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Von Melbourne nach Adelaide über die Great Ocean Road

Von Melbourne nach Adelaide über die Great Ocean Road

Im März und April 2023 sind wir 15 Tage lang mit dem Camper von Melbourne nach Adelaide über die Great Ocean Road gefahren und haben einen Abstecher ins Outback nach Broken Hill gemacht. Zu den einzelnen Örtlichkeiten sind verschiedene Berichte erschienen, die ihr durch Anklicken des Namens direkt lesen könnt.

Queenscliff / Geelong / Anglesea / Cumberland River / Forrest / Colac / Apollo Bay / Marengo / Maits Rest Rainforest / Cape Otway / Wreck Beach / Zwölf Apostel / Fort Campbell Nationalpark / Halls Gap / Grampians Nationalpark / Outback / Broken Hill / Sculpture Symposium / Silverton / Day Dream Mine / Kangaroo Island / Adelaide

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Queenscliff und Geelong

Reisebericht Melbourne¬ Adelaide Great Ocean Road Camper, Wohnmobil vor der Fähre wartend

Da wir aus dem südlichen Teil von Melbourne kommen, wählen wir den Seeweg und benutzen die Fähre von Sorento nach Queenscliff. Der Preis ist für zwei Personen in einem Motorhome von gut sechs Metern Länge überschaubar: 96 AUD. Eine Reservierung ist nicht erforderlich, die Bezahlung erfolgt direkt am Terminal. Kaum stehen wir in der Reihe, kommt auch schon das Schiffchen und schwuppdiwupp sind wir drauf. Auto abschließen und ab auf´s Oberdeck. Die Sonne lacht, die Stimmung ist top und wir erwarten nur Gutes von der Tour nach Adelaide.

Offensichtlich haben die lokalen Delphine auch gute Laune. Eine ganze Bagage begleitet uns mehrere Minuten lang auf der Backbordseite. Der Kapitän hat für Handydudler mit Nackenstarre freundlicherweise einen Hinweis über die Lautsprecher gegeben. Ich habe sie aber schon vorher gesehen.

Nach 45 Minuten kippt uns der Captain an der Kaimauer ab und wir zuckeln durch Queenscliff, einem netten, kleinen Örtchen mit hoher touristischer Anziehungskraft, wie ich gelesen habe. Es ist aber auch hübsch hier. Ganz in der Nähe des Hafens stoppen wir kurz am White Lighthouse.

Dieser Seezeichengeber heißt übrigens deswegen weißer Leuchtturm, weil es auch einen schwarzen gibt, ungefähr 200 Meter entfernt. Wir gehen wenige Stufen zum Meer runter und sehen zum ersten Mal den für den Straßennamen verantwortlichen Great Ocean, der hier eigentlich die Bass Strait ist, die Verbindung zwischen der Tasmanischen See und dem Indischen Ozean.

Der Blick ist atemberaubend, was aber auch am frischen Wind liegt, der das Luftholen etwas erschwert. Wir steigen wieder in unseren Camper und sind zehn Minuten später am vorgebuchten Campingplatz der Big4-Kette am Bellarine Highway. Wir hatten schon Sorge, dass der Autoverkehr hier zu laut ist. Aber das ist nicht der Fall. Es gibt so gut wie keinen Durchgangsverkehr, da die Straße ja auf der Landzunge endet. Abends steigen wir nochmals in die Feinplanung der nächsten Tage ein und stellen fest, es ist etwas frisch an der Südküste Australiens.

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Die Aborigines haben diese Bucht Jillong genannt und so heißt sie auch heute noch; sie wird nur etwas anders geschrieben: Geelong. Es ist eine ziemliche große Stadt mit 160.000 Einwohnern, die zweitgrößte in Victoria. Am Cunningham Pier suchen wir uns einen Parkplatz und schlendern an der Promenade entlang.

Am Geelong Waterfront Information Center gibt es ein Indoor-Karussell und Relaxliegen aus Holz vor der Tür. Echt verlockend, diese bunten Teile. Aber, nichts da, wir wollen uns bewegen und nicht faul in der Sonne liegen.

Interessant sind auch die ehemaligen Hafenpoller, die vom Künstler Jan Mitchell in den 1980er Jahren in Figuren verwandelt wurden.

Es sind über 100 Stück, die zwischen Rippleside und Limeburners Point verstreut sind. Sie stellen Personen aus der Vergangenheit da, die zur Geschichte Geelong gehören. Es soll noch viel mehr Kunstwerke in dieser Stadt zu bewundern geben. Doch so viel Zeit wollen wir uns nicht nehmen. Auf einen künstlerisch besonders gestalteten Stein hier am Hafen möchte ich aber noch zu sprechen kommen. Er zeigt einen Mann, der Geldmünzen herstellt, die in einem hell erleuchteten Tunnel nach hinten verschwinden. Seltsam, oder?

Mit einem letzten Blick auf den Cunningham Pier, dessen berühmtes Restaurant Wah Wah Gee leider für einen kleinen asiatischen Snack noch geschlossen hat, verabschieden wir uns von Geelong. Eine Stadt, die auf uns einen sehr sympathischen Eindruck macht und die sich für einen längeren Aufenthalt bestimmt lohnen würde.

Wir sind wieder on the road, auf der B100, und streben unser nächsten Ziel an. Bei Torquay durchfahren wir das offizielle Gate zur Great Ocean Road und erwarten interessante Erlebnisse und großes Naturspektakel.

Anglesea und Cumberland River

Golfspielen, da war doch mal was? Richtig, mit Thomas habe ich 2020 einen Golfkurs gemacht, in Großbeeren bei Berlin. Wir werden heute zwar nicht weiße Bälle mit einer Krücke über grünes Gras schlagen, aber einen Golfplatz in Anglesea besuchen, weil dort Kängurus in friedlicher Symbiose mit den Golfspielern leben sollen.

Unsere Führerin über den Platz heißt Nancy, macht das als Rentnerjob und ist total nett. Wir fahren mit einem elektrischen Golfspielertransporter etwas größerer Art über das Grün und halten Ausschau nach den Macropodiden.

Wir haben vorher doch erheblich gezweifelt, ob das mit den zahlreichen Beuteltieren hier auf dem Golfplatz auch stimmt. Doch, siehe da, nach wenigen hundert Metern stehen, liegen und hopsen sie im Gebüsch, auf dem Gras und dem Sandweg rum. Sie sind überhaupt nicht scheu, heben kurz den Kopf und fressen weiter, solange man eine bestimmte Distanz zu ihnen wahrt.

Nancy ist sehr kommunikativ und präsentiert viel Wissenswertes über diese seltsamen Tiere mit dem eigenartigen Fortbewegungsmuster. Dass ein Kängurubaby bei der Geburt nur so groß wie eine Riesenbohne ist und dass die Muttertiere gleichzeitig verschiedene Arten von Milch produzieren können, je nach Alter ihrer Jungen, wusste ich zum Beispiel noch nicht. Wir halten noch einige Male an und können die Tiere in aller Ruhe beobachten.

Nach einer halben Stunde ist die Tour vorbei und wir sind wieder am Clubhaus angekommen. „Good job, thank you“, sage ich zu Nancy und sie erwidert: „You`re welcome, have a g´day!“ Werden wir noch haben. Wir steigen in den Camper und fahren zum Campingplatz am Cumberland River.

Reisebericht Melbourne¬ Adelaide Great Ocean Road Camper, Fluss mit Felsen

Die Fragen nach Strom und WiFi wird von der Rezeptionistin auf dem Campground lächelnd und etwas spöttisch, wie mir scheint, verneint. Wir seien schließlich mitten in der Natur mit vielen Tieren um uns rum, wozu brauche man diesen technischen Schnickschnack. Sie hat ja Recht, Kängurus und Kakadus sind wichtiger.

Völlig ungeniert hoppeln die Biester über den Platz, sehr zur Freude der Kinder; aber auch wir Erwachsenen finden das sehr australisch. Die frechen weißen Kakadus sind ebenso sehr präsent.

Am späten Nachmittag, es geht schon auf fünf Uhr zu, wandern wir am Fluss entlang ins Tal hinein.

Der Weg endet an einer von der schwächer werdenden Abendsonne beschienen, felsigen Lichtung, wo übereinandergelegte Steine ein bühnenreifes Ambiente bieten.

Auf dem Rückweg müssen wir an einer Furt den Fluss wieder auf Steinen balancierend überqueren. Der River ist eigentlich nur ein etwas größerer Bach. Aber hier von den Steinen abzurutschen, wäre dennoch unschön.

An dieser Stelle bildet der Wasserlauf einen kleinen Pool, der malerisch unter einer Felswand liegt. Auch hübsch gemacht.

