat auch im Islam eine hohe Bedeutung. Die Fastenzeit Ramadan dauert zum Beispiel so lang, das Neugeborene darf erst nach 40 Tagen der Familie gezeigt werden und Mohammed hat die Offenbarung mit 40 Jahren erhalten. Im Shah-i-Zinda, das bedeutet „der schlafende König“, gibt es am Eingang eine Treppe mit 36 Stufen. Wir sollen zählen beim Hochsteigen. Sollten wir uns verzählen und auf 40 kommen, werden wir Glück haben. Ich steige und zähle. Sich konzentrieren zu müssen, ist bei der Hitze nicht so leicht. … 38, 39, 40 … komisch …
Am Südost-Hügel des Afrosiab, einem Vorort von Samarkand, liegt diese Nekropole. Sie besteht aus 11 Mausoleen, die in Etappen zwischen dem 14. und 15. Jahrhundert erbaut wurden. Manche sind schlicht gehalten, einige aber auch sehr hübsch gestaltet, besonders innen.
Die Särge sind meistens weiß. In diesem Mausoleum, das unverputzte Wände hat, steht ein vierstufiger Sarg, der mal reich verziert gewesen sein muss; die Reste sind noch zu erkennen.
Am Ende der Straße gibt es eine Moschee und eine Gruft, in der ein Vetter des Propheten, Hussein Ibn Abbas, begraben ist. Er gilt als Heiliger. Der Raum über der Gruft hat die Bedeutung einer Pilgerstätte. Der Zugang ist sehr schmal und niedrig, der Raum selbst höchstens vier mal vier Meter groß. Als wir endlich drin sind, wird es plötzlich ruhig, alle setzen sich auf die Bänke an den Wänden. Für uns ist nichts mehr frei. Ich stelle mich mit meiner Frau vor den Eingang, blockiere damit die anderen Besucher und bin gespannt, was passieren wird. Ein Mann, der ganz am Rand sitzt, beginnt zu beten. Ein Mullah möglicherweise; er hat im Islam die Funktion eines Priesters. Am Schluss singt er auch. Alle heben die Hände mit den Handflächen nach oben und streichen anschließend damit über das Gesicht. Das bedeutet, dass der von Allah empfangene Segen in den Körper aufgenommen werden soll. Ich mache das nicht; ich möchte nicht blasphemisch erscheinen. Draußen drehe ich mich noch einmal um und reflektiere, was ich da gerade erlebt habe. Ein islamischer Priester hat für eine kleine Gruppe von Gläubigen in einer heiligen Begegnungsstätte gebetet und alle haben ehrfurchtsvoll und in völliger Stille zugehört. Das wäre mir als Nichtmoslem sonst kaum möglich gewesen. Es war ein ganz besonderer Zufall und sehr ergreifend. Das Verzählen auf der Treppe hat mir wohl Glück gebracht, oder? Ja! Aberglaube ist auch nur Glaube an etwas. Toll!
Wir quälen uns durch die Menschenmassen zurück Richtung Ausgang. Von dort aus kann ich die zwei Türme mit Kuppeln sehen, die mir gleich am Anfang aufgefallen sind. Die stehen symbolisch für das gesamte Ensemble. Sie sind ausgesprochen attraktiv.
Zurück auf der Straße blicke ich nach rechts, dort gibt es einen anderen Friedhof mit Grabsteinen, die schon etwas zerfallen aussehen. Friedhöfe in der Nähe eines Heiligen sind beliebt; dieser war es vielleicht mal.
Zur Verabschiedung unseres Guides gehen wir zusammen etwas essen. Ich bestelle gegrillte und mit Käse gefüllte Auberginenröllchen. Dazu gibt es schwarzen Tee, der zunächst in der Kanne mit Zitronenscheiben und etwas Zucker ziehen muss. Ein wahrer Genuss!
Mit unserem Guide Shukhrat unterhalte ich mich noch ein wenig. Er hat Germanistik studiert und spricht recht gut Deutsch. Aber er sagt, dass er zu wenig Praxis hat. Zwei Monate im Frühjahr und zwei im Herbst als Fremdenführer sind einfach nicht ausreichend. Die übrige Zeit ist er als Bauer auf seinem Grundstück im Umland tätig.
Töpfern in G`ijduvon - Usbekistan Reisebericht
Auf dem 230 Kilometer langen Weg von Samarkand nach Bukhara versuche ich, etwas für den Blog zu schreiben. Wir sitzen in einem Kleinbus. Sascha, unser Fahrer, ein absolut netter Kerl, der auch wenig Deutsch spricht, ist ein Musterbeispiel für den Vielvölkerstaat Usbekistan. Seit Vater ist Donkosake, seine Mutter Wolgadeutsche, seine Frau Tadschikin. Er gibt sich die größte Mühe, den Bus auf der Piste zu halten und uns nicht zu sehr durchzuschütteln. Doch Mühe allein genügt nicht, man braucht auch eine gute Straße. Und „gut“ ist relativ. Auf meinen Knien balanciere ich Tastatur und Handy. Jeder dritte oder vierte Buchstabe geht daneben. Ich komme mir vor wie ein Kriegsberichterstatter auf dem Weg zur Front. Egal, ich muss jede freie Minute ausnutzen.
Auf der Hälfte der Strecke machen wir bei einer Pottery Halt, in der ich jetzt mal wirklich das Töpfern probieren kann und nicht nur so tun als ob, wie in der Manufaktur in Samarkand. Das Schwierigste ist zunächst, überhaupt in das Loch hineinzukommen, in dem der Handwerker sonst sitzt. Dann mit dem rechten Fuß dem Teller Schwung geben, damit die Sache sich auch dreht, und gleichzeitig den linken Fuß auf einer Querstrebe abstützen. Ganz schön viel Koordination auf einmal.
Ohne Hilfe würde da gar nichts passieren. Ein Mitarbeiter der Töpferei geht mir zur Hand. Allmählich wird aus dem Klumpen Lehm ein Teller. Jetzt soll ich ihn mit einem Zweihändecut vom Stiel trennen. Häh ..? Ich stelle mich einfach zu blöd an. „Obeimi rukami!“, sagt er mir, wahrscheinlich auf Russisch. Das heißt, wie ich später erfahre: „Mit beiden Händen!“ „Mache ich doch“, sage ich auf Deutsch. Schließlich halte ich meinen Teller in der Hand.
