Hallo

DSCF2003.JPG

Herzlich willkommen auf unserer Magazin-Seite.

Wir wollen unterhalten und informieren.

Viel Spaß

Mexiko auf eigene Faust - Ein Gastbeitrag von Marieke

Mexiko auf eigene Faust - Ein Gastbeitrag von Marieke

Liebe grad60-Leserinnen und -Leser, klar wissen wir, dass wir auch viele deutlich jüngere Leserinnen und Leser auf unserer Seite haben. Besonders begeistert sind wir, wenn sie auch noch Lust haben, sich aktiv hier zu beteiligen. So freuen wir uns riesig über den Mexiko-Rückblick von Marieke. Nicht nur wegen ihres jungen Alters, sondern weil er so spannend geschrieben ist. Für unserer Serie Corona und Urlaub ist er zu lang und bekommt daher einen eigenen Blog-Beitrag als Fortsetzungsgeschichte über Träumen vom Reisen. 

>Hier< geht es zum neuesten Beitrag

1. Mexikoträume unter’m Bett entdeckt

Mexiko auf eigene Faust Marieke am Strand Titel.jpg

Kurz vor dem Jahresende überkommt mich immer wieder aufs Neue das Bedürfnis, alles möglichst ordentlich für den Start ins neue Jahr vorzubereiten: nicht nur die Küchenschränke und das Chaos unter dem Bett, sondern auch das Leben so generell, wobei es trotzdem meistens mit dem Chaos unter dem Bett beginnt.

Dieses Jahr erwarten mich dort mehr Staubflusen als sonst, denn die Reisetasche habe ich das letzte Mal im Februar gebraucht und auch die Sommerklamotten sind schon seit Monaten verstaubt. Ein wenig wehmütig wische ich den Staub von der Kiste mit den Wanderschuhen und klopfe den Beutel mit kurzen Hosen und Tops aus. Vor ziemlich genau einem Jahr ging der letzte große Trip zu Ende. Die Erinnerungen sind teilweise so klar, als wäre ich gestern erst aus dem Flugzeug gestiegen und einige verschwimmen im Dunst aus ewigen Busfahrten und glitzernden Sonnenuntergängen. Obwohl die ersten Tage dem Jetlag und den surrealen Bemühungen des Ankommens gewidmet waren, kann ich mich teilweise an winzige Details erinnern. Vielleicht, weil sie mich durch die letzten Monate getragen haben, in denen das Reisen so fern schien wie Mexico normalerweise. 

Mexiko auf eigene Faust Marieke.jpg

2. Mexiko – aller Anfang ist schwer

16 Stunden Reisezeit und anderthalb Stunden in der Passkontrolle später, schlägt uns heiße, schwüle Luft entgegen. Salsatöne schweben von der Flughafen Bar herüber. Die Cocktails gibt es zu horrenden Preisen, bei denen das gute alte Que Pasa in Schöneberg die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würde. Flughafen bleibt eben Flughafen. Noch eine Dreiviertelstunde im Bus und einen halbe Stunde Fußmarsch später, begleitet von Hundegekläff und Hupen, stehen wir vor dem Hotel. Es ist weniger zentral als erwartet und sieht dafür aber wenigstens extrem geschlossen aus - klasse. Nachdem uns ein freundlicher Nachbar beim Klopfen, Rufen und Rütteln an der rostigen Tür geholfen hat, geben wir uns geschlagen und laufen zum nächsten Hotel, eine Ecke weiter. Uns erwartet ein grüner Innenhof mit Pool, bunte Wände und ein freundlicher Rezeptionist, der uns in ein Zimmer führt.

Mexiko auf eigene Faust Hotel bunt.jpg

Ob das okay ist, fragt uns der Typ. Ich sehe ein Bett und damit sind meine Ansprüche auch schon gedeckt. Mehr als das, ich fühle mich wie im siebten Himmel. Beim Gang in die Dusche lässt die erste Euphorie nach. Der Wasserdruck ist so niedrig, dass ich das Gefühl habe, der Schweiß läuft schneller als das Wasser. Das mit dem Schweiß legt sich recht schnell, weil das Wasser nur eiskalt ist. Fröstelnd und müde komme ich aus der Dusche und realisiere, in was für einer Absteige wir gelandet sind. Das Gesundheitsamt hätte den Laden hier vermutlich direkt mit einem Absperrband dicht gemacht. Es riecht nach Schimmel und die Putzfrau putzt offensichtlich so frequentiert und motiviert wie ich (nämlich wie oben erwähnt: besonders gründlich nur einmal im Jahr). Immerhin scheint das Zimmer bei allerlei Krabbeltierchen ein beliebtes Reiseziel zu sein. Nicht zu vergessen, dass das Zimmer doppelt so viel kostet, wie das eigentlich reservierte Zimmer, also alles super. Wir sind beide zu müde, um uns ernsthaft aufzuregen. 