Am nächsten Tag ziehen wir weiter, weiter auf der Great Ocean Road. Und, ehrlich gesagt, ein Tag ohne Strom und WiFi hat gar nicht wehgetan.

Forrest und Colac

Wir machen einen Abstecher Richtung Norden und sind auf einem Campingplatz in Forrest, einem Ort in the middle of nowhere, rund 30 Kilometer von der Great Ocean Road entfernt. Warum? Weil es hier Schnabeltiere geben könnte. Als erstes machen wir in der Abenddämmerung eine Wanderung zum Lake Elisabeth. Der Weg führt durch einen verwunschenen Wald mit riesigen Eukalyptusbäumen. Das schwindende Tageslicht gibt der Stimmung den besonderen Kick. Die abblätternden dunkelbraunen Rinden, die hellbraun gewaschenen Stämme und das spärliche Grün dazwischen erzeugen ein morbide wirkendes Bild, das Künstler nicht besser auf die Leinwand zaubern könnten.

Abwechselnd führt der Weg auch unter Riesenfarnen lang. Unheimlich diese uralten Pflanzen. Ich würde mich nicht wundern, wenn Gollum plötzlich dazwischen herausspringen würde.

Sollten wie am See keine Schnabeltiere sehen, so ist doch der Weg dahin ganz fantastisch, im wahren Wortsinn. Die Schilder „Beware of snakes“ machen die Situation noch ein wenig gruseliger. Nach zirka 45 Minuten und etlichen An- und Abstiegen sehen wir Wasser. Es ist der Elisabeth Lake.

Ein See von inspirierende Schönheit empfängt uns. Stark bewaldeten Flanken bis ran zum ruhigem Wasser, aus dem Stämme toter Bäume hervorschauen, die ertrunken sind, als das Tal vor mehr als 50 Jahren überflutet wurde. Noch sind einige der Stämme zu sehen, aber in absehbarer Zeit wird die Natur mit allen Resten des Waldes so umgegangen sein wie mit diesem Stamm.

Wir setzen uns auf eine Bank am See und warten auf Platypus. Doch kein Schnabeltier paddelt an unserem Viewpoint vorbei. Wir sehen sie vielleicht auch einfach nicht. Sie sind ja recht klein und gut getarnt und tauchen auch sehr lange. Ich mahne zum Aufbruch. Ein wenig Restlicht, um nicht auf eine Schlange zu treten, wäre von Vorteil, argumentiere ich. Meine Frau, der Welt größter Schnabeltierfan willigt ein. Der Rücksturz zur Campbasis vollzieht sich in aller Stille und ziemlich zügig.

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Mit einer Fläche von 2.778 Hektar und einem Umfang von 33 Kilometern ist der Lake Colac der größte natürliche Süßwassersee in Victoria. Soweit Wikipedia. Wir hoffen auf ein kleines Café mit Cappuccino und Törtchen im Ort. Gibt es, aber es ist Sonntag und nach drei Uhr, es hat schon zu. Also fahren wir wieder hinaus in die  Landschaft und hoffen auf ein schönes Fleckchen irgendwo am Ufer des Sees. Kaffee können wir im Camper auch selbst machen und Kekse sind auch noch da. Im Rossmoyne Park am Ende der Delanys Road stoppen wir und schauen uns um. Nicht anheimelnd, aber interessant und ähnlich mystisch wie gestern der Elisabeth Lake.

Die Gegend sieht aus wie von allen guten Geistern verlassen. Aber eine Feuerstelle gibt es und die Asche ist noch warm. Das heißt, die guten Geister sind vielleicht woanders, aber Menschen waren schon mal hier.

Dass dieser Ort für Outlaws oder solche, die es mal werden wollen, ein Treffpunkt sein könnte, beweist uns ein Sportwagen, der über die Sandpiste angebrettert kommt, eine Vollbremsung vollführt, als er uns sieht, und mit durchdrehenden Reifen sich wieder davon macht. Da würde ich gern Mäuschen im Cockpit spielen und die Flüche live miterleben. Ich klettere noch ein wenig auf den Baumriesenresten herum und kriege meine Fantasie nicht mehr eingefangen.

Was wäre, wenn wir im Rahmen eines Survivaltrainings hier ausgesetzt werden würden und auf uns allein gestellt, ohne all das neumodische Zeug, was wir so haben, klarkommen müssten. Die Feuerstelle ist da, Holz auch, aus Ästen eine Hütte bauen, ginge vielleicht auch noch … „Wir sollten wieder zum Campingplatz zurück, sonst kommen wir dort im Dunkeln an“, holt mich meine Frau aus den Träumen. Recht hat sie. Wir steigen in unser Wohnmobil und zuckeln langsam den Sandweg zurück, auf dem wir hergefahren sind. Und auf der Weide schauen die Kühe wieder sehr gelangweilt zur Seite.

Apollo Bay und Marengo

Das Wetter lässt zu wünschen übrig, 18 Grad und regnerisch. Aber offensichtlich genau das Wetter, um das Können der Rettungsbootfahrer zu testen. An der Apollo Bay sehen wir dem emsigen Treiben eine Weile zu.

Die Männer und Frauen müssen mehrere Bojen umfahren, wahrscheinlich eine bestimmte Zeit einhalten, nicht umkippen und eine gute Figur machen, von wegen Bay Watch oder so. Vom Strand aus werden die Markierungen auf Position gehalten. Das orangefarbene Mützchen ist schon cool, oder?

Reisebericht Melbourne¬ Adelaide Great Ocean Road Camper, Mann mit Rettungskleidung am Strand

Wir wollen uns heute den Anfang des Great Ocean Walk im Marengo Nationalpark ansehen. Und falls wir abends Durst kriegen sollten, ein Bierchen könnte die erste Rettung sein.

Ein Stück weiter stellen wir unser Wohnmobil am Eingang zu einem Campingplatz ab, der direkt am Meer liegt. Es ist das Marengo Reefs Marine Sanctuary Landschaftsschutzgebiet. Es herrscht gerade Ebbe, deshalb gehen wir vor dem Walk runter zu den Felsen, um uns mal anzuschauen, was Neptun so aussortiert hat.

Was wir hier zu sehen bekommen, ist nicht von dieser Welt. Bizarre Formen aller Art und Fundstücke sehr seltsamen Aussehens.

Ich glaube, das ist der Fuß einer Seetankpflanze, der vom Meeresgrund abgerissen worden ist oder die Stromkabel aus dem E-Werk von Neptuns Bande. Und dieser Stein stammt direkt von der Mondoberfläche, ganz sicher.

Und hier hat jemand einer Maschinengewehrsalve in den Felsen gejagt!

Reisebericht Melbourne¬ Adelaide Great Ocean Road Camper, Sien mit Löchern

Und dieses Zeug sieht aus, als ob Neptuns Großmutter nach ihren Strickzeug greift.

Reisebericht Melbourne¬ Adelaide Great Ocean Road Camper, Seetank auf Felsen

Es ist total spannend, was hier alles rumliegt. Wir wandern noch ziemlich lange auf den Felsen entlang und merken gar nicht, dass das Meer zurückkommt. Das geschieht ja immer sehr unauffällig, ganz heimlich und plötzlich ist es da. Jetzt aber schnell umdrehen, sonst wird es unter Umständen sehr nass und nicht ganz ungefährlich. Wir erreichen die Holzrampe aber noch rechtzeitig.

Oben angekommen laufen wir auf dem Great Ocean Walk, der insgesamt 110 Kilometer lang ist, eine Weile Richtung Shelly Beach.

Mitunter geht es auch, wie in einem Tunnel, zwischen dichtem Gestrüpp mitten durch.

Den ersten Kilometer haben wir geschafft. Die Markierung am Wegesrand kommt mir vor wie die Muschel auf dem Jakobsweg in Spanien. Diese hier ist aber viel genauer. Sie dient nicht nur der Orientierung, sondern ist auch eine Hilfe im Notfall. Ganz oben steht die Rufnummer, es ist drei Mal die Null, und darunter ist der Ort bezeichnet. Die Rettungskräfte müssen zum Marker mit der Nummer 001 kommen. Gut gemacht.

Wir laufen noch bis zur Mündung des Elliot River und kehren dann um. Eine schöne Strecke. Wir reden darüber, diesen Track irgendwann einmal in Gänze zu machen, in einem anderen Australien Urlaub. Vielleicht.

Maits Rest Rainforest, Cape Otway und Wreck Beach

Das an Naturwundern reiche Australien hält heute für uns ein besonderes Leckerli bereit, das letzte noch existierende Stück ursprünglichen Niedrigtemperatur-Regenwalds Australiens, den Maits Rest Rainforest. Er ist 17 Kilometer von Apollo Bay entfernt, direkt an der Great Ocean Road, die an dieser Stelle ein Stück im Landesinneren liegt. Ein Holzsteg wurde über Baumfarnschluchten und moosbedeckte Wurzeln uralter Regenwaldbäume gebaut, um einerseits das Ökosystem zu schützen und andererseits den Besuchern die Möglichkeit einzigartiger Ausblicke zu bieten.