Einen Teller zu formen und ihn anschließend zu brennen, ist schwierig. Genauso schwer ist es, ihn zu bemalen. Wir dürfen uns auch daran probieren. Leicht auf den Gummiball mit Farbe drücken und über den Ton streichen. Die Betonung liegt auf „leicht“. Vielleicht habe ich dann einen geraden Strich, vielleicht! Ich male lieber aus. Große Flächen liegen mir eher.
Wir können unsere Kunstwerke mitnehmen, um sie zu Hause glasieren zu lassen. Ich weiß noch nicht, ob mein Teller diesen Aufwand wert ist. Wir werden sehen, ich packe ihn ein. Wir besuchen danach die Eselin, die nur einmal im Monat das schwere Mühlrad drehen muss, damit aus den gebrannten Zutaten für die Glasur ganz kleine Körner werden. Sie sieht gesund und sehr entspannt aus. Kein Wunder bei dem Arbeitsvertrag.
Nach so viel Anstrengung wird erst einmal etwas gegessen. Nur ein paar Kleinigkeiten. Alles vegetarisch.
Nach zwei Stunden kurzweiligen Vergnügens steigen wir wieder in den Bus. Weiter geht’s nach Bukhara.
Bukhara Ankunft - Usbekistan Reisebericht
Abū Ibrāhīm Ismā'īl ibn-i Aḥmad-i Sāmāni, was für ein Name! Sprecht ihn einmal ganz langsam nach; der schmilzt doch auf der Zunge wie Eiscreme, oder? Die Kurzform lautet Ismail Samani. Er war der Regent der Samaniden von 892 bis 907. Sein Mausoleum ist das älteste erhaltene Zeugnis islamischer Architektur in Zentralasien. Kurz vor der Ankunft in unserem Hotel in der Bukhara-Altstadt nutzen wir die Gelegenheit, hier am Rande der Stadt einen Stopp einzulegen, da dieses Mausoleum auf der Strecke liegt. Es ist später Nachmittag, wir haben 37 Grad im Schatten. Unser Guide heißt Dilschod. Er ist Professor für Deutsch an der Uni und kennt sich gut mit der Geschichte Usbekistans aus. Wir stehen vor dem Würfel aus hellbraunen Ziegeln und lauschen seinen Ausführungen.
Ismail Samani war ein Nachfahre der Anhänger des Zarathustra. Im Mittelpunkt der Traditionen dieser Religion stand die Verehrung des Feuers. Der Ursprung reicht auf eine Zeit zwischen 1800 und 600 v. Chr. zurück. Das Mausoleum liegt in einem Park mit verschiedenen Verkaufsständen. Wir bleiben bei dem einen und anderen Stand stehen. Ich schaue einem Mann zu, der mit Hammer und Meißel Muster in einen Messingteller schlägt. Filigrane Kunst.
Daneben werden traditionelle Kleidungsstücke angeboten, auch Kindersachen. Etwas überrascht stehe ich vor einer Wiege, in der eine Puppe festgeschnallt ist. „So machte man das früher. Heute werden diese Wiegen nur noch selten benutzt“, erläutert Dilschod.
Unter den Bäumen im Park ist die Hitze zu ertragen. Einige Ecken weiter kommen wir zum Mausoleum des Chasma-Ayub, das bedeutet „Brunnen des Hiob“. Ich bin verwirrt. Der Prophet aus dem alten Testament lebte doch irgendwo im Osten Palästinas. Dilschod erzählt uns von der Legende, dass Hiob (Ayub) diesen Ort besuchte und mit seinem Stab auf den Boden schlug, um dort einen Brunnen graben zu lassen. Das Wasser dieses Brunnens ist noch heute rein und gilt als heilend. Es ist in diesem Sinnen nicht wirklich das Grab des Hiob.
Wir steigen wieder in den Kleinbus. Wenig später sind wir in der Altstadt von Bukhara. Der Name leitet sich von „vihara“ ab, was in Sanskrit „Kloster“ bedeutet. Zum Hotel müssen wir laufen. Auf dem Weg erklärt uns Dilschod die Besonderheit des Klopfens an den Türen. Männer müssen einen schweren Klöppel weiter oben bedienen, Frauen klappern mit dem Ring darunter, damit die Bewohner entsprechend reagieren können. Sollte der Hausherr nicht zu Hause sein, wird bei einem Mann ein Öffnen der Tür abgelehnt. Frauen werden immer eingelassen.
Unser Hotel heißt Bibi Khanum. Es stammt aus dem 19. Jahrhundert. Man kann deutlich die Trennung zwischen dem allgemeinen Bereich und dem Harem erkennen. Gleich hinter der Tür ist die Rezeption, der Frühstücksraum, die Küche und der Wohnbereich der Besitzerin. Den Harem, was vom arabischen Wort „Haram“ kommt, was „verboten“ bedeutet, erreichen wir über einen langen Flur mit mehreren Ecken und Durchgängen. Harem heißt nicht unbedingt, dass dort viele Frauen wohnen, sondern dass Frauen und Kinder von fremden Personen, insbesondere Männern, verborgen bleiben sollen. Der Bereich ist ganz allgemein „haram“, also verboten. Zutritt hat nur der Hausherr. Im „Harem“ empfängt uns eine gemütliche Sitzecke, von der Treppen zu den Zimmern abgehen.
Das Zimmer ist mit viel Liebe zum Detail orientalisch anmutend eingerichtet, so soll es auch sein in Mittelasien. Es gefällt uns.
Abends gehen wir lecker essen. Usbekische Speisen sind zwar grundsätzlich fleischlastig, aber wir finden immer etwas Vegetarisches. Das Restaurant ist sehr groß und noch ziemlich leer. Es ist offensichtlich günstig, vor 20 Uhr zu kommen. Die Einrichtung ist gediegen, nicht übertrieben, angemessen.
Auf dem Rückweg schlendern wir auf der Straße am Wasserbecken entlang. Nach einem heißen Tag haben sich vielen Menschen am Wasserbecken versammelt und genießen gutes Essen und kühle Getränke bei etwas angenehmeren Temperaturen. Es ist richtig voll. Der Springbrunnen ist bunt erleuchtet und eine Disco beschallt den ganzen Platz.
Wir sind im Hotel. Die Klimaanlage hatten wir angelassen, das Zimmer ist angenehm kühl. Morgen früh geht es weiter.
