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Heimat - Ein Stück vom Himmel?

Heimat - Ein Stück vom Himmel?

Heimat zwischen Stolz und Vorurteil, als verklärter Zustand, als himmlisches Geschenk? Heimat versus Fremdheit? Missbrauchstatbestand für Ausgrenzung? Legitimation für ideologische Unterwanderung, für Unterdrückung, für Schmerz und Tod? Ein gern verwendetes Symbol rechter Parteien?

Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl! Oder?

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Im befreundeten Nachbarschaftskreis haben wir vor kurzem darüber gesprochen, was Heimat für jeden von uns bedeutet. Schwierig würde es werden, das war uns vorher schon klar. Haben überhaupt alle eine Meinung dazu? Ich benutze dieses Wort jedenfalls nicht, es hat für mich keine Bedeutung, dachte ich.

Aber … es kam anders und es war total spannend. Im Folgenden möchte ich möglichst viele Facetten dieses Abends aufgreifen, eigene Gedanken hinzufügen und mit diesem Potpourri die geneigte Leserschaft zum Nachdenken anregen.

Woher kommt eigentlich dieses Wort? Schaue ich mir den Ursprung an, so komme ich unweigerlich auf die einschlägige Deutung, dass Heimat von Heim kommt. Liegt ja auch auf der Hand. Das Haus, die Heimstatt, da wo mein Bett steht, da wo ich mein müdes Haupt zur Ruhe lege, da ist mein Zuhause, da ist meine Heimat. Da ist auch meine Familie, da ist Geborgenheit. Guiseppe Manzini sagt: “Die Familie ist die Heimat des Herzens!”

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Aha! Ist das so?

Klar scheint zu sein, dass Heimat zwei grundsätzlich unterschiedliche Betrachtungsweisen erfordert: Zum einen die rein stoffliche, sachliche, faktische Seite wie die Wohnung, das Haus, das Dorf oder die Stadt und zum anderen das Gefühlte, das Unbestimmte wie Vertrauen, Verlässlichkeit, Sicherheit, Identität, Orientierung, Zugehörigkeit.

Sehnsucht nach Vertrautem habe ich oft bei den Gedanken an meinen verstorbenen Vater, mit dem ich zusammen Musik gemacht habe. Hier habe ich verschiedenste, auch wärmende Gedanken; ich verspüre aber auch ein leichtes Ziehen in der Brust, eine gewisse Traurigkeit, eine Einsamkeit.

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Ist Heimat dort, wo ich mit meiner Liebsten zusammen sein kann, wo ich zusammen war, wo ich glücklich war? Kann ich im zweiten Hinterhof, Parterre, kaum Licht, Mülltonnen vor dem Fenster, heimatliche Gefühle haben? Ist das möglich?

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„Hier bin ich Mensch, hier darf ich‘s sein.“ Dieses Zitat aus Goethes Faust möchte ich interpretieren mit: „Mein Zuhause ist da, wo ich mich sicher fühlen kann.“ Ich benutze das Wort Heimat zwar nie, viele andere Menschen wahrscheinlich auch nicht. Aber jetzt fällt mir auf, dass mir dieses Wort gar nicht so fremd ist. Zu Hause zu sein, das ist heimatlich, das ist schön, das ist vertraut. Heimat ist im Gegensatz zur Ferne die Nahwelt, die verständlich und durchschaubar ist. Sie bildet einen Rahmen, der Verhaltenserwartungen über einen gewissen Punkt hinaus stabilisiert; das heißt, hier gibt es räumliche und zeitliche Orientierungsmöglichkeiten, die zur Selbsterkenntnis führen können.

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Sprache vermittelt oftmals ein Gefühl von Heimat. Das gilt nicht nur für den Arbeiter im fremdem Land, der seine Muttersprache plötzlich hört und sich geborgen fühlt. Nein, das kann auch schon für Deutsch-Dialektiker wie Berliner, Bayern, Sachsen oder Schwaben gelten.