Wir treten ein in eine andere Welt und sind sofort gefangen von der urwaldartigen Atmosphäre. Dass er sehr alt ist, spüre ich deutlich. Alles ist riesig, völlig unübersichtlich und durcheinander. Ohne die Holzstege wäre man bestimmt hoffnungslos verloren in dieser grünen Hölle. Wir bleiben erst einmal stehen und versuchen aufzunehmen, was wir sehen. Wie auch schon im Wald beim Lake Elisabeth sind die wunderschönen Farne gewaltig und bilden richtige Bäume aus. Bei den kleineren kann ich gut beobachten, wie neue Blätter aus der Mitte ausgerollt werden.

Das Licht dringt nur mühsam bis nach unten und doch leuchtet alles in verschiedensten Grüntönen. Neben den Farnen stehen gigantischen Regenwaldbäume, die bis zu 300 Jahre alt sind und bis zu 100 Meter hoch sein können.

Hier wird selbstverständlich alles so gelassen, wie die Natur es herrichtet. Auch sterbende Bäume bleiben so liegen, wie sie fallen. Mitunter ist es aber notwendig, ein Stück abzuschneiden, um den Weg freizumachen. Wenn dann der Baum bei seinem Tode innen hohl war, kann man sich auch reinstellen.

Der Rundweg ist nicht allzu lang, nach etwa 35 Minuten sind wir wieder am Ausgangspunkt. Wir waren nicht allein unterwegs, doch alle Besucher waren ruhig und ehrfürchtig unterwegs. Wir auch!

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Am Cape Otway steht ein Leuchtturm, der 91 Meter über dem Meeresspiegel thront und früher, vor 1994, als er noch im Einsatz war, 26 Seemeilen weit aufs Meer hinaus zu sehen war.

Der Aufstieg sieht schwieriger aus als er ist. Die rotweißen Stufen sind angenehm flach und bequem zu bewältigen.

Das letzte Stück ist allerdings abenteuerlich. Es ist sehr eng und steil. Sich hier nicht den Kopf zu stoßen, ist schon eine Kunst.

Ohne Blessuren stehen wir nun oben. Der Turm selbst ist nur 20 Meter hoch, aber durch die Höhe der Klippe ist die Sicht trotz des schlechten Wetters hervorragend.

Cape Otway Lighthouse, wie der Leuchtturm offiziell heißt, war damals eine wichtige Ergänzung zur nautischen Sicherheit, hier in der Meerenge zwischen Küste und King Island. Da nicht mehr als vier Personen hier oben sein dürfen und andere auch darauf warten, hochzusteigen, klettern wir nach wenigen Minuten wieder runter. Wir schauen uns auch die Telegraphenstation an, wo mit vielen Fotos und originalen Einrichtungsgegenstände die Geschichte des Gebäudes erzählt wird.

Das Kabel war das längste Unterwasserkabel zu der Zeit um 1900 herum. Die Ausstellung ist interessant gestaltet und enthält auch viele Details des normalen Alltags. Als wir nach draußen treten, regnet es schon wieder. Das Wetter ist an der Südküste Australiens im Spätherbst irgendwie gewöhnungsbedürftig. Wenn ich da an Cairns vor zwei Wochen denke, da hatten wir 34 Grad im Schatten.

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Einige Kilometer weiter stoppen wir am Zugang zum Wreck Beach, um eine wenig die Beinmuskeln zu trainieren. Es sind immerhin 350 Stufen, die vom Moonlight Head hinab zum Strand führen.

Ich will das amtliche Ergebnis unbedingt überprüfen, doch vor lauter Powerhouse Anspannen verzähle ich mich dauernd und gebe es auf. Endlich bin ich unten und denke mit Grauen an den Aufstieg.

Aber jetzt genießen wir den Strand und laufen mit nackten Füßen durch den trotz Wolken sonnenwarmen Sand Richtung Felsen, wo auf den Klippen davor diverse Schiffe gesunken sind. Dieser Walk zu den Wracks funktioniert übrigens nur bei Ebbe. Wir klettern über die ersten Felsen und passieren kleine Rinnsale.

Überhaupt ist der Anblick dieses Strandes, vor allen Dingen zurück Richtung Cape Otway, unglaublich schön; viel schöner als bei strahlendem Sonnenschein. Die Wolken und die trübe Stimmung haben einen dramatisierenden Effekt, bei dem jeder Locationscout in die Hände klatschen würde.

Endlich sind wir bei den Wrackresten. Ehrlich gesagt, das lohnt sich nicht. Es sind nur vier Teile, davon zwei Anker, die hier rumliegen, von Wracks keine Spur. Einer der beiden liegt, schräg nach oben zeigend, fotogen platziert auf den Felsen.

Ein anderer ist kopfüber etwas weiter oben einbetoniert, auch fotogen und ich kann mich gut darauf abstützen. Das ist es denn aber auch.

Aber wie heißt es so schön bei Lao-Tse: „Der Weg ist das Ziel.“ Der Strand ist sehr malerisch gelegen und der Weg hinunter und erst recht der Aufstieg sind hübsch und echt konditionsfördernd.

Zwölf Apostel und Fort Campbell Nationalpark

Ich glaube nicht, dass viele Touristen die Great Ocean Road besuchen, um die Sau und ihre Ferkel zu sehen. Obwohl sie genau das machen. Sie gieren nach der Aussicht auf The Sow and the Piglets, so hießen nämlich die Zwölf Apostel früher. Aber dieser Name war den Offiziellen irgendwie zu unästhetisch. Auf jeden Fall sind wir heute auch hier.

Es gelingt mir nicht, beim Abzählen der Kalksteinformationen auf die Zahl zwölf zu kommen. Es waren ursprünglich auch nur neun, dann brach eine 50 Meter hohe Säule in sich zusammen und eigentlich waren es dann nur noch acht. Um aber auf das magische Dutzend zu kommen, beließ man es bei neun und rechnete die benachbarten Three Sisters einfach mit dazu. Verworrene Geschichte und wahrscheinlich ziemlich unwahr. Aber das tut dem Aussehen der Zwölf Apostel keinen Abbruch. Sehr majestätisch stehen sie da, mit den Beinen im türkisfarbenen Wasser, in ihren hübschen beigefarbenen Kostümen, aufrecht und stolz. Sie strahlen eine große Würde aus.

Es ist offensichtlich, dass die Apostel nicht für die Ewigkeit hier stehen werden, Wind- und Meereserosion lassen sie langsam, aber sicher zusammenbrechen. Noch gibt es sie und außer ihnen noch viele andere. Wenige hundert Meter weiter stehen die nächsten Naturdenkmäler zum Bewundern im Wasser rum. Es ist die Rasierklinge mit der Rückseite oben, auch Razorback genannt. Auf diesen Namen muss man erst einmal kommen. Respekt!

Links neben der Rasierklinge kann ich eine größere Ausbuchtung im Felsen sehen, wo die Meeresgötter ihre Murmeln versteckt haben.

Ansonsten heißt der Ort Loch Ard Gorge. Wieder ein Name zum Verbeugen und diesmal auch zum Nichtausprechenkönnen. Das liegt an dem schottisch-gälischen Ursprung. Das Segelschiff Loch Ard aus Glasgow ist hier am 1. Juni 1878 auf Grund gelaufen und zerschellte an der Mutton Bird Insel, die früher The Sow (Sau) genannt wurde und heute Teil der Zwölf Apostel ist, ihr erinnert euch. Es gab nur zwei Überlebende, eine Eva und einen Tom. Beide konnten sich hier in der Bucht oder Schlucht (Gorge) an Land retten.

Reisebericht Melbourne Adelaide Great Ocean Road Camper, Loch Ard Gorge Strand

Diese Geschichte ist damit zwar noch nicht zu Ende erzählt, sie ist von dramatischer Pracht und epischer Länge, aber ich verzichte auf weitere Details, das würde den Rahmen sprengen. Nur noch so viel: Vor der Bucht liegt das Island Arch, dessen Bogen 2009 infolge der Erosion einstürzte. Danach blieben vom Felsentor nur noch zwei Kalkfelspfeiler übrig, die später Tom und Eva genannt wurden.

Es gibt hier noch viel mehr wunderbar anzuschauende Kalksteine im Campbell Nationalpark. Ich möchte euch aber nur noch ein paar wenige Exemplare zeigen. Zum Beispiel die London Bridge.