Tour durch Bukhara - Usbekistan Reisebericht
Strahlender Sonnenschein begrüßt uns, was auch sonst. Es ist 10 Uhr vormittags, das Thermometer zeigt moderate 29 Grad; das lässt sich noch gut ertragen. Sonnenschutz aufgetragen, Käppi aufgesetzt, Wasserflasche in die Hand genommen und los geht’s. Unser Guide führt uns auf den Platz vor dem Wasserbecken. Jenseits des Wassers sehen wir die Freitagsmoschee, die wir eventuell später noch besuchen werden.
Wir wollen uns eine Medrese (Koran-Schule) ansehen, die bis vor einigen Jahren noch aktiv als Ausbildungsstätte gedient hat; inzwischen ist es nur noch ein Museum. Sie liegt rechtsseitig des Platzes an der Mekhtar-Anbar-Straße.
Wir blicken in die Wohnräume der Studenten. Weiß verputzter Stein, zwei Etagen, oben wird geschlafen, unten gelernt. Zwischen den Räumen gibt es einen Kamin zum Kochen und Heizen; im Winter kann die Temperatur unter null Grad fallen. Es wohnten immer zwei oder drei zusammen, denn allein zu wohnen, ist nicht im Sinne Allahs.
Der Weg nach unten ist nicht einfacher als nach oben. Die Treppenstufen sind hoch, der Gang eng und die Decke niedrig. Kopf einziehen!
Bukhara ist von Dschingis Khan im Jahr 1220 fast völlig platt gemacht worden. Er soll Tausende Menschen getötet haben. Neben wenigen anderen Gebäuden blieb dieser 45 Meter hohe Turm übrig. Die Legende sagt, dass er Ehrfurcht vor dem prächtigen Bauwerk hatte. Es heißt auf usbekisch „Minorai Kalon“, was einfach nur großes Minarett heißt. Der Name „Minarett“ stammt vom arabischen „manār“ ab, was Ort des Lichtes meint, und neben der Funktion des Herbeirufens der Gläubigen auch die Bedeutung als Orientierungspunkt unterstreicht.
Wir laufen an den Grundmauern des zerstörten alten Bukharas vorbei. Sie werden immer noch freigelegt und zum Anschauen aufbereitet.
Gleich daneben ist eine sehr alte Moschee, sie ist auch zum Teil ausgegraben worden. Sie heißt Magʻoki-Attori und stammt aus dem 9. oder 10. Jahrhundert. Damit zählt sie zu den ältesten erhaltenen Moscheen Zentralasiens. Man sieht ihr das Alter an. Der Eingang scheint nur notdürftig geflickt.
Im Inneren befindet sich jetzt ein Teppichmuseum, das wir uns gerne anschauen. Danach gehen wir zum Basar. Besonders schön sind die Keramiksachen. Eine Vase haben wir schon gekauft und auch einen Teller. Mal schauen, ob da nicht noch etwas den Weg in unsere Taschen findet, natürlich gegen Bezahlung.
Wir besuchen auch eine Teppichknüpferei, in der ausschließlich Frauen arbeiten. An einem kleinen Läufer muss rund ein Jahr lang geknüpft werden. Damit sind die hohen Preise mehr als verständlich. So kostet ein sehr kleiner Teppich in der Größe 70 mal 70 Zentimeter 700 Dollar. Für einen üblichen Wohnzimmerteppich (250 mal 350 Zentimeter) müssten wir bis zu 6.000 Dollar auf den Tisch legen. Wir lehnen dankend ab, auch wenn die Frauen es verdient hätten, dass eines ihrer Kunstwerke den Weg zum Käufer fände.
Vor mir geht eine ältere Frau, die sich immer wieder zu ihrem Mann umdreht, der dauernd quatschend bei anderen Männern hängen bleibt. Sie schreit. Ich verstehe es natürlich nicht und ich möchte auch gar nicht wissen, was sie da sagt. Bestimmt nichts Nettes. Seltsam. Normalerweise ist es doch geschlechtsspezifisch eher umgekehrt. Das denkt sie wahrscheinlich auch.
Messer scheinen auf Männer besonders anziehend zu wirken. Ich bin nicht das einzige männliche Exemplar, das auf die fleißigen Hände des Handwerkers starrt. Wie geschickt er mit seinem Equipment umgeht! Einfach toll.
Der Tag neigt sich dem Ende zu. Wir verabschieden uns von Dilschod. Er hat seine Sache gut gemacht, viele Fakten im fehlerfreien Deutsch. Er ist nicht der herzliche Kumpeltyp, sondern mehr der distanzierte Professor; finde ich nicht schlecht.
Es ist 17 Uhr, wir haben immer noch 35 Grad, ich brauche eine Dusche. Die Klamotten kleben aber dank des trockenen Klimas nicht am Körper, das ist angenehm.
Abschied von Bukhara - Usbekistan Reisebericht
Der mächtige Finanzverwalter von Bukhara wollte sein Geld sinnvoll anlegen und erteilte den Auftrag, eine Karawanserei zu bauen. Damit ließ sich gutes Geld verdienen, so meinte er. In Bukhara trafen sich Händler aus vielen Regionen, denn es lag an der Seidenstraße. Die Händler hatten Geld und wollten essen, schlafen und palavern. Bald war der Bau fertig. Bei der prächtigen Eröffnungsfeier zog ihn der Großwesir von Bukhara zur Seite und fragte ihn, ob es Allah nicht besser gefallen würde, an diesem Ort die Lehren des heiligen Koran zu verbreiten, statt nach Profit zu streben. Einem Wesir widersetzt man sich nicht. Und so einem frommen Wunsch schon gar nicht. So betreten wir statt einer Karawanserei eine Medrese, deren aktive Zeit als Koranschule allerdings auch schon lange vorbei ist. Sie ist jetzt ein Basar und Veranstaltungsort. Wir haben einen Folkloreabend mit Abendessen gebucht. Zur Livemusik gibt es zunächst eine Tanzvorführung. Dutzende Frauen in hübschen Kleidern bewegen sich anmutig zur Musik.