Mexiko auf eigene Faust Pool Cancun.jpg

Zum Abendessen suchen wir uns einen Tacostand auf der Straße, der ganz nett aussieht. Leicht problematisch ist die Sprachbarriere, weil Stefan und ich (zusammen) ungefähr 15 Wörter Spanisch beherrschen und die zwei 15-jährigen Standinhaber offensichtlich kein einziges auf Englisch zustande bringen. Als wir nach etwas ‚sin carne‘ fragen, nicken beide begeistert und rufen ‚Sí, Carne!!‘. Ich freunde mich innerlich schon mal mit dem Gedanken an, dass ich hier nicht nur nicht vegan essen werde, sondern dass sogar vegetarisch eine echte Hürde werden könnte.

Mexiko auf eigene Faust Speisekarte.jpg

Wir laufen an einer großen, nicht besonders touristischen Straße entlang. Die Schilder in den Geschäften sind nur auf Spanisch und auch die Leute sehen einheimisch aus. Aus jedem Geschäft dröhnt laute Musik im Remix. Ein Remix bedeutet in diesem Fall nicht das was David Guetta macht, sondern: alle Boxen aus den verschiedenen Geschäften versuchen sich gegenseitig zu übertönen und die Musik ist irgendwie unfreiwillig ein Remix. Wir reden nicht besonders viel, halten uns nur an den Händen und taumeln völlig übermüdet durch die Straße. Es fühlt sich alles noch sehr unecht an. Der Geruch in der Straße, die Wärme und die Lichter, gemischt mit dem latenten Bauchkribbeln und der Vorfreude auf drei Wochen Urlaub, unterwegs sein und entdecken. Noch nichts davon ist greifbar.

Mexiko auf eigene Faust Restaurant.jpg

In einem Hinterhof finden wir ein Restaurant, das irgendwie nett aussieht und in dem es wahnsinnig gut riecht. Wir bestellen zwei Gerichte, die sich vegetarisch anhören und immerhin ein Gericht stellt sich dabei als tatsächlich fleischlos heraus. Ich glaube, ich habe noch nie so gemütlich in kaltem Neonlicht gegessen, ganz ohne Ironie. Eine Jukebox spielt dröhnend laut Musik, die Luft ist warm und die Kellnerin bemüht sich rührend darum, besonders verständliches Spanisch zu sprechen. Uns fällt auf, dass wir wirklich peinlich wenig Spanisch können, um nicht zu sagen: gar nichts. Ein bisschen kann man aus dem Italienischen und Französischen ableiten, aber hauptsächlich fühle ich mich sehr verloren in der Sprache. Auch ob man Trinkgeld gibt, weiß ich nicht und ich fühle mich plötzlich unangenehm schlecht vorbereitet.

Mexiko auf eigene Faust Essen 1.jpg

Wir beschließen im Hotel die wichtigsten Dinge zu googlen, nur um festzustellen, dass das W-Lan natürlich nicht funktioniert, aber das macht jetzt auch nichts mehr. Todmüde machen wir uns bettfertig. Als ich auf die Toilette gehen will und merke, dass wir nicht mal einen Toilettensitz haben, kann ich nicht anders als loszulachen. Ich beschließe zum ersten Mal in meinem Leben eine Hotelrezension zu schreiben. Um viertel nach zehn sind wir exakt 24 Stunden wach und liegen im Bett und nicht mal der aufblitzende Gedanke an Bettwanzen könnte mich vom Schlafen abhalten.

Kommentare:

  • Ein sehr lebendiger Reisebericht! Ich konnte beim Lesen direkt mitfühlen und mitriechen! Bin schon gespannt auf die Fortsetzung... Gruß Petra

    • Ja, das finden wir von grad60.com auch. Wir geben das Lob gerne weiter!

3. Fiesta statt Siesta

Mexiko auf eigene Faust- Strand Playa del Carmen Titel.jpg

Um kurz vor Fünf bin ich hellwach, obwohl meine Gliedmaßen immer noch vor Erschöpfung schreien. Der Rest der Nacht besteht aus mehr oder weniger erholsamem Dösen. Früh morgens geht’s weiter. Wir schleppen unser Gepäck, den Jetlag und einen riesigen Obstbecher zum Busbahnhof und planen unsere ungefähre Route für die nächsten Wochen. Der nächste Stopp ist nur eine Stunde und vier Euro entfernt: Playa del Carmen. Die Stadt wirkt ein wenig freundlicher als Cancún, was eventuell daran liegt, dass die Sonne scheint.