Reisebericht Melbourne Adelaide Great Ocean Road Camper, the Londonbridge, eine Steinbrücke im Wasser

Allein dieser Felsbrocken würde als Solitär irgendwo anders auf der Welt der Anziehungspunkt überhaupt sein. Hier ist er nur einer von vielen. Folgt mir jetzt bitte hinunter zur Grotte.

The Grotto ist ein nahezu surrealer Anblick und es ist nicht zu begreifen, wozu die Natur fähig ist. Die Grotte ist teils Blasloch, teils Torbogen, teils Höhle. Vielen Menschen schwinden sprichwörtlich die Sinne, wenn sie die Grotte erreicht haben, vor Staunen, vor Ergriffenheit, vor Ehrfurcht. Uns geht es ähnlich. Das Bild zeigt leider nur andeutungsweise die Besonderheit dieses Naturwunders. Die Great Ocean Road hat sich vielleicht das Beste bis fast zum Schluss aufgehoben. Wir steigen wieder ins Auto und wollen noch eine weitere Bucht besuchen.

Was soll ich noch dazu sagen, mir gehen langsam die Worte aus. Schön geschwungen mit verschiedenen Strandabschnitten und liebevoll arrangierten Felsgruppen im Wasser und an Land, so liegt sie da. Alles umgeben von sanft ansteigenden Klippen, die saftig grüne Mützchen tragen. Wir steigen eine Holztreppe zum Meer hinab. Die Tide steigt, aber noch können wir die Felsen trockenen Fußes umgehen, wenn wir die Pausen zwischen den Wellen abwarten.

Ich nehme mein Handy und lese mal nach, wieso die Bucht diesen Namen hat. Europäische Einwanderer haben hier eine große Gruppe von Karrae-Wurrong-Aborigines von den Klippen gestoßen und Frauen und Kinder angeblich in einem Sumpf in der Nähe getötet. Soweit die nacherzählte Geschichte. Ob sie stimmt, weiß keiner genau. Aber die Bucht heißt nun mal so. Ich will gerade wieder einen Schritt von einem kleinen Felsbrocken zurück an den Strand machen, als mich doch noch eine Welle erwischt.

Selbst schuld, sage ich mir. Was schaue ich wie ein abhängiger Handyfreak nur auf das Display statt die Natur zu beachten. Aber auch nicht schlimm, die Sandalen trocknen schnell.

Halls Gap und Grampians Nationalpark

Von Fort Campbell Campingplatz über Allansford, der offiziell letzten Stadt auf der Great Ocean Road, starten wir ins Landesinnere. Wir haben inzwischen rund 1.300 Kilometer seit Melbourne zurückgelegt und schon viel erlebt. Jetzt wollen wir ins Outback. Auf dem Weg dorthin statten wir dem gut 200 Kilometer entfernten Grampians Nationalpark einen zweitägigen Besuch ab. Unser Campingplatz liegt bei Halls Gap, direkt am Lake Bellfield und mitten in der Natur. Wir steigen auf dem Campside 57 aus dem Wohnmobil und sehen uns um. Ein paar Meter entfernt entdecken wir zwischen den Bäumen eine große Wiese mit lauter Tieren. Aus der Entfernung können wir sie nicht genau erkennen, deshalb gehen wir zügig etwas näher.

Ach wie schön, lauter Kängurus und Emus. Und was für hübsche Tiere. Ich kann es nicht lassen und gehe näher ran.

Die Emus sind recht gelassen, heben den Kopf, lassen sich fotografieren und fressen weiter. Die Beuteltiervertreter hingegen nehmen sofort eine Habacht-Stellung ein und geben dann Fersengeld. Aber einen erwische ich noch mit dem Objektiv. Von meiner Frau bekomme ich Schelte für meine Aktion.

Aber so richtig eilig hatten sie es nicht, sonst wären sie nicht auf allen Vieren weggehoppelt. Wenn es wirklich schnell gehen soll, springen die Großfüßler nur auf ihren Hinterpfoten davon. Es gibt noch einige andere Tiere auf dem Platz, vor allen Dingen Vögel. Als wir den Tisch zum Abendbrot aufbauen, dauert es nicht lange, bis einer der frechen Gelbhauben-Kakadus um eine Einladung bittet.

So haben wir das gern. Ein Campground mit allen Komfort und wir mitten drin in der Tiere Schar. Wir sind glücklich und zufrieden, wie schon so oft auf dieser Tour. Das Essen schließen wir mit einem Glas Sauvignon Blanc „Adelaide Hills“ ab, den wir schätzen gelernt haben. Und dann zeitig Licht aus, denn morgen wird gewandert.

Wir werden jetzt zum Pinnacle-Aussichtspunkt wandern, er soll einer der Höhepunkte der gesamten Grampians-Region sein. Wir parken den Camper auf dem Wonderland-Parkplatz, schnüren die Wanderschuhe und steigen über eine Brücke ein in den Pfad. Schon nach wenigen Metern geht es über kleine und große Felsbrocken ab nach oben.

Wie ihr unschwer erkennen könnt, bin ich ziemlich warm angezogen. Es ist auch frisch, nur 15 Grad im Schatten. Die Wege sind total spannend und auch herausfordernd. Die Wanderschuhe bewehren sich bei jedem Schritt. Nur nicht umknicken. Beim nächsten Schwenk um einen größeren Stein herum, schauen wir auf eine Felswand, die mit einer wetterzerfressenen Klippe punktet. Sehr beeindruckend und ich glaube, da müssen wir rauf.

Die Sonne kommt raus, es wird warm und schwieriger. Zum Glück sind die Wege mit Sicherungshandläufen versehen, zum Teil jedenfalls.

Wir sind in der Silent Street. Das ist jetzt wirklich nicht mehr so einfach. Angst vor engen Felsspalten sollte man nicht haben. Hat Petra nicht, habe ich auch nicht.

Eine gute Stunde später sind wir oben, am Pinnacle-Lookout. Es waren zwar nur etwas mehr als zwei Kilometer, aber steil bergauf. Und das war anstrengend. Inzwischen ist es wieder kalt, die Sonne hat keinen Bock mehr, obwohl die Wolken ihr noch ein paar Lücken anbieten. Egal. Ich steige die letzten Stufen bis zur Spitze hinauf und freue mich: Geschafft!

Die Aussicht ist ganz gut. Wir können auch den Lake Bellfield mit der Staumauer sehen.

Reisebericht Melbourne Adelaide Great Ocean Road Camper, Aussicht vom Berg runter mit See

Wir erholen uns kurz. Brotzeit, Wasser, etwas Süßes und zurück. Dieses Felsenmeer eignet sich übrigens gut zum Verirren. Als Orientierungshilfe dienen gelbe Pfeile, die auf Felsen angebracht sind.

Beim Aufstieg waren wir schon einmal kurz falsch und jetzt…wo sind wir? Wir sind lost, wie die Aussis sagen würden. Außer uns niemand zu sehen. Und auch keine gelben Pfeile. Eines ist klar, wir müssen runter und die Felsen um uns rum sind auch gangbar, auf unserer Höhe jedenfalls, so scheint es. Aber dann? Etwas tiefer? Wir wägen die Alternativen ab. Aufstieg zurück zum letzten gelben Pfeil oder direkter Abstieg über die unbekannten Felsen? Wir entscheiden uns für einen moderaten Abstieg querab, nach links.

Einen kleinen Sprung wagend und vorsichtig kraxelnd, teilweise alle vier Gliedmaße nutzend, erreichen wir schließlich wieder die richtige Route und erschrecken dabei ein (noch) älteres Ehepaar, das sich gerade ausruht. Ein kurzer Smalltalk und weiter geht´s. Wir sind zwar noch ziemlich weit oben, aber der Weg geht jetzt durch den Wald und ist leichter. Ein letzter Blick zum Berg gegenüber und wir biegen auf den Pfad Richtung Parkplatz ab.

Eine durchaus herausfordernde Tour, trotz der an sich kurzen Strecke. Sie ist bei gutem Wetter für Menschen mit durchschnittlicher Kondition und Trittfestigkeit absolut zu bewältigen. Gutes Schuhwerk ist aber unbedingt erforderlich und die Kleidung sollte flexibel handhabbar sein.

Outback

Mit dem Verlassen des Grampians Nationalparks sind wir quasi unterwegs ins australische Outback.

Outback, was ist das überhaupt und wo liegt es? Es ist die Bezeichnung für das abgelegene, riesige, dünn besiedelte Gebiet Zentralaustraliens, obwohl es sich von der nördlichen bis zur südlichen australischen Küste erstrecken kann und vereinzelt in der Ost-West-Ausdehnung ebenfalls nicht sehr weit von den Küsten entfernt liegt. Genau kartiert ist es nicht. Beim ersten Stopp bekommen wir eine gewisse Vorstellung davon.