Ich glaube übrigens auch, dass Heimat immer wieder am neuen Ort gegründet werden kann, wenn die Bedingungen stimmen und ich offen bin für Neues. Weil soziale Räume aktiv durchdrungen und Zugehörigkeiten neu erlebt werden können; ich kann mir dieses für mich fremde Gefüge aneignen, wenn ich will. Weil Familie, Freundschaft und Nachbarschaft die Grundpfeiler sind und sie ein wesentlichen Teil der Prinzipien menschlicher Identität darstellen. „The Temptations“ haben das im Song „My father was a rolling stone” eingedampft auf den Punkt gebracht: „Where I lay down my hat, it’s my home!“

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Heimat kann auch ein schwieriges, schmerzvolles und sehnsuchtsvolles Ding sein. Insbesondere dann, wenn ich in der Fremdheit gefangen bin. Hier kann es aber auch erstmalig zum Erfassen, zum Erkennen dieses Gefühls, dieses Zustandes kommen; das erste Mal, dass ich verstehe, was Heimat ist. Wer keine Not, keine Ferne, keine Sorgen und keine Einsamkeit erleben muss, kennt diesen Begriff vielleicht auch gar nicht.

Eine tolle Anmerkung kam von meiner Frau: „Heimat ist in mir drin!“

Ich stelle fest, dass Heimat – auch im übertragenen Sinne – die Beziehung zwischen Mensch und Raum im besonderen Binnenverhältnis beschreibt und der Sorge und Pflege bedarf. Heimat ist Ort und Gefühl zugleich, ist Fluchtpunkt, Geborgenheit, Erinnerung, Wurzel, Sprache und das Dach über dem Kopf.

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Und ich appelliere an alle Sehenden: Steht auf gegen den Missbrauch diese Wortes und lasst nicht zu, dass vom rechten, ausgefransten Rand der Gesellschaft, ideologisches Bollwerk gegen Geflüchtete und Ausgegrenzte unter dem Deckmantel des vermeintlichen Schutzes der Heimat aufgebaut wird!

Zu guter Letzt: Unsere nachbarschaftlichen Zusammenkünfte, bei denen wir mal singen https://www.grad60.com/home/singing und mal diskutieren, sind für mich eine Bereicherung des Alltags und ich glaube den anderen geht es ähnlich. Beim letzten Mal haben wir den Konsum besprochen und diesmal halt die Heimat. Es ist uns gemeinsam gelungen, viele Spielarten dieses so widersprüchlich daherkommenden Begriffes zu beleuchten und ich habe hier versucht, vieles davon zu Papier zu bringen. Als Quintessenz halte ich fest: Heimat (kann) ein Stück vom Himmel sein.

Habt Ihr auch eine Meinung dazu? Findet Ihr das Thema völlig unangemessen für einen Blog? Schreibt uns an info@grad60.com

Nachtrag: Beim Schreiben hat mir ein Gin-Erzeugnis der HEIMAT GbR aus 74193 Schwaigern sehr geholfen. Die drei Jungs Marcel, Rouven und Raphael sind seit ihrer frühesten Jugend beste Freunde. Aufgewachsen in einer ländlichen Gegend, geprägt durch Streuobstwiesen und Weinberge und durch eine familieneigene Brennerei vorbelastet, machten sie sich vor einiger Zeit daran, einen besonderen Gin zu kreieren, den HEIMAT-Gin. Es handelt sich hierbei um einen Dry-Gin, der in liebevoller Handarbeit hergestellt und destilliert wird. Die Botanicals sind ausschließlich von den eigenen Streuobstwiesen und von bemerkenswerter Präsenz. Rausgeschmeckt habe ich Salbei, Thymian sowie Äpfel und Birnen. Ich habe so manchen Schluck genossen aus meiner 237. Flasche von 576 der Edition L 40154.

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Auf ihrer Website https://www.heimat-gin.de/ findet sich auch ein Zitat von Heinrich Böll: “Heimat ist immer noch Sehnsucht nach der Kindheit!” Dem kann ich nichts hinzufügen.

Am Anfang des Artikels steht “Werbung unbeauftragt”, das heißt, dass dieser Artikel ohne Beeinflussung und Bezahlung geschrieben wurde. Warum der Vermerk trotzdem dort steht, erfahrt ihr auf unserer Seite “Transparenz”.

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Staunen im Wintergarten

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