Hallo

DSCF2003.JPG

Herzlich willkommen auf unserer Magazin-Seite.

Wir wollen unterhalten und informieren.

Viel Spaß

Reisebericht Kanada im Wohnmobil

Reisebericht Kanada im Wohnmobil

Im Juni 2022 haben meine Frau und ich eine gut dreiwöchige Camper-Tour durch einen kleinen Teil von Kanada unternommen: Vancouver Island, Britisch Columbia und Alberta. Wir haben Land und Leute schätzen gelernt, aber doch nur an der Oberfläche gekratzt. Ein riesiges Land, für das man Jahre, wenn nicht sogar ein ganzes Leben bräuchte, um es in Gänze zu erfassen. Als ich vor der Landkarte stand, dachte ich mir, was soll´s, dann kommen wir halt irgendwann wieder.

Zu den einzelnen Teilen des Berichtes kommt ihr durch Anklicken des Namens:

_____

Vancouver

Reisebericht Kanada Wohnmobil Skyline Vancouver

Vancouver kann man bequem mit Bus und Bahn erkunden. Die Stadt eignet sich auch sehr gut zum Radfahren; aber Achtung, es herrscht Helmpflicht. Wir nehmen den „Hop-On, Hop-Off“ Bus der GrayLine. Dies ist nicht die schlechteste Idee; er fährt alle wichtigen Punkte an.

Kanada Reisebericht Camper, Hop on Hop off Bus

Da unser Hotel in der Nähe der Halbinsel Granville Island ist, wollen wir an der Station Nummer acht in den Bus steigen. Auf dem Weg dorthin kommen wir an vielen kleinen, sehr gepflegten Häusern vorbei. Typisch für die Vorgärten ist der rote Fächerahorn. In der Nähe der Bushaltestelle leuchtet uns ein prachtvolles Exemplar tiefrot entgegen.

Kanada Reisebericht Camper, roter Fächerahorn in Kanada

Über die Granville Bridge gelangen wir ins Zentrum, nach Downtown. Vancouver heißt nicht umsonst auch „Glass-City“. Die Häuser sind nicht so hoch wie in New York, aber doch beeindruckend.  

Kanada Reisebericht Camper, Glass-City Hochhäuser

Wir lassen die nächsten drei Stationen vorbeiziehen und verlassen den Bus an der Nummer zwölf. Unsere Miss Busdriver preist das Parq Casino an. Wir könnten doch ein paar Dollar investieren, meint sie. Lustig, die Frau und kräftig. Der ehemalige und schon recht betagte Schoolbus scheint aber auch eine kraftvolle Bedienung zu verlangen.                                            

Kanada Reisebericht Camper, Busdriverin

Das Casino und das BC Place Stadium interessieren uns nicht so sehr. Wir gehen stattdessen über den Platz der Nationen entlang des False Creek Ufers zum Creekside Park und werfen einen Blick auf die geodätische Kuppel der Science World.

Kanada Reisebericht Camper, Science World Kuppel

Das Museum mit interaktiven Wissenschaftsexponaten und Filmen ist jedoch nicht unser Ziel - es ist eher etwas für Kinder und Jugendliche. Wir wollen durch kleinere Nebenstraßen nach China-Town kommen.

Kanada Reisebericht Camper, Chinatown, Drachen, Lampions

Unsere Erwartungen werden etwas enttäuscht. Es ist bei weitem nicht so spektakulär und groß wie es der „Lonely Planet“ anpreist. Spaß haben wir dafür an den kleinen Drachen, die überall auf den Laternen sitzen.

Kanada Reisebericht Camper, chinesische Drachen auf Laternen

Die Mainstreet führt uns zum Waterfront-Viertel. Hier gefällt es uns deutlich besser. Ruhige, breite Straßen, alte Häuser und eine dampfbetriebene Uhr, die Gastown Steam Clock. Diese Dampf-Uhr von Raymond Saunders wurde 1977 hier aufgestellt, um ein Gitter des Vancouver Dampfheizsystem abzudecken. Ursprünglich wurde die Uhr auch tatsächlich von einem Dampfmotor betrieben. Da es aber unmöglich war, mit diesem Motor die genaue Zeit zu halten, wird die Uhr seit 1986 von einem Elektromotor angetrieben. Der austretende Wasserdampf dient nur noch als Showeffekt.

Kanada Reisebericht Camper, Dampfuhr

In der Old Spaghetti Factory essen wir – na klar, der Name sagt es schon – eine Portion Spaghetti. Die familienfreundliche Restaurantkette im Stil der Jahrhundertwende bietet traditionelle italienische Küche. Sehr zu empfehlen und nicht allzu teuer.

Kanada Reisebericht Camper, Spaghetti und Weißweinglas

An der Waterstreet gibt es die Haltestellen fünfzehn und sechszehn, die letzten beiden der Route, dann geht es wieder von vorn los mit der Nummer eins an der Metro Station, gleich neben dem Canada Place Ship Terminal. Hier legen die Kreuzfahrtschiffe direkt am Platz an, sehr nahe an der Straße. Wir können dem Steuermann direkt auf die Finger schauen, das ist beeindruckend. Wenn ich daran denke, wie weit sonst die Cruise-Terminals von der Innenstadt entfernt sind, toll!