Mexiko auf eigene Faust- Strand Playa del Carmen Tortilleria.jpg

Sehr viel deutlicher weiß ich dafür, weshalb unser neues Hotel schöner als das vorige ist: begrünter Innenhof, plätschernder Wasserfall in einen sauberen Pool, ein riesiges Bett mit schneeweißen Laken und die Toilette besticht sogar mit einer Klobrille. Im Zimmer hält uns trotzdem nichts. Fünf Minuten nach dem Check-in gehen wir strand- und badefertig wieder los.

Mexiko auf eigene Faust- Weg zum Strand Playa del Carmen.jpg

Wenig später knirscht weißer Sand unter unseren Fußsohlen und unter den Militärstiefeln der Männer vor uns. Alle drei tragen helle Camouflageanzüge und riesige Waffen. Die Selbstverständlichkeit, mit der sie die Sandburgen und Luftmatratzen umgehen, ist fast so surreal wie die Maschinengewehre, die trotzdem die friedliche Urlaubsstimmung irgendwie kein bisschen trüben. Die Farbe des Wassers ist atemberaubend. Warmes Türkis wäscht mir die Reisemüdigkeit vom Körper und ich lasse mich überglücklich in die glühende Umarmung der Mittagssonne sinken.

Mexiko auf eigene Faust- Palmenstrand.jpg

Bei einem Spaziergang durch die Stadt stellen wir fest, dass sich hier der 08/15-Mallorca-Tourist wahrscheinlich sehr wohl fühlen würde. Gigantische Souvenirläden, überteuerte Boutiquen, Bars und Restaurants säumen den Rand der Fußgängerzone.

Mexiko auf eigene Faust-Fußgängerzone Playa del Carmen.jpg

Alle drei Meter verspricht uns ein Ausflugsverkäufer den besten Discount der Stadt: „Nur heute und nur für euch“. Es dauert nur zwei Minuten bis wir ein lächelndes „No, Gracias“ reflexartig auf jeden sich nähernden Menschen feuern und irgendwann leicht entnervt in eine Seitenstraße abbiegen, die weg vom Wasser und den Touristenfallen führt. Oberirdische Leitungen und Palmen durchbrechen das tiefe Blau des Himmels und die gut besuchten Tacostände am Straßenrand erfüllen die Luft mit Gelächter und dem Geruch nach Grill.

Mexiko auf eigene Faust-Marieke läuft unter Stromleitungen und blauem Himmel.jpg

Männer auf Plastikstühlen nicken uns freundlich zu. Die Vermeidung von Plastik scheint hier übrigens kein Thema zu sein, denn alles ist in Plastik verpackt. Die Frage, ob man Essen und Trinken vor Ort oder zum Mitnehmen haben möchte, wird offensichtlich aus reinem Interesse gefragt. Der Eiskaffee landet in beiden Fällen in einem Plastikbecher mit Deckel, der zusammen mit einem Strohhalm in einer Tüte über den Tresen gereicht wird. Um den Abwasch zu vermeiden, werden sogar die Plastikteller mit einer Plastiktüte überzogen.

Am frühen Nachmittag holt uns der Jetlag ein und die gelaufenen Kilometer in der Hitze machen sich bemerkbar. Wir versuchen beides mit einer kalten Dusche im Hotel und einem Bier am Strand zu bekämpfen. Meine Wangen glühen mit der Abendsonne um die Wette und die Musik aus einer Bar in der Nähe untermalt die filmreife Kulisse des Strandes. Stefan sieht das auch so.

Mexiko auf eigene Faust- Strand Playa del Carmen Stefan.jpg

Das Abendessen etwas später findet wieder im Neonlicht zwischen einer lärmenden Menge Spanisch sprechender Menschen statt. Todmüde schleppen wir uns danach auf die Partymeile, um in der Reizüberflutung wenigstens noch etwas zu trinken und uns wach zu halten. Es wird später, die Musik wird lauter, die Läden werden voller und die Menschen auch. Auf dem Heimweg verlaufen wir uns. Wir stehen auf einer Kreuzung, die an allen vier Ecken einen Club hat, was uns die Art Remix von gestern beschert - nur ungefähr 1000 Dezibel lauter. Eine böse Vorahnung macht sich breit, als wir feststellen, dass wir schon in unserer Straße stehen und wird noch düsterer, als wir kaum zwanzig Meter entfernt der Kreuzung das Schild unseres Hotels entdecken. In unserem Zimmer fühlt es sich an, als wären wir auf der Party. Um genau zu sein, sogar auf allen vier Partys. Völlig fertig schlafe ich trotzdem innerhalb von Sekunden ein. Als mich allerdings gegen vier der Jetlag weckt und die Bässe immer noch die Wände zum Wackeln bringen, ist an Schlaf nicht mehr zu denken.