Die Gegend sieht schon sehr verlassen aus, obwohl wir noch nicht weit von den letzten Siedlungen entfernt sind. Als wir weiterfahren, passieren wir ein Schild mit der Aufschrift „Next Fuel 200 Km“. Nun gut, wir haben vollgetankt, sollte also kein Problem darstellen. Witzig ist aber, was die sonore und inzwischen so vertraute Stimme unseres Navis sagt: „266 Kilometer geradeaus und dann links.“

Die Straßen sind nicht immer gerade, es gibt auch Kurven und Gegenverkehr. Überholen kommt selten vor. Alles ziemlich einsam. Auch über den Äther kommt wenig an und telefonieren ist nicht. Die Netzabdeckung tendiert meistens gegen Null. Hilfe herbeizuholen, funktioniert dann nur mit Autostopp. Notfälle kann es natürlich verschiedene geben. Dass einem unterwegs der Sprit ausgeht, ist schlimm genug. Sollte man auch noch am Verdursten sein, dann helfen solche Stationen mit Trinkwasserspeicher.

Die Temperaturen steigen. Jede Stunde um ein Grad, ungefähr. Gestartet sind wir bei 17, jetzt sind es schon angenehme 21 Grad. Wir haben blauen Himmel und die Sonne zeigt sich von der besten Seite.

Outback bedeutet nicht automatisch Trockenheit. Es gibt tropisches und halbtrockenes Gebiet und starke Regenfälle, die Seen zum Überlaufen bringen. Als wir ein Halt am Popiltah Lake einlegen, sehen wir das Ergebnis solcher Ergüsse: Bäume und Sträucher stehen im Wasser.

Der Anblick ist echt seltsam. Alles um uns rum sieht ziemlich vertrocknet aus und hier plätschert es munter vor sich hin. Das Wasser scheint aber nicht besonders genießbar zu sein, denn kaum haben wir die Beine aus dem Auto heraus bewegt, belagert uns sofort ein halbes Dutzend Vögel, offensichtlich durstige Vögeln. Woran ich das erkenne? Sie scharen sich unter dem Grauwasserablass des Campers, der immer ein wenig tropft. Meine Frau kippt etwas aus der Trinkflasche auf den Boden und schon balgen sich die kleinen Racker um das Wasser.

Das geht eine ganze Weile so. Wir bieten ihnen auch ein paar Kekskrümel an, aber daran sind sie nur mäßig interessiert. Wir laufen ein wenig rum. Ich halte ja immer nach Schlangen Ausschau. Aber keine Brown, Taipan oder Death Adder Snake zu sehen. Noch ein wenig Dehnen und Strecken und schließlich steigen wir wieder in unser Wohnmobil. Vorbeigekommen ist während der Viertelstunde Pause übrigens kein einziges Fahrzeug. Aus beiden Richtungen nicht. Nur in der Ferne rast ein Auto über die Sandpiste.

Die Straßen sind oft sehr vernünftig asphaltiert und werden auch ständig ausgebessert. Da fahren wir so vor uns hin und mitten im Nirwana taucht plötzlich eine aktive Baustelle auf. Hut ab, die sind echt hinterher, die Aussis. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit liegt zwischen 60 und 110 Km/h. Kurven werden meistens mit sehr genauen Geschwindigkeitsangaben versehen. Das Fahren ist easy. Ab und zu schickt uns Mr. Googlemaps vor lauter Abkürzungsoptimierungen allerdings in die Wüste. Mächtig staubend und sehr langsam rütteln wir dann auf Sandstraßen dahin, immer in der Hoffnung, dass das nicht lange anhält.

Von Zeit zu Zeit überqueren wir Gleisanlagen oder fahren neben ihnen her. An einer Stelle steht ein seltsamer Container auf Stelzen neben dem Gleis. Was ist das?

Früher mussten die Dampfloks unterwegs ihren Wasservorrat auffüllen und diese Container sammelten das Regenwasser dafür? Aber fahren auf dieser Strecke noch Dampfloks? Wohl eher nicht. Spätere Recherchen ergeben, dass bis zur Einführung der Dieselloks hier Dampfloks unterwegs waren und die Container einfach stehen geblieben sind. Aha! Wieder etwas schlauer. Weiter geht die Fahrt Richtung Broken Hill.

Leider liegen auch hier im Outback viele tote Tiere auf der Straße, meistens Kängurus. Immer wieder muss ich den Kadavern ausweichen, die liegengelassen werden bis nichts mehr übrig ist. Tagsüber sehen wir selten Tiere neben der Fahrbahn, aber nachts soll das anders sein. Und da die Kängurus oftmals völlig unvermittelt auf die Fahrbahn springen, haben wohl beide keine Chance. Der Driver nicht zum Ausweichen und das Tier nicht zum Überleben. Schreckliche Wahrheit, aber wohl nicht zu ändern.

670 Kilometer von Halls Gap bis Broken Hill mit einer Übernachtung in Mildura liegen hinter uns. Das war ein wenig Kennenlernen des Outbacks. Überrascht waren wir von so viel Vegetation, wir hatten mehr Wüste erwartet, und von den Seen. Aber Outback ist nicht gleich Outback. Im Westen Australiens sieht es bestimmt eher nach wüstenähnlicher Natur aus. Aber in diesem Urlaub kommen wir da nicht mehr hin.

Broken Hill und Sculpture Symposium

Der Name klingt wie ein neuzeitlicher Endzeitromantitel, tatsächlich stammt er von Charles Stuart, einem Landvermesser, der im Auftrag des Gouverneurs von New South Wales Süßwasser entdecken sollte und hier in der Gegend die einzigartige Form eines Hügels bemerkte. Die aktive Bergbaustadt mit dem am längsten andauernden Silber-Blei-Erz-Abbau Australiens, ist für drei Nächte unser Domizil. Corporal Roy Inwood aus Broken Hill wird mir heute einiges über seine Stadt erzählen.

Die Innenstadt ist mit vielen alten, gut restaurierten Häusern attraktiv hergerichtet. Besonders schick ist das ehemalige Rathaus aus dem Jahr 1891, das 1976 restauriert wurde.

Wir sollen uns unbedingt mit der Tradition der Gewerkschaften befassen, meint Roy. Die unmenschlichen Arbeitsbedingungen unter Tage und die Folgen für die Familien, die sehr früh ihren Ernährer und Ehemann verloren, weil kaum ein Bergmann älter als 35 Jahre wurde, sind durch die Gründung der Barrier Ranges Miners' Association deutlich verbessert worden. In der Trades Hall informieren wir uns.

Überhaupt Bergbau. An jeder Ecke und in jeder Straße erinnern Fundstücke an die Existenzgrundlage dieser Stadt. In der Blende Street steht ein ehemaliger Schachtturm, der Kintore Headframe. Wuchtig und sehr authentisch wirkend erhebt sich das Holzgerüst vor mir in die Höhe. Ich kann mir gut vorstellen, wie schwierig Bergbau im 19. Jahrhundert gewesen sein muss. Besonders interessiert mich der Motor, mit dem die Förderkörbe in die Tiefe abgelassen wurden.

Über der Stadt auf den Abraumhalden erhebt sich das Line of Lode Miner's Memorial. Es dient der symbolischen und spirituellen Darstellung von mehr als 800 Todesfällen seit Beginn des Bergbaus in Broken Hill im Jahr 1883.

Am Anfang sind alle an Bleivergiftung oder Lungenversagen gestorben. Der letzte starb 2019 bei einem Untertageunfall. Neben jedem Namen steckt eine Rose in der Tafel. Wir verweilen einige Minuten still schweigend zwischen den rostig braunen Eisenwänden. Bergbau ist auch heutzutage nicht ungefährlich. Neben dem Memorial gibt es ein Restaurant, das sehr stylish aussieht. Es ist aber geschlossen.

Den Betreibern ist wohl das Geld ausgegangen, es ist neu zu mieten. Es scheint nicht so einfach zu sein, genügend zahlende Gäste hier noch oben zum Denkmal zu locken. Wir sehen uns noch auf dem Gelände um. Es stehen einige neuere Maschinen des Bergbaus und auch ältere Exemplare zum Anschauen auf dem Plateau. Die älteren Ausstellungstücke sind für mich am spannendsten. Mit diesen Waggons zum Beispiel fuhren die Hauer hinein in die Stollen.

Und dieses alte Exemplar eines Hunts ist mit einem Spruch versehen, der einerseits um Hilfe bittet und andererseits den Stolz der Bergleute deutlich macht.

Reisebericht Melbourne Adelaide Great Ocean Road Camper, Hunt mit Gegenlicht und Spruch

Ich will mir unbedingt noch das Sulphide Street Railway & Historical Museum ansehen. Es ist ebenfalls in der Blende Street im ehemaligen Bahnhofsgebäude und Gelände von 1905. Wie elegant die Personenwaggons damals doch waren. Es sitzt sich sehr bequem auf den Ledersitzen und die Aussicht ist auch klasse.