Mir fällt auf, dass im Orchester nur Männer musizieren und nur Frauen tanzen. Das Essen wird wiederum nur vom männlichen Geschlecht serviert. Ob in der Küche gemischtes Personal arbeitet, weiß ich nicht. Gibt es hier eine traditionelle Geschlechtertrennung, was die Aufgaben bei einer Feier betrifft? Keine Ahnung. Wir haben auf jeden Fall auch schon Männer kochen sehen. Im Übrigen ist es auch egal, es war nur so ein Gedanke, nicht wichtig. Als Vorspeisen gibt es Salate, gegartes Gemüse, Joghurt und Brot. Das Obst ist als Nachspeise gedacht und ist noch abgedeckt. Dazu werden Wein, Bier und Wasser serviert. Es sieht köstlich aus und schmeckt hervorragend.
Die Show geht weiter. Bildhübsche Mannequins präsentieren bildhübsche Kleider. Ein Fest fürs Auge und fürs Gemüt. Die heimische Musik, mit voller Lautstärke und Hingabe vorgetragen, passt hervorragend dazu. Wir fühlen uns wohl und denken etwas wehmütig an das Ende unserer Tour durch Usbekistan.
Gegen 22 Uhr ist der Folkloreabend zu Ende. Wir sitzen noch etwas länger da und genießen die Ruhe. Schließlich stehen wir auf, die Ober wollen abräumen. Ich trete durch das Portal. Die für ältere Gehörgänge gelegentlich zu laute Musik umfängt mich. Dank etwas Glimmer durch Bier und Wein macht mir das aber nichts aus. Ich schaue mich nochmals um. Die Nischen in der Fassade der ehemaligen Medrese sind wunderbar beleuchtet.
Ich gehe Richtung Wasserbecken. Das lebendige Treiben von Jung und Alt erzeugt eine rührige, zum Mitmachen auffordernde Atmosphäre, Lebensfreude pur. Und da passen die Discoklänge plötzlich sehr gut dazu. Ich erwische mich dabei, wie ich rhythmisch mit dem Fuß den Takt mitschlage. Resümierend stelle ich fest, dass Bukhara eine sehr schöne, sehr alte Stadt ist, die viel Sehenswertes hat und des abends Jubel, Trubel, Heiterkeit versprüht.
Festungen von Khorezm - Usbekistan Reisebericht
Dank Schlagloch übersäter Straßen werden alle Körperteile intensiv auf ihre Tauglichkeit überprüft, dank Klimaanlage aber gut gekühlt. Wir treffen in unserem Toyota-Kleinbus nach anderthalb Stunden bei den drei antiken Festungen von Khorezm ein. Das ist eine Provinz im Westen von Usbekistan. Sie grenzt an Turkmenistan. Schattenlos den harten Strahlen der Sonne ausgesetzt und in glühender Hitze von deutlich über 40 Grad leidend, machen derartige Ausflüge nur bedingt Spaß, wenn man aussteigen soll. Aber natürlich steigen wir aus, wir wollen ja schließlich näher ran. Die erste Burg ist Kyzyl-Kala, das bedeutet „Rote Festung“.
Ein Teil ist restauriert, um zu verdeutlichen, wie es mal ausgesehen haben könnte im 1. bis 4. Jahrhundert n. Chr. Wir gehen hoch. Die Treppe ist eine Herausforderung bei dieser Hitze. Kreislauf technisch sollte man grundsätzlich gut drauf sein, sonst könnte es schwierig werden.
Die Festung wurde von dem herausragenden Archäologen und Historiker Sergei Pavlovich Tolstov entdeckt. Dies geschah 1938 bei Erkundungsarbeiten. Viel Ursprüngliches ist allerdings nicht übrig geblieben. Was noch als Mauer erkennbar ist, stammt von den Restauratoren. So wie diese Lehmziegelwand mit den Zinnen obendrauf.
Unbehandelt sind von den einst beeindruckenden Verteidigungsmauern nur noch zahnlückenhafte Ruinen zu erkennen. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen ist da die Erosion; die Naturgewalten bekommen fast alles klein, früher oder später. Zum anderen ist die Festung mehrmals überfallen worden. Außerdem scheren sich die diversen Schatzsucher sowie wir Touristen wenig um den Erhalt dieser Zeugnisse uralter Kultur, leider! Doch wie gewaltig diese Burg dereinst gewesen sein muss, ist dennoch nachvollziehbar.
Wir fahren einige Kilometer weiter zur Burg Toprak Kala, das heißt „Erdfestung“. Die einst prächtige Burg war der Kern einer antiken Stadt und die Residenz der Khorazm-Könige. Sie hat die Form eines Rechtecks von etwa 500 mal 350 Meter, mit mächtigen Mauern von bis zu 20 Meter Höhe und bis zu 12 Meter Dicke. Dieses Gebäude hatte einst mehr als 150 Räume. Ein Teil davon ist noch erkennbar.
Es gibt einen einzigen Raum, der nicht eingestürzt ist und den ich erkunden kann. Seltsamerweise hat er in der Mitte ein Loch, wozu auch immer. Vielleicht war darunter eine Feuerstelle? Möglich.
Trotz der Hitze wandern wir ein wenig durch die Gegend. Das ist Wüste, eindeutig. Sehr lebensfeindlich. Aber die Natur gibt nie auf. Vereinzelt gibt es kleine Büsche, die dem Klima trotzen und grün sind.
Zum Mittagessen sind wir in eine Jurte eingeladen. Sie besteht aus Stoff, Bambus und Teppichen. Die Jurte ist eine traditionelle Behausung der Nomadenvölker Asiens.
Zum Essen gibt es Gemüse, Kartoffeln, Brot, Nüsse, Obst, Tee und Kekse. Der Tisch ist flach, wir sitzen im Schneidersitz davor. Normalerweise gibt es auch eine Klimaanlage und eine Glühbirne in der Mitte, die das Ganze beleuchtet. Im Augenblick ist aber gerade kein Strom da. Der Vorhang muss deshalb wegen der Dunkelheit offen bleiben. Mit dem Licht dringt auch die Wärme in die Jurte.
Der Schweiß tropft von der Stirn; außerhalb verdunstet er sofort, man merkt kaum, dass man schwitzt, das ist jetzt anders. Den anderen Gästen würde auch Fleisch angeboten werden, wir haben nur Vegetarisches bestellt. Das Essen ist einfach, aber schmackhaft. Die Jurte ist Teil einer ganzen Siedlung, in der man auch schlafen kann. Die Chefin kommt kurz zu uns rein und fragt, ob es uns gefällt und ob wir vielleicht auch Wodka trinken wollen. Wir lehnen dankend ab. Sie muss weiter, es kommen heute noch 40 Gäste zum Abendessen mit Übernachtung. Nach 30 Minuten essen und schwitzen sind wir wieder draußen. Wir gehen zurück zum Auto. Ich werfe einen letzten Blick zu der dritten großen Festung, die wir aber wegen der enormen Hitze außen vor lassen.