Kanada Reisebericht Camper, Kreuzfahrtschiff im Hafen von Vancouver

Wir steigen wieder in der Bus ein. Ein schlaksiger, in Ehren ergrauter Rentner, der offensichtlich sein Ruhegehalt mit Busfahren aufstockt, begrüßt uns freundlich. Und kaum fahren wir los, schaltet es die Bandansage der Sightseeing-Maid ab und beginnt mit eigenen Kommentaren. Nicht gut. Das Mikro ist übersteuert, er hat eine Maske auf und spricht viel zu schnell, für uns jedenfalls. Er typischer Fall von verschlimmbessert. Wir verlassen den Bus im Stanley Park, Station Nummer fünf.

Kanada Reisebericht Camper, Stanley Park, Brunnen

Der erste Eindruck: Wir haben uns verlaufen und sind irgendwo im bayrischen Voralpenland vor einem idyllischen Bauerhaus gelandet. Es fehlen nur noch die rote Geranien. Hier waren offensichtlich Kopisten am Werk. Wir schlendern durch den Park. Schön angelegte Beete, riesige Blumenfelder und viele alte Bäume.

Kanada Reisebericht Camper, Stanley Parl, alter Baum

Es schließt sich ein Waldstück an, durch den man vorbei am Beaver Lake bis zur Lions Gate Bridge gelangen kann. Der Stanley Park ist mit 404,9 Hektar der größte Stadtpark Kanadas und zu Fuß braucht man dafür mindestens einen ganzen Tag.

Kanada Reisebericht Camper, Waldweg im Stanley Park

Mit dem Fahrrad wäre es jetzt ideal. Vor der Parkeinfahrt in der Georgia Street hätten wir welche mieten können, einschließlich Helm. Trotzdem hätten wir für den gesamten Park zu viel Zeit gebraucht. Oder man bucht eine Kutschfahrt. Aber das wollen wir nicht, die Pferde tun uns leid. Und diese Tour ist mit 50 CAD auch nicht gerade umsonst. Wir haben genug gesehen, steigen nach gut zwei Stunden wieder in den Bus und fahren zurück in die City. In der Burrard Street, Haltestelle Nummer sechs, steigen wir schon wieder aus. Sofort fallen mir zwei Polizeimotorräder auf. Warum wohl, na? Richtig, es sind Harleys. Gute Wahl, Jungs!

Kanada Reisebericht Camper, Polizeimotorräder, Harley Davidson

Wir sind wieder in Vancouver Downtown. Hier tobt das Leben. Es ist voll auf den Straßen. Eines fällt uns besonders auf: Unglaublich viele asiatisch aussehende Menschen sind unterwegs. Kanada war und ist halt ein Einwanderungsland und viele Arbeitskräfte kamen zur Gründerzeit und kommen jetzt immer noch aus China, Thailand, Philippinen, Korea und Japan. Aber der Eindruck täuscht auch ein wenig, denn die Nachfahren der indigen Bevölkerung sehen auch so aus. Wir wühlen uns durch die Massen. Am Robson Square sind wir plötzlich mittendrin in einer Feier.

Kanada Reisebericht Camper, asiatische Frau mit Krone in Vancouver

Das Trinken und Mitführen von Alkohol in der Öffentlichkeit sind in Kanada übrigens verboten. Auch Rauchen ist so gut wie überall nicht erlaubt. Auf den Straßen dürfte man, aber wir sehen selten jemanden qualmen. Jedenfalls keine Zigaretten, sondern eher Joints. Denn Kiffen ist in Kanada erlaubt. Cannabis darf in Kanada seit 2018 legal verkauft und konsumiert werden.

Kanada Reisebericht Camper, Cannabis Shop Vancouver

Rechts und links strömen die Menschenmassen irgendwo hin. Und alle sind gut drauf, ganz sicher nicht nur vom Cannabiskonsum. Freundlich mit einem offenen Blick und total hilfsbereit. Kaum falten wir unseren kleinen Stadtplan von Vancouver auf, schon fragt uns nach wenigen Sekunden jemand, ob wir Hilfe brauchen. Es ist ein durch und durch sympathisches Volk und nicht nur ein Klischee.

Kanada Reisebericht Camper, Motorradtyp Vancouver

Den Weg zurück ins Hotel gehen wir zu Fuß und machen Halt auf dem Granville Island. Der Weg dorthin führt aber über den False Creek. Wir nehmen den Aquabus.

Kanada Reisebericht Camper, Aquabus Vancouver

Die junge Frau, die uns die Tickets verkauft, ist nicht nur total nett, sondern sieht auch echt cool aus. Ich sage nur: „I put a spell on you!” Sie hat mich ein bisschen verzaubert.