Welcher Junge würde nicht gern Lokomotivführer werden. Ich wollte das bestimmt, ich kann mich aber nicht mehr daran erinnern.

Im Speisewagen warte ich leider vergeblich auf die Bedienung. Als ich einen Blick um die Ecke in die Küche werfe, wird mir klar warum. Die haben Betriebsferien.

Ich steige noch einmal ins Führerhaus dieser W-Class Lokomotive und bilde mir ein, dass ich gleich das Signal zur Abfahrt gebe, so richtig laut und dann meine Maschine den weißen Wasserdampf in die Luft blasen lasse. Langsam beginnen sich die riesigen Räder zu drehen. Der Anfang ist immer schwer. „Los, gib dir Mühe, du schaffst das“, ermuntere ich meine grüne Minna. Und ab geht sie, die wilde Fahrt.

„Können wir denn?“, reißt mich meine Frau aus meinen Kindheitsträumen. Ja, sicher, das Museum schließt auch gleich. Wir stehen wieder auf der Straße. Broken Hill gefällt uns. Gut sortiert und für uns Touristen ansprechend hergerichtet, ist Broken Hill aber keine tote Stadt. Nein, sie ist lebendig und sympathisch.

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Ganz in der Nähe, rund zwölf Kilometer entfernt, gibt es noch ein Highlight, das Broken Hill Sculptures & Living Desert Sanctuary. Wir sind weniger am Schutzort für die lebende Wüste interessiert als an den Skulpturen der diversen Künstler, die 1993 unter der Leitung des Bildhauers Lawrence Beck zwölf Sandsteinskulpturen erschufen. Alle erzählen eine Geschichte und jede ist es wert nachempfunden zu werden. Hier sorgt sich die Mutter um ihr Kind, das selbstbewusst in die Welt hinausschreiten will und keine Ahnung von den Gefahren des Lebens hat.

Und bei diesem Kunstwerk geht es um ein Pferd, das seinen Besitzer stolz macht. Aber die Noblesse und Erhabenheit eines Pferdes und die seinem Reiter zugewandte Aufrichtigkeit ist viel wichtiger. Das zu erkennen, ist nicht jedem Menschen gegeben. Wir sollten uns daran erinnern.

Ein Grabmal ist grundsätzlich etwas Trauriges. Aber es kann auch tröstlich und erbauend sein. Es soll die guten Erinnerungen wach halten und die Tradition des Weiterlebens in den Herzen der Zurückgebliebenen festigen.

Die Kunstwerken sind außergewöhnlich und der Ort ist mystisch. Glücklicherweise sind wir ganz allein hier oben und können uns ungestört den Gedanken hingeben. Die Inschriften zu den Skulpturen sind sehr ausführlich und beschreiben die Intentionen der Schaffenden während der Arbeit. Ich schreibe hier meine eigenen Überlegungen auf. Es sind nur Bruchstücke, mir geht noch viel mehr durch den Kopf, wenn ich auf die Sandsteinwerke schaue. Zum Schluss lehne ich mich an die berühmteste Skulptur von allen. Sie ist von Antonio Nava Tirado und heißt Bajo El Sol Jaguar, unter der Jaguar Sonne.

Ein wenig erinnert sie mich an die Maori Skulpturen in Neuseeland. Und, eine Frage… Sieht man mir das an, dass ich mir einbilde, ich habe dieses Kunstwerk erschaffen?

Silverton

1881 wegen einer Silbermine gegründet, bis zum Entdecken des größeren Silbervorkommens in Broken Hill auf 3.000 Einwohner angewachsen, dann geschrumpft auf heute kaum noch 50 Menschen, das ist Silverton. Und es gibt ein sehr geiles Ortsschild.

Von unserem Campingplatz in Broken Hill sind wir heute 26 Kilometer nach Nordwesten gefahren, um diese berühmte Stadt zu erkunden. Als erstes suchen wir das berühmte Silverton Hotel auf.

Diese Karre vor der Tür stimmt mich schon mal richtig ein: ein riesiger V 8 – Motor in einem mattschwarzen VW Käfer, irre. Außerdem soll es eiskaltes Bier vom Fass, sensationelles Essen und erstklassige Gastfreundschaft geben. Und das Hotel war Drehort für unglaublich viele Filme. Schauen wir doch mal rein.

Ein umlaufender Tresen mit der mittendarin liegenden Versorgungsinsel und Zapfhähne an allen Seiten, das ist cool. Hier würde ich gern ein paar Cents gegen Flüssiges eintauschen und mich unter eine Filmcrew mischen. Aber den kalten Gerstensaft muss ich mir wegen der ungetrübten Fahrbereitschaft verkneifen, fürs Essen kommen wir vielleicht noch einmal zurück und die Wirtin ist freundlich. Vor der Tür übrigens nur Staub, wie im Wilden Westen, sonst fast nichts.

Von den hier gedrehten Filmen ist vielen wahrscheinlich Mission Impossible 2 ein Begriff. Die Gegend rund um Silverton ist aber auch noch Drehort für Mad Max 2 gewesen. Dank des englischen Ehepaars Adrian und Linda Bennett können völlig durchgeknallte Fans von Mel Gibson ihre Sucht bis zum geht nicht mehr im Mad Max Museum befriedigen. Kurz vor Shut down öffne ich die Eingangstür und erstarre. Ein Typ mit Irokesenschnitt, etlichen Tattoos im Gesicht, angefressenem Vollbart und wasserblauen Augen schaut mich mit unbewegter Miene an. Der Raum ist klein und scheint keinen weiteren Ausgang zu haben. Rechts Plakate bis zur Decke und links eine verrostete Autotür. Der Mann sagt keinen Ton und mir fallen die einfachsten englischen Worte nicht mehr ein. Nach einigen Minuten des Schweigens gelingt es mir, eine Eintrittskarte zu kaufen und siehe da, die Autotür schwingt nach innen. Fotografieren ist nicht; eine halbe Stunde später bin ich wieder draußen und der Benzinkanister wird auf „Closed“ gedreht.

Ich kann nicht fassen, was ich gesehen habe, mir schwirren die Sinne. Ich habe viele, viele Fotos, lebensgroße Figuren in vollen Kostümen, Original- und Nachbauten von Fahrzeugen, originale Drehbücher und Devotionalien ohne Ende bewundern können. Ganz sicher, der Geist von Mad Max lebt hier weiter. Wer Fan dieser Filmreihe ist, muss hier rein. Unbedingt! Jetzt erst einmal tief durchatmen und etwas essen und trinken. Nicht weit weg, in Silverton ist alles in der Nähe, gibt es ein Restaurant, das mal Schafscherort gewesen ist: The Shearers Cook.

Ich kann mich erholen. Wir bestellen vegetarische Sandwiches und Chai Latte. Das Ambiente ist sehr gemütlich, ein totaler Gegensatz zu dem soeben Erlebten. Freundlich wie immer hier in Australien werden wir bedient. Wir verweilen fast ein Stunde und wollen gar nicht vor die Tür. Aber die Wirtin möchte schließen, also gehen wir. Zwei Programmpunkte warten noch auf uns. Das Museum der Stadt und der Friedhof.

Im Silverton Goal Historical Museum wird alles aufbewahrt, was irgendwann einmal Bedeutung für die Stadt hatte. Von Anstecknadeln bis Zinnbecher, von klein bis groß, von spannend bis langweilig, für jedes Interesse ist etwas da. Da das Haus mal ein Gefängnis war, sind die Zellenräume noch zu erkennen, auch der Freiganginnenhof. Seltsam sind die beiden Buchten mit den Plumpsklos.

Der Friedhof der Stadt liegt auf dem Weg zurück nach Broken Hill, etwas außerhalb. Vor dem Zugang gibt es ein Denkmal für die verstorbenen Bergarbeiter und deren Frauen.

Der Gottesacker ist geteilt in einen historischen Bereich und einen aktuellen. Wir interessieren uns natürlich nur für die älteren Grabstätten. Auffällig sind die vielen in jungen Jahren Verstorbenen. Auch Kinder und Frauen, nicht nur Männer. Fast alles sind Familiengräber und immer mit großen Steinen versehen. Endlich finden wir mal ein Grab, in dem keine so jung Gestorbenen liegen. Es ist die letzte Ruhestätte von Elisabeth Ann Bone und John Bone.

Der Tag war lang und doch ist er noch nicht zu Ende. Wir wollen noch zum Mundi Mundi Lookout, wo man bei klarem Wetter angeblich die Erdkrümmung sehen kann und die Sonnenuntergänge fantastisch sein sollen. Wir überqueren auf dem Weg kurzentschlossen die Grenze zwischen New South Wales und South Australia. Unmerklich selbstverständlich, kein Straßenschild weist darauf hin. Zum Fotografieren habe ich mein Spielzeug dabei: eine Glaskugel. Ich will sie heute mal ausprobieren. Noch ist die Sonne etwas über dem Horizont, ein guter Zeitpunkt.