Bei dem spartanischen Frühstück am nächsten Morgen werden die Mücken von uns satter als wir von Toast und Cornflakes. Wir packen zusammen und machen uns auf dem Weg zum Busbahnhof. Es ist brüllend heiß und am Busbahnhof angekommen, stellen wir fest, dass es zwei davon gibt – wir sind natürlich am falschen. Nach einem weiteren schweißtreibenden Marsch sitzen wir Bus nach Tulum.

Mexiko auf eigene Faust- Karte Buslinien.jpg

Kommentare:

  • Super schön erzählt! Beim Anblick des Strandes kann man schon neidisch werden... 😉 Grüße Petra

  • Bin schon gespannt, wie es weitergeht! Nachricht von Kyra

Neu

4. Von Playa nach Tulum

Der Reisebus zwängt sich durch winzige Straßen. Staubige Hinterhöfe sind von bröckligen Mauern umgeben. Eine Frau macht ihre Wäsche per Hand in einem Steintrog, während ein kleiner Junge mit einem Eimer Wasser danebensteht und immer wieder etwas nachkippt. Ein schmerzhafter Kontrast zu der protzigen, blinkenden Partymeile in Playa del Carmen.

Unser Hostel liegt ein wenig außerhalb von Tulum und wir laufen zu Fuß. Die asphaltierte Straße hört irgendwann einfach auf und ein steiniger Weg führt durch eine Art Dschungeldorf. Es sieht aus, als wäre diese Straße gerade erst durch den Wald geschneist worden. Zwischen dem dichten Grün stehen Häuser, die man kaum so nennen mag.

Mexiko auf eigene Faust Haus.jpg

Die Wände bestehen aus zusammengebundenen Ästen, die Dächer aus losem Bast. Es sieht kindlich improvisiert aus. Im Straßengraben vergessene Dinge haben hier ihre Berufung in einer zusammengewürfelten Komposition gefunden. Bunt, kreativ und vermutlich aus der Not heraus. Mein Rollkoffer rumpelt plump über die Steine, sichtbar fehl am Platz. Ein Hahn überquert vor uns die Straße. Wie aus dem Nichts sehen wir plötzlich unser Hostel. Groß, steril, verglast und so gar nicht Mexiko. Das macht es allerdings nicht weniger schön: eine großzügige Terrasse mit Palmen, Lichterketten, ein Pool, Musik und Bar.

Mexiko auf eigene Faust Hostel Tulum.jpeg

Zum Mittagessen (Tacos natürlich) laufen wir wieder in die Stadt. Wir mieten uns Fahrräder und machen uns auf den Weg zum Strand. Tulum ist in Tulum City und Tulum Strand zweigeteilt, die ein ganzes Stück auseinander liegen. Bisher hat uns die Stadt nicht annähernd so gut gefallen, wie von zahlreichen Bloggern und Influencern beschrieben.

Der Strand ist zwar schön, aber nicht unbedingt schöner als in Playa del Carmen und vor allem nur zugänglich über Cafés oder Hotels, die entsprechend teuer sind. Dafür ist die Straßenmalerei bemerkenswert. Teilweise sind ganze Hauswände mit einem einzigen Bild bedeckt.

Mexiko auf eigene Faust Streetart.jpg

Die Fahrradtour ist mühsam, weil Fahrräder für fünf Euro am Tag sich eben auch so fahren. Außerdem kämpfen wir in der anbrechenden Dunkelheit mit Gegenwind. Auf dem Weg in die Stadt verfahren wir uns und landen so in einer Querstraße mit zahlreichen Foodtrucks. Es darf geraten werden, was wir gegessen haben. Mein persönliches Highlight: über die Teller werden Plastiktüten gezogen. Statt abzuwaschen kann einfach eine neue Tüte darüber gezogen werden. Okay, es ist nur ein Straßenstand, aber irgendwie ist es eben auch gar nicht okay.

Zurück im Hostel wird mir direkt wieder bewusst, weshalb Hostels günstiger und oft unbeliebt sind. Man teilt sein Zimmer eben mit anderen. Das bedeutet im heutigen Fall Türenknallen, Strobopop mit der Deckenlampe und lautstarke Gespräche zu nachtschlafender Zeit. Es gibt natürlich auch rücksichtsvolle Menschen. Aber wenn man zu zwölft in einem Raum schläft, ist die Wahrscheinlichkeit, dass unterschiedliche Schlafrhythmen und Lautstärkeempfinden aufeinandertreffen, relativ groß.

Fortsetzung folgt …

Radtour nach Jüterbog

Radtour nach Jüterbog

Erikas Gourmet-Menüs to go

Erikas Gourmet-Menüs to go