Das Thermometer steht bei 43 Grad. Wir freuen uns, dass unser Fahrer den Motor schon vor einigen Minuten angeworfen hat, als wir wieder in den Bus steigen. Ich weiß, der Gebrauch von Klimaanlagen ist umweltgefährdend und nicht in Ordnung, aber ganz ehrlich, in diesem Augenblick einfach nur geil.
Chiwa - Usbekistan Reisebericht
Chiwa, Xiva oder Khiva besitzt einen historischen Stadtkern, der Ichan Qalʼа oder auch Ichtan Kala genannt wird. Diese Wüstenstadt ist ein großes Freiluftmuseum und in Gänze ein UNESCO-Weltkulturerbe. Sie ist das Musterbeispiel einer Oase aus 1001 Nacht. Wir verlassen mit Samira, unserem weiblichen Guide gegen 10 Uhr das Hotel. Es weht ein leichter Wind. Beim Öffnen der Tür ist die Metapher des heißen Föhns vor dem Gesicht Realität. Obwohl es noch früh am Tage ist, heizt der erbarmungslos brennende Stern die Luft schon auf 35 Grad im Schatten auf. Da passt es doch wunderbar, dass ich am ersten Touristenneppstand die Kopfbedeckung verpasst kriege, die damals alle ehrenhaften Männer tragen mussten.
Ich sehe zu, dass ich den Lammfellhut schnell wieder loswerde. Gleich hinter mir steht das nur 26 Meter hohe, unvollendete Minarett, auch Kalta Minor genannt. Es sollte eigentlich eine Höhe zwischen 70 und 80 Meter erreichen. Auftraggeber war der Herrscher von Chiwa, Khan Muhammad Amin. Der Legende nach wurde der Bau abgebrochen, weil dem Khan plötzlich klar wurde, dass Männern vom Turm aus über die Mauern seines Harems hätten blicken können. Wahrscheinlicher ist aber, dass man den Bau abbrach, als der Herrscher 1855 in einer Schlacht getötet wurde. Neben dem Kalta Minor befindet sich auch die Medrese Muhammad Amin Khans. Die ehemalige Koranschule wurde noch vor der Einstufung als Weltkulturerbe in das exklusive Orient Star Khiva Hotel umgewandelt. Das wäre heutzutage nicht mehr möglich.
Wir befinden uns jetzt in der Nekropole der Khane von Chiwa, sie heißt Pahlavan Mahmoud Mausoleum. In der Khanqah, dem zentralen Kuppelbau, wurde Muhammad Rahim I. bestattet. Sein Sarkophag befindet sich in einer Mauernische, dem Eingang gegenüber. Prächtig ausgestattet und geschickt beleuchtet, strahlt die Grabstätte eine tiefe Ruhe aus. Am liebsten würde ich mich auf der Bank davor niederlassen, um etwas in mich zu gehen. Aber das könnte andere Besucher stören, zum Beispiel beim Fotografieren. Das möchte ich nicht.
Der Innenhof ist abwechslungsreich gestaltet. Verschieden hohe Bereiche sind überdacht mit Holzdächern. Auch ein Baum spendet Schatten und das innere Zugangstor zum Mausoleum ist sehr sehenswert. Hier kann ich mich ausruhen. Die Hitze macht allen zu schaffen. Wir nähern uns 40 Grad. Da ist eine Pause im Schatten sehr angenehm. Gierig sauge ich an meiner Wasserflasche. Nur nicht austrocknen und einen Kreislaufkollaps riskieren.
Samira fragt mich, ob ich hoch auf die Spitze des Minaretts Islam Khodja klettern will. Es ist mit einer Höhe von 45 Metern das höchste Chiwas. Die Plattform ist für die Öffentlichkeit zugänglich. Von da oben hätte ich die höchste und beste Aussicht über das Panorama der Welterbestätte. Angesichts der 120 Stufen zur Spitze, die zudem ungleichmäßig und ausgetreten sind, und von über 40 Grad Lufttemperatur im Schatten, verzichte ich lieber. Der Blick von unten reicht mir.
Die trockene Hitze ist gefährlich, aber leichter zu ertragen, als wenn es schwül feucht wäre. Trotzdem bin ich dankbar, wenn uns Samira weg von den heißen, engen Gassen in ein Gebäude führt. Ich stehe jetzt in der Dschuma-Moschee. Sie ist ein Beispiel eines alten Typs großer islamischer Gotteshäuser. Die Fläche ist von einer flachen Decke überspannt, die von hölzernen Pfeilern getragen wird. Typisch waren solche Moscheen im Arabien des 7. und 8. Jahrhunderts. Es gibt keinen vergleichbaren Bau in Zentralasien. 212 hölzerne Pfeiler erzeugen eine geradezu magische Geometrie. Das Sonnenlicht gelangt durch einen offenen Innenhof in die Moschee. Der mystische Anblick wir dadurch noch verstärkt. Ehrfurchtsvoll genieße ich den Anblick.
Wer viel trinkt, muss auch mal auf die Toilette. Üblicherweise fotografiere ich keine WC`s. Aber hier muss ich eine Ausnahme machen. Es sieht einfach toll aus. Die Sitzmöglichkeiten rechts im Bild dienen der Fußwaschung für den Besuch der Moschee. Damit es dabei auch hübsch bequem zugeht, könnte ich auf nett verzierten Sitzkissen Platz nehmen. Ich beschränke mich aber das Waschen der Hände.
Unter Khan Alla Kuli wurden zwischen 1830 und 1840 eine Medrese, eine Karawanserei, die Händlerpassage Tim und ein neuer Palast, das Tasch Hauli errichtet. Der Zugangsbereich zu einem der Empfangsräume ist fast vollständig restauriert, wobei darauf geachtet wurde, möglichst viel des ursprünglichen Materials zu erhalten.
In einem anderen Innenhof gibt es ein Podest, auf dem auch Hinrichtungen durchgeführt wurden. Kaum vorstellbar, wo doch das Ensemble so friedlich im gleißenden Sonnenlicht daliegt.