Der Horizont ist gekrümmt, man sieht es nur nicht, aber wir können es uns vorstellen. Wir starren auf den Feuerball und zählen die Minuten. Unglaublich, wie schnell es plötzlich geht. Sofort wird es auch kalt. Tagsüber waren es 25 Grad und nun ziehen wir die Jacken an. Ein letzter Blick in die Ferne, dann steigen wir in den Camper.

Day Dream Mine

Mir war wirklich nicht klar, wie eng die Gänge in dieser Mine sind. Ohne Helm wäre ich nach wenigen Meter, stark am Schädel blutend, bewusstlos zusammengebrochen. Aber der Reihe nach. Wir sind 20 Kilometer von Broken Hill entfernt in einer ehemaligen Silbermine, die den Namen Day Dream deshalb trägt, weil er gewisser John Meech im Dezember 1881 nach einem Power Nap hochschreckend metallartiges Gestein hellblau, grün und gelb in der Sonne glänzen sah und fortan hier in der absoluten Einöde die Erde aufbuddelte.

Bevor es mit Mark einige Meter unter die Erde geht, genießen wir wunderbare Scones mit Sahne und Marmelade. Dazu gibt es ganz vernünftigen Kaffee aus Metallbechern.

Wir haben die Tour um halb zwölf gebucht und warten auf die Rückkehr der zehn Uhr Schicht. Ich stromere ein wenig durch die Gegend und frage mich, wie man hier eine Mine entdecken kann. John Meech konnte und förderte silberhaltiges Bleigestein an die Oberfläche. Respekt! Ich drehe mich zur Hütte um, in der wir uns angemeldet haben und wo es schottische Küchlein gab. Sie steht einsam und verlassen auf einem sandigen Hügel. Hier sagen sich noch nicht mal mehr die Dingos gute Nacht.

Lang währte der Silberabbau nicht. Der Bergbau begann 1882. Die Day Dream Silver Mining Company wurde 1885 an die Börse gebracht und der Bergbau zunächst nur bis etwa 1889 fortgesetzt. 1907 wurde sie verkauft, bis 1967 betrieb John Grose die Mine weiter und 1983 öffnete die Familie das Bergwerk für den Tourismus. Soweit die Fakten. Mark ist zurück, begrüßt uns herzlich und führt uns über das Gelände.

Unsere Gruppe ist nur klein, mit uns sechs Personen. Obwohl wir bereits online die Fragen beantwortet haben, möchte Mark sicherheitshalber noch einmal wissen, ob wir klaustrophobische Neigungen haben oder an Parkinson leiden. Da alle verneinen, gibt´s den Helm mit Lampe auf den Kopf und wir steigen ab.

„Der Punkt des Nichtzurückkommens ist wiederentdeckt worden!“ Witzig und was hat das mit den Nadeln auf sich? Darauf werden die Kerzen befestigt, antwortet Mark und verspricht, dass er uns noch zeigen wird, wie es gemacht wird. Es wird ernst, Dunkelheit, Staub und jede Menge Quetschen durch winzig kleine Räume erwarten uns.

Es ist ziemlich steil. Wir sollen rückwärts gehen, dann ist es einfacher. Und den Kopf einziehen. Ich mache mich klein, drehe mich um und knalle mit dem Helm voll gegen den Felsen. „Das reicht nicht, weiter runter“, sagt meine Frau, die hinter, respektive vor mir, die Steintreppe runtersteigt. Sie hat gut reden. Ich gehe fast bis in die Hocke und komme schließlich ohne Schaden unten an. Unten heißt in diesem Fall erste Ebene; insgesamt geht es bis 30 Meter tief unter der Erde.

Wir gehen oder besser stolpern weiter. Wie sehr ich mich auch bücke, rechts und links stoße ich dauernd an die Decke. Ohne Helm ginge es gar nicht, überhaupt nicht, nada. Dem einen auch recht großen Mann vor mir geht es ähnlich, die kleineren Frauen haben es da deutlich leichter.

Reisebericht Melbourne Adelaide Great Ocean Road Camper, Mann mit Helm

Als wir alle auf Level drei angekommen sind, stoppt Mark wieder und erzählt uns noch mehr vom Leben eines Bergmanns und auch von deren Söhne. Die sogenannten Pickey Boys, zwischen 13 und 15 Jahren alt, mussten das Erz mit den Händen aufnehmen, das heißt picken, und es in die Loren packen. Es gibt auch jede Menge Ausrüstungsgegenstände zu sehen, superspannend.

Unsere Gruppe bewegt sich in einem langsamen Tempo weiter. Gegen klaustrophobische Anwandlungen helfen Ablenkungen. Mark weiß das und unterbricht seine Tour regelmäßig. Er zeigt auch, wie die Spider funktionieren. Die Kerze kommt oben rauf und die Spitze wird entweder in einen Balken gehauen oder der Haken in ein Felsloch gehängt. Ein solides Gefühl dafür zu bekommen, wie früher in den Minen gearbeitet wurde, das ist Mark gelungen. Ich bin nach gut einer Stunde froh, wieder Richtung Ausgang aufsteigen zu können. Ich glaube, das geht allen so.

Verschwitzt und erlöst vom erstaunlich schweren Helm stehen wir wieder im gleißenden Sonnenlicht. Eine Frau meint, dass sie jetzt ihren Job noch mehr zu schätzen weiß. Alle nicken. Mark führt uns zu einem Metallhäuschen, wo wir die Helme deponieren. Anschließend sollen wir uns noch in der Hütte aus den Listen austragen. Diese Unterschrift dient auch der Bestätigung, dass nichts passiert ist und keine Ansprüche erhoben werden. Bei der Anmeldung hatte ich mich gar nicht groß umgesehen. Ich will das jetzt nachholen.

Ich bin gerade am Betrachten der alten Fotos über dem Kamin, als ich zur Eile gedrängt werde. Wir waren die letzte Tour, nach uns wird geschlossen. Auch gut. Ich bin sowieso mächtig beeindruckt.

Kangaroo Island

Bei dem Namen müsste hier doch eigentlich alles voller Kängurus sein; das ist aber nicht so oder sie verstecken sich zu gut. Was wir sehen, ist eine Traumbucht voller Sea Lions. Unser erster Stopp auf dieser Insel ist die Seal Bay.

Mauve ist unsere Aufpasserin. Sie geleitet uns bei dem geführten Besuch der Seals an der Südküste der drittgrößten Insel Australiens sicher über den Boardwalk hinunter zum Strand und erzählt viel Wissenswertes über die Seelöwen. Die Tiere liegen auch schon am Wegesrand hinunter zum Wasser in den Dünen rum und sollen möglichst nicht gestört werden, denn sie halten Siesta.

Rund 50 Prozent ihres Lebens verbringen die grauen Kuschelpelze an Land und schlafen, deshalb heißt dieses Gebiet auch Snooze Zone. Ab und zu bewegen sie sich aber und nehmen verschiedene Posen ein. Diese heißt wahrscheinlich: „Ich bin der Schönste im ganzen Land!“

Wir laufen am Strand lang und können die Tiere ganz aus der Nähe betrachten. Sie lassen sich nicht stören, sie sind die Besuche wohl gewöhnt. 45 Minuten dauert die Führung. Schließlich steigen wir die Holztreppe wieder hoch zurück zum Informationscenter. Ich schaue noch einmal zurück zu den fünf dicken Brüdern von der Southcoast.

An der Vivonne Bay halten wir ein zweites Mal, um einen Blick auf die Küste zu werfen. Boah, wie langweilig, schon wieder ein toller Anblick. Wir sind verwöhnt. Aber trotzdem, nicht übel, die Bucht.

Weiter geht´s, wir haben nur wenige Stunden Muße und die Entfernungen sind recht groß. An den Remarkable Rocks lassen wir uns dennoch etwas mehr Zeit. Sie sind einfach zu bemerkenswert, wie der Name schon sagt.

Schon von weitem machen sie mächtig was her. Beim Näherkommen und Erklettern der Felsen ist der Eindruck aber total überwältigend. Wie so oft auf dieser Reise kann ich nicht begreifen, wozu Mutter Natur fähig ist.

Ich muss euch einfach noch ein paar dieser absurden Formationen zeigen und eure Fantasie herausfordern.

Hier sehe ich oben den halb verwesten Schädel eines katzenartigen Tieres und darunter eine große Nase mit Höcker.