Wir gehen jetzt zum Harem. Hier lebten die vier Hauptfrauen und die bis zu 40 Nebenfrauen des Kahn. Samira erzählt uns etwas von ihrem Leben. Selbstverständlich ist das Dasein als reines Lustobjekt eines Herrschers mit den heutigen Vorstellungen von Würde, Anstand, Gleichheit und Selbstbestimmung nicht vereinbar. Aber damals waren die Zeiten anders. Frauen und Mädchen aus armen Familien der umliegenden Dörfer hatten in der Regel bis zu ihrem Tod keine materiellen Sorgen mehr, wenn sie nicht in Ungnade fielen. Das Leben in einem Harem war komplex und hierarchisch, mit unterschiedlichen Rollen und Verantwortlichkeiten für die Frauen. Es war ein Ort, an dem Luxus, aber auch Einschränkungen und strikte Regeln vorherrschten. Interessiert höre ich Samira zu.
Anschließend schaue ich mir den Raum, das Schlafzimmer, wenn man so will, für den Besuch einer Dame des Harems bei ihrem Kahn etwas genauer an. Oftmals konnte die Frau mit einem Schmuckstück nach einer Nacht rechnen. Diesen Schmuck trug sie immer an ihrem Körper. Denn sollte sie verstoßen werden, was jederzeit passieren konnte, durfte sie nur mitnehmen, was sie unmittelbar am Körper trug. Mit dem Erlös für den Schmuck konnte sie dann einige Jahre überleben.
Nach etliche weiteren Moscheen, Medresen, Mausoleen, Minaretten und Festungen schleichen wir nur noch durch die Stadt. Eine kurze Erholung tut Not. Dieses typische orientalische „Sitzbett-Sofa“ ruft nach mir: „Omm ...“.
Es ist 16 Uhr, das Thermometer zeigt 43 Grad. Ich bin erschöpft. Wir haben fast alles gesehen und streben nun dem Hotel zu. Duschen, abkühlen, umziehen, relaxen. Für den Abend haben wir einen Platz in einem Restaurant mit Dachterrasse reserviert. Die Aussicht ist phänomenal.
Das Essen ist hervorragend, auch für Vegetarier. Wein, Bier und zum Abschluss einen usbekischen Wodka runden den erlebnisreichen Tag ab. Die Sonne bereitet sich so langsam darauf vor, den Horizont zu küssen. Dies wird sie hinter der Silhouette der Festung Konya Ark vollziehen. Es ist immer noch sehr warm, aber viel angenehmer als tagsüber. Entspannt lehne ich mich zurück und denke, was für ein Glück wir haben, uns das alles leisten zu können.
Nacht in Itchan Kala - Usbekistan Reisebericht
Morgen früh geht der Flieger über Istanbul zurück in die Heimat nach Berlin. Der Tag war lang und anstrengend. Und doch kann und will ich noch nicht in das klimatisierte Hotelzimmer. Die Nacht fällt über Itchan Kala und die Lichter gehen an. Ein Verdauungsspaziergang in netter Umgebung ist immer etwas Schönes. Und hier in diesem orientalischen Gesamtkunstwerk besonders. Als Erstes gelange ich zum Minarett von Islam Khodja.
Ich stehe davor und meine Augen wandern bewundernd vom Boden bis zur Spitze. Wie haben die das hinbekommen? Und wer hat die Beleuchtung entworfen und konstruiert? Meine Recherchen ergeben, dass die usbekischen Firma NGR Construction die Beleuchtung 2021 installiert hat. Entwickelt wurde das Konzept von den Gewinnern des LIT Lighting Design Awards 2020. Sie haben einen fantastischen Job gemacht. Noch nie habe ich eine so gut illuminierte Stadt gesehen. Ich gehe weiter und gelange zum Eingangstor der Medrese des Muhammad Amin Khan. Ehrfurchtsvoll und stumm lasse ich den Anblick auf mich wirken.
Es zieht mich weiter zur Zitadelle, die an der westlichen Außenmauer liegt. Die gesamte Festung hat eine Größe von über einem Hektar und stammt aus dem 17. Jahrhundert. Sie heißt Konya Ark und galt lange Zeit als Stadt in der Stadt. Sie enthält eine eigene Moschee, einen Münzhof, eine Pulvermühle und vieles mehr. Entsprechend gewaltig ist das Eingangsportal. Der Platz davor wird von Kindern okkupiert, die begeistert Fußball spielen. Nach einem Foul mit heftigen Diskussionen am Rande des Platzes gelingt es mir, ein Foto ohne sie zu machen.
Schritt für Schritt gehe ich langsam weiter. Ich orientiere mich an der Außenmauer, bleibe hier mal stehen und schaue dort. Was ist das für eine schöne Altstadt! Ich kann mich gar nicht sattsehen. Ich drehe mich um und blicke zurück zur Zitadelle. Linksseitig steht ein Turm und geradezu die Festungsmauer. Ein schönes Ensemble, das muss aufs Foto!
Neben einem Restaurant spricht mich eine junge Frau aus einer größeren Gruppe heraus auf Englisch an, die offensichtlich stolz ist, ihrer Familie zu zeigen, wie gut sie diese Sprache beherrscht. Ihre Mutter feiert Geburtstag und hätte so gerne ein Foto mit einem Touristen. Ihr Bruder will auch mit aufs Bild. Sehr gerne doch.
Die Mutter heißt Ayala und der Bruder Hakimboy. Alle aus der Familie sind völlig aus dem Häuschen und quatschen wild und laut durcheinander. Ich freue mich, Ayala auch ein kleines Geschenk machen zu können und ziehe unter dem Jubel der Familie weiter. An der nächsten Ecke begegne ich der schwarzen Kopfbedeckung von heute Morgen wieder, allerdings in Weiß. Die weißen sind für Frauen, heißt es. Samira hat uns aber auch gesagt, das sei neumodischer Schnickschnack; früher gab es für Frauen keine Fellmützen. Der Verkäufer hat eine Komposition zusammen mit Schaufensterpuppen vor einer Mauer arrangiert. Hübsch ist sicherlich anders; aber lustig sieht es aus.
Ich bin einmal im Kreis gegangen und befinde mich wieder in der Nähe der Medrese von Muhammad Amin Khan. Diesmal etwas weiter weg, zwischen mehreren Blumenrabatten. Hier steht ein denkmalähnliches Wasser- oder Mühlrad. Diese Art von Rädern haben in Oasenstädten wie Chiwa eine große Rolle gespielt. Es macht sich als Vordergrund dieses abendlichen Bildes ganz hervorragend.
Die Beine werden schwer und schwerer. Unser Hotel liegt nicht allzu weit entfernt; nur der Weg dahin ist etwas tricky, weil die Orientierung durch die engen Gassen nicht so einfach ist. Vielleicht kann ich unsere Unterkunft aus der Luft besser finden. Ich frage mal den Burschen, ob ich mir seine Ballons ausleihen kann.
Ausleihen ist nicht, nur kaufen. Was soll ich mit so vielen Ballons? Aber ich schaffe es auch ohne, es ist nicht so weit. Ich klettere zum Abschied auf das Dach unseres Hotels. Aber nicht an der Hauswand hoch, sondern über eine Treppe. Fast alle Restaurants und Unterkünfte verfügen über Dachterrassen. Der Anblick von hier oben ist atemberaubend. Ich drehe mich einmal um meine Achse und erkenne viele Gebäude unserer Tagestour wieder. Es war möglicherweise die aufregendste Stadt auf unserer Reise durch Usbekistan. In der Ferne geht der Mond über der Stadtmauer auf und grüßt freundlich seine Bewunderer. Ich danke dem Herrscher aller Reusen für diesen schönen Urlaub.
Tipps - Usbekistan Reisebericht
Usbekistan hat sich in jüngster Vergangenheit zum touristischen Geheimtipp entwickelt. Noch ist es recht günstig, durch das Land zu reisen. Es ist sauber, ordentlich und ruhig. Gastfreundschaft ist den Menschen dort sehr wichtig, ja sogar heilig. Grundsätzlich unterscheiden sich die Verhaltensregeln aber nicht wesentlich von den mitteleuropäischen.
Sprache
Englisch wird selten gesprochen. Russisch ist bei älteren Usbeken präsent. Die junge Generation versucht mehr und mehr sich Englisch anzueignen, besonders in den Service-Bereichen. Schätzungsweise spricht oder versteht mehr als die Hälfte der Bevölkerung Russisch. Usbekisch gehört zur Familie der türkischen Sprachen. Wir hatten deutschsprachige Reiseführer und waren in Gesellschaft einer Freundin, die Russisch spricht. Das war sehr hilfreich.
Begrüßung
Natürlich kann man einfach „Hello“ sagen, aber fast jeder benutzt zur Begrüßung die arabische Phrase „Assalom aleykum“, das heißt „Friede sei mit dir“. Die Antwort „Wa alejkum assalom“ heißt „Auch mit euch sei der Friede“. Also warum nicht diese Worte benutzen? Es wird gerne gesehen, wenn sich Touristen um ortsübliche Sitten bemühen. Sollte sich die Gelegenheit ergeben, Kontakt zu einheimischen Familien aufnehmen zu können, sollten sich Männer die Hand mit kräftigem Druck geben, Frauen eher nur nicken und vielleicht die Hand aufs Herz legen.
Kleidung
Usbekistan ist ein muslimisches Land. Grundsätzlich wird der Islam aber nicht konservativ orthodox ausgelegt, was mit einer strikten religiösen Lebensführung einherginge. Eine traditionsgebundene Glaubenspraxis spiegelt sich jedenfalls selten in der Kleidung wider. In Taschkent und anderen größeren Städten gibt es kaum einen Unterschied zu mitteleuropäischen Ländern. In den heiligen Stätten dagegen sollten Frauen keine kurzen Röcke oder Hosen tragen, Kopftücher sind Pflicht. Auch Männer sollten T-Shirts anhaben, die die Schultern bedecken. Kurze Hosen sind möglich, sie sollten aber über die Knie reichen.
Klima
Im Sommer ist es sehr heiß, zwischen 40 und 45 Grad. Im Winter kann die Temperatur unter null Grad fallen. Die besten Reisezeiten sind folglich Frühjahr (März bis Mai) und Herbst (September bis November). Wir waren im Mai unterwegs und hatten Temperaturen von 35 Grad in Tashkent bis 43 Grad in Chiwa. Die Hitze ist sehr trocken, also leichter zu ertragen als Schwüle. Da der Feuchtigkeitsverlust sehr hoch ist und wegen des schnellen Verdunstens des Schweißes kaum bemerkt wird, ist viel trinken überlebenswichtig. Aber bitte kein Leitungswasser zu sich nehmen, das kann zu Problemen führen. Die Gefahr von übermäßiger Sonnenstrahlung ist natürlich auch sehr groß. Sonnenschutzcreme, Kopfbedeckung und lockere, aber längere Kleidungsstücke sind von Vorteil.
Geld
Geld wechseln bzw. abheben ist in Banken problemlos. Geldautomaten gibt es auch, aber häufig ist nicht ausreichend usbekisches Bargeld drin. In größeren Städten sind genügend Geldautomaten zu finden, in kleineren gibt es davon weniger. Es empfiehlt sich, etwas Bargeld von zu Hause mitzunehmen. Wir haben 800 USD pro Paar dabei gehabt, das hat gereicht. Es sollten auch kleine, neue Scheine darunter sein. Altes, abgegriffenes Bargeld könnte bei den Banken Schwierigkeiten bedeuten. Kartenzahlungen sind sehr oft möglich. Die einheimische Währung ist der Som, der in den letzten Jahren und Jahrzehnten einer hohen Abwertung und Inflation ausgesetzt war. Ein Dollar ist ungefähr 13.000 Som wert. Für die Bezahlung beim Essen oder anderen Gelegenheiten sind auch Euro möglich; Dollar scheinen aber eher üblich zu sein.
Einreise
Für mehr als 60 Länder weltweit ist bei einem Aufenthalt von 30 Tagen kein Visum nötig. Dazu zählen nahezu alle EU-Staaten, einschließlich Deutschland. Der Pass muss mindestens drei Monate über das Datum der Einreise hinaus gültig sein. Unterwegs sollte er immer mitgeführt werden, da die Touristenpolizei ihn jederzeit kontrollieren könnte, wir wurden kein einziges Mal kontrolliert. Die Einreise nach Taschkent ist mit dem Flugzeug via Istanbul (887 Euro pro Person hin und zurück mit Turkish Airlines) am einfachsten. Hier sollte man vorher einen Abholservice mit seinem Hotel vereinbaren (zehn bis 15 USD), da die Ankunftszeiten oftmals in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden liegen und damit einem der Kampf mit den Taxifahrern um Mitnahme und Fahrpreis am Flughafen erspart bleibt.