Ein weiterer Interpretationsversuch. Ich sehe einen halb zerstörten Helm eines Endzeitkriegers und ihr? Lustig ist der kleine Stein, der dem Helmträger gleich vom Kopf rollt. Genug der Spielerei, nur noch kurz mal beim Abstützen dieses Steins helfen.

Wir ziehen weiter, allerdings nur einige Kilometer zum südwestlichen Ende von Kangaroo Island. Fast jeder Leuchtturm ist ein Bild wert, auch dieser. Er steht am Cape du Couedic und wurde zwischen 1906 und 1909 gebaut. Und er ist besonders attraktiv, finde ich.

Die Zeit drängt, es ist fünf Uhr nachmittags. Um halb acht geht die Fähre und wir müssen quer durch die ganze Insel bis zum anderen Ende nach Penneshaw. Was lohnt sich also noch und ist zeitlich machbar. Hier in dieser Ecke liegt als sehenswert angepriesenes Touriobjekt The Admirals Arch, ein natürlicher Felsenbogen, der von dem Wellen geformt worden ist.

Das Steinensemble ist dekorativ zusammengestellt, auch die Farben sind stimmig. Bravo, oh Schöpfer aller Dinge, well done. Der Ausblick in die andere Richtung, ostwärts also, ist aber auch nicht von schlechten Eltern: schwarzgraue, schräg ins Wasser gelegte Felsen von weißer Gischt umspült, die in tiefblaues Meer ausläuft, phänomenal.

Es ist wieder so, dass ich nicht weiß, was ich noch alles auf der Speicherkarte festhalten soll. Doch der logistisch genau geplante Ablauf der nächsten Stunden zwingt mich zum Beenden der Session. Ein Glück! Passt aber auch, ein guter Abschluss.

Adelaide

Die blaublütige Adelheid von Sachsen-Meiningen war als Ehefrau von König Wilhelm IV. Namensgeberin dieser Stadt, die im Gegensatz zu einigen anderen Städten Australiens keine Sträflingskolonie war. Und sie gefällt uns. Keine Hochhäuser en masse, sondern nur wenige etwas höhere Gebäude, die sehr oft symbiotisch mit der alten Bausubstanz verschmelzen.

In der Nähe unseres Hotels, den Camper haben wir inzwischen abgegeben, gibt es auch die typischen Glasfassaden, aber weniger als erwartet. Sie machen uns nicht besonders an. Wir laufen lieber durch die Fußgängerzone und spiegeln uns hier.

Die elegante Adelaide Arcade ist ein wunderschönes und faszinierendes Beispiel für die lebendige Geschichte Südaustraliens, steht im Loose. Mal sehen, ob der große Beifall bei der Eröffnung im Dezember 1885 auch bei uns Nachhall findet.

Die kunstvollen Details und die architektonische Pracht sind auch heute noch schwer beeindruckend. In der Mitte in der Nähe des Eingangs gibt es polierte Holztische. Heute habe ich es irgendwie mit denen und wenn ich die Kamera darauf abstelle, entsteht ein Foto mit einer wunderbaren Spiegelung.

So wie dieses autofreie Areal für uns Pedestrians gestaltet ist, sollten Fußgängerzonen immer hergerichtet sein. Lebendig aufgelockert durch Kioske und Sitzgelegenheiten und ab und zu etwas Kunst wie diese Schweinerei.

Es geht auf den Abend zu. Wir schlendern die Waymouth Street runter und erfreuen uns an Illuminationen verschiedenster Art. So ist zum Beispiel die Townhall sehr ansprechend angestrahlt.

Am nächsten Tag sind wir in der North Terrace unterwegs und passieren die Art Gallery of South Australia, in der gerade Andy Warhol gehuldigt wird.

Ein begnadeter Fotokünstler, seinen Blick für das Wesentliche möchte ich haben. Die Ausstellung ist bestimmt interessant, aber der Sinn steht uns lieber auf Rumstromern in der freien Luft. Direkt hinter dem Unigelände liegt der River Torrens, zu dem gehen wir mal runter.

Wir haben Glück mit dem Wetter. Es ist zwar nicht besonders warm, aber die Sonne scheint und am Himmel zeigen sich nur zart aufgeplusterte Schäfchenwolken. Am Flussufer fällt mir ein ungewöhnliches Hochzeitspärchen auf. Sie mit einem rosenroten, mit Goldapplikationen verzierten, wunderschönen Kleid und er Prinz Harry mäßig akkurat angezogen, scheint es, als würden sie sich in das Flusswasser stürzen wollen. Ich will ihnen zurufen, dass es nichts bringt, der Fluss ist viel zu flach, da dreht sich die Braut mit böse funkelnden Blick zu mir um. Schnell packe ich die Kamera weg, doch ein Foto ist schon im Kasten.

Hier an der Wasserader von Adelaide stehen und schwimmen die Fotomotive zu Hauf in der Gegend rum. Zum Beispiel diese mal schwarzen, mal weißen Vögel, die auf den Papierboot ähnlichen Kunstwerken Lockerungsübungen für die Flugmuskulatur ausführen oder einfach nur chillen.

Gestern Vormittag waren wir übrigens noch auf den Adelaide Hills, von wo aus wir einen vortrefflichen Blick über die Skyline der Stadt bis zur Küste hatten. Sehr gut war zu erkennen, wie Downtown Adelaide, das Geschäftsviertel also, komplett von Grün umgeben ist. Es reiht sich ein Park an den anderen, die Innenstadt schwimmt wie eine Insel mitten in der Natur. Das macht auch die Orientierung recht einfach. Vorbildliche Stadtplanung!

Genaugenommen standen wir auf dem Gipfel des Mount Lofty, der sich mehr als 710 Meter über dem Meeresspiegel erhebt. Ein Steinhaufen diente hier ursprünglich als zentraler Bezugspunkt für Vermessungszwecke. Er wurde 1885 durch einen Turm ersetzt, der nicht nur besser zu erkennen ist, sondern wahrscheinlich auch viel besser aussieht.

Die ganze Fahrt über von Melbourne bis Adelaide haben wir immer mal wieder an eine Weinprobe gedacht. Doch die Gelegenheiten waren nicht günstig. Jetzt mach wir eine, drei Weingüter werden besucht. Chateau Yaldara ist das erste.

Es ist knapp nach elf Uhr und schon tropft der erste Chardonnay Pinot Noir ins Glas. Deliziös und vollmundig, ein wenig Pfirsich und trocken im Abgang. So kann es weiter gehen.

Geht es auch. Es dauert nicht lange und ich bin mir nicht mehr sicher, ob der Kronleuchter wackelt oder ich schwanke.

Zwischendurch legt unser Guide Stopps an verschiedenen Örtlichkeiten ein, gibt uns Gelegenheit zum Aussteigen, Durchlüften und Luftholen. So kommen wir einigermaßen klar im Kopf in den Saltram Vineyards an, unserem zweiter Stopp, wo wir ein sehr feines Mittagessen serviert bekommen, natürlich mit Weinbegleitung.

Nach der Nahrungsaufnahme bleibt Zeit zum Auskundschaften des Weingutes. Das erste war gediegener in antiken Gebäuden, dieses scheint neuer, moderner zu sein. Ich täusche mich aber gewaltig, als ich mir das Weingutwerbebanner anschaue: gegründet 1859.

Die Fahrt zum letzten Weintasting dauert etwas, die Lider werden schwer, ich döse ein. Liebliche Bilder von Weinreben im sanften Sonnenlicht mit saftig grünen Blättern und festen blauen Trauben wabern durch mein Hirn.

Die sonore Stimme unseres Guides Brian weckt mich. Wir sind in den Rosenvale Vineyards angekommen. Zur Begrüßung gibt es noch auf der Wiese vor dem Präsentationsräumen einen herrlich prickelnden Sémillon. Meine Zunge ist leicht und Englisch zu sprechen geht wie von selbst. Da kann ich mich doch auch auf eine Diskussion mit Greg einlassen.

Der ist nett und verzeiht dem German Guy die Fehler. Es trinkt und plaudert sich herrlich entspannt. Dieses Weingut ist tatsächlich nur mittelalt, gegründet 1935 von der deutschen Familie Rosenzweig, daher auch der Name des Weingutes. Unser Guide Brian hatte prognostiziert, dass wir full up sein werden nach der letzten Testung. Er hatte so Recht.

Reisebericht Melbourne Adelaide Great Ocean Road Camper, Mann mit Glas vor Weinflaschen

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Die Tour ist zu Ende. Ich danke den geduldigen Lesern und Leserinnen, dass sie mir bis hierhin gefolgt sind. Vor der Fahrt mit dem Camper hier im Süden Australiens waren wir bereits mit dem Wohnmobil an der Ostküste unterwegs. Außerdem gibt es noch die Städtetouren durch Sydney und Melbourne zum Nachlesen.

Alice Springs und die Nationalparks

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Lookout Melbourne

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