Essen
Plov ist das Nationalgericht überhaupt. Es wird in tiefen Tellern serviert, in denen Gemüse, Reis, wieder Gemüse und obendrauf Fleisch geschichtet wird. Es ist so berühmt, dass es in die immateriellen Kulturerben der UNESCO aufgenommen wurde. Ein weiteres sehr beliebtes Gericht ist Schaschlik oder auch nur Spieß genannt. Er besteht aus Rindfleischstücken oder Hammel, Leber, Huhn, Fisch, Gemüse. Bei jeder Sorte werden mit Essig beträufelte Zwiebelscheiben gereicht. Usbekische Teiggerichte sind überdies sehr vielfältig, insbesondere Manti ist bei vielen beliebt. Mit seinem zarten Teig und der saftigen Füllung, wahlweise Rinderhack oder auch nur Gemüse, macht er lange satt. Ein Schälchen Kaymak (ein fermentiertes Milchprodukt ähnlich Sauerrahm) wird mit Manti zusammen serviert. Lagman – ein weiteres schmackhaftes Gericht – sind Nudeln mit Fleisch und Gemüse. Es gibt sie in verschiedenen Varianten. Die usbekische Küche wäre ohne die vielen herzhaften Suppen nicht komplett. Mashkhurda zum Beispiel ist ein Gericht aus Reis, Mungobohnen und Gemüse. Salat wird immer angeboten, dazu reicht man frisch gebackenes Brot. Als Dessert gibt es Sumalak (süße, flüssige Weizenpaste), Halva (Sesam- oder Sonnenblumengebäck mit Honig), Chak-Chak (frittierte Teigstücke mit Honig), Baklava (Blätterteigschichten mit Nüssen und Honig) und frische oder getrocknete Früchte. Für uns Vegetarier gab es fast immer fleisch- und fischlose Varianten, wir kamen sehr gut zurecht. Die Preise bewegen sich durchschnittlich bei etwa der Hälfte der Summe, die wir bei uns in Deutschland bezahlen müssten. Als Trinkgeld sind fünf bis zehn Prozent üblich.
Trinken
Die verschiedenen Teesorten sind sehr schmackhaft und sollten unbedingt probiert werden. Grüner Tee (kok tschai) und schwarzer Tee (kara tschai) sind die Nationalgetränke. Den schwarzen Tee haben wir oft mit einheimischen Zitronen bestellt. Dazu kommt noch etwas Zucker in die Kanne. Lange ziehen lassen und vor Genuss zweimal in eine Tasse geben und anschließend zurückgießen, um die Kräftigkeit des Tees zu überprüfen. Obwohl wir uns in einem muslimischen Land befanden, konnte man Alkoholika in dafür spezialisierten Geschäften kaufen. Einheimischer Rot- und Weißwein ist gut zu genießen, das „Sarbast“-Bier ist hervorragend, eiskalt vom Fass, ist es kaum zu toppen. Zum Abschluss einen einheimischen Vodka und der Abend ist perfekt.
Transport
In Taschkent gibt es die Metro, sie ist perfekt und sehr sehenswert. Zu empfehlen ist auch eine Taxi-App „Yandex-Go“, die ähnlich wie „Uber“ funktioniert. Zwischen Samarkand und Taschkent ist der Hochgeschwindigkeitszug „Afrosiab“ das beste Transportmittel. Wegen der relativ geringen Zahl der Sitzplätze ist eine Buchung im Voraus wichtig. Wir waren allerdings überwiegend in Kleinbussen unterwegs, die unsere Agentur organisiert hatte.
Einkauf
Einkaufen ist in diesem Land besonders spannend, denn es gibt jede Menge Orient-Flair. Die Basare sind ein Muss, dort kann man Souvenirs, Lebensmittel und mehr kaufen und in die Atmosphäre aus Tausendundeiner Nacht eintauchen. Feilschen ist Pflicht. 50 % unter dem angegebenen Preis anfangen, vielleicht kann man dann das Objekt der Begierde um 30 % herunterhandeln. Seidenprodukte aller Art, Keramik, Schmuck, Gewürze und traditionelle Waren sind im Überfluss vorhanden.
Organisation
Das Reisen auf eigene Faust ist mit Sicherheit möglich; wir können darüber wenig sagen, da wir eine Agentur beauftragt hatten. Es ist das Reiseunternehmen „Asia Adventures“, ein DMC-Operator in Zentralasien. Destination Management Company (DMC) ist ein Dienstleister, der auf die Organisation von Veranstaltungen und Reisen in einem bestimmten Gebiet spezialisiert ist. Es ist eine örtliche Agentur mit 32 Jahren Erfahrung. Wir waren sehr zufrieden und der Preis von rund 1.200 Euro pro Person für zehn Tage angemessen. Darin enthalten waren alle Übernachtungen in guten bis sehr guten Hotels, einschließlich Frühstück, Transporte mit Bahn und Kleinbussen, deutschsprachige Reiseleitung, ein Folkloreabend mit Essen und ein Besuch in einer Jurte mit Lunch.
Sonstiges
Für das Smartphone empfiehlt es sich, vor Ort eine lokale SIM-Karte zu verwenden, z.B. von Beeline. Die braucht man in Taschkent auch, um die Taxi-App zu installieren und zu nutzen. Die Abdeckung unterwegs ist sehr unterschiedlich. In den Hotels oder auch in den Restaurants gibt es fast immer W-LAN.
In Usbekistan werden Stecker und Steckdosen vom Typ C und Typ F verwendet. Die Netzspannung ist 220 V bei einer Frequenz von 50 Hz. Das heißt für uns Deutsche: die einheimischen Stecker funktionieren einwandfrei.
Für die Benutzung der öffentlichen Toiletten werden 1.000 oder 2.000 Som verlangt; also immer kleine Scheine zurückbehalten.
Gerade junge Leute sprechen Touristen oftmals an, um ihre Englisch-Kenntnisse zu präsentieren. Das ist total sympathisch, wir haben da immer mitgespielt. Hier zurückweisend oder unhöflich zu sein, wäre sehr kränkend.