Kanada Reisebericht Camper, Frau in Vancouver

Wieder an Land, jenseits des False Creek, der so heißt, weil er kein Fluss, sondern nur eine langgezogene Bucht ist, stärken wir uns in der Markthalle. An den Ständen liegen Berge von Fisch, Fleisch, Gemüse, Obst und der „Duft“ von Käse zieht zu uns herüber. Wir bleiben aber jetzt am Nachmittag beim Kuchen und einer Tasse Kaffee.

Kanada Reisebericht Camper, Mann Kaffee trinkend

Ich kann unbedingt empfehlen, auf der Halbinsel Granville Island zu verweilen. Der öffentlichen Markt, der Yachthafen, die Arts Club Theatre Company und das Carousel Theatre sowie viele hübsch gemachte Geschäfte erzeugen eine tolle Atmosphäre. Und mitten drin der eine oder andere Künstler.

Kanada Reisebericht Camper, Mann Gitarre spielend

Vancouver hieß früher Granville und diese Halbinsel war nur eine Sandbank. Über den False Creek führte eine klapprige Holzbrücke. Den indigenen Squamish diente die Gegend als Fischereigebiet. Später war es ein reines Industriegebiet; zum Teil ist das auch heute noch so, wie die lustig bemalten Zementsilos zeigen.

Kanada Reisebericht Camper, Zementsilos, bunt benalt, Vancouver

Der Tag neigt sich dem Ende zu. Wir haben viel gesehen, aber auch einiges außen vor gelassen. Die Auswahl ist nicht so leicht. Die Orientierung an den Stationen „Hop-On, Hop-Off“ der GrayLine ist eine gute Hilfe. Insgesamt sollte man sich aber mindestens drei Tag Zeit lassen für dieser fantastische Stadt. Uns zwingt jetzt der Jetlag recht zeitig ins Bett. Aber ein Cyder im Rogue am West Broadway ist noch drin.

Kanada Reisebericht Camper, Cider im Glas Vancouver

_____

Vancouver Island

Übernahme Camper

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island

Um 09:00 Uhr sollten wir unseren Deluxe Van Camper der Marke Ford Transit bei der Firma CanaDream hier in Delta im Regionaldistrikt Vancouver übernehmen. Jetzt ist es High Noon und wir warten immer noch. Die Ursache ist schnell erklärt: Der Vormieter hatte die Frontscheibe gecrasht und die muss erst einmal getauscht werden. Das dauert halt. Aber gegen halb eins ist unser Camper da und wir steigen ein in unser Zuhause für die nächsten 18 Nächte.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island

Das Fahrzeug ist fast neu und hat nur 11.000 Kilometer runter. Die Ausstattung ist sehr reichhaltig; nur um ein paar Besonderheiten zu nennen: Rückfahrkamera mit Erfassung des Querverkehrs, Außenspiegel mit „Toter Winkel“ Warnsystem, Spurhalteassistent, Tempomat mit Abstandshalter, Notbremsunterstützung. Die technischen Details für den Campingbetrieb sind ebenfalls beeindruckend; das hier alles aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen, mehr davon am Ende des Berichtes. Aber auf das Bad gehe ich mal kurz ein.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island

Hinter einer Flügeltür auf der Fahrerseite des Wohnmobils befinden sich Toilette, Waschbecken und Dusche. Klein, aber funktional. Die Wasserver- und -entsorgung wird über verschiedene Tanks geregelt. Der Blackwatertank ist für das Toilettenabwasser, der Greywatertank für das Spül- und Duschwasser. Das Frischwasser kommt aus dem entsprechenden Tank und sollte regelmäßig aufgefüllt werden. Genauso müssen die Abwassertanks je nach Nutzungsintensität geleert werden. Aber das wissen wir ja alles schon; schließend haben wir uns vorher noch zu Hause diverse Videos ansehen müssen (verlangt der Vermieter, mit Recht!). An einem Display über der Schiebetür sind übrigens alle Verbrauchsstände abzulesen, auch der Füllstand des Propangastanks und der Stand der zwei Batteriesysteme.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island

Schließlich sind wir durch mit allem; die Sachen sind verstaut und der Übernahmecheck abgeschlossen. Wir können los. Alles ziemlich aufregend, schließlich sind wir Neulinge in der Welt der Camper.

Fähre

Von CanaDream fahren wir schnurstracks zum BC Ferries Tsawwassen Terminal. Die Strecke ist kurz, nur ein paar Kilometer, denn die Fährstation ist ebenfalls in Delta. Die Abfertigung ist easy, keine Reservierung, keine Tickets vorher kaufen, einfach nur an die einer Mautstation ähnlichen Einfahrt ranfahren und abwarten. Nach der Beantwortung aller Fragen zum Fahrzeug und zur Personenanzahl löhnen wir 160 CAD, bekommen unsere Tickets und die Lane 22 genannt, wo wir uns anstellen sollen. Und nicht vergessen: Gasanlage schließen und verplomben. Nach gut 30 Minuten sind wir im Bauch der Fähre angelangt.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island

Die Fahrt zur Swartz Bay auf Vancouver Island dauert rund anderthalb Stunden, die wir sehr entspannt an Deck verbringen. Es ist windig und kühl. Gut, dass ich eine Kapuze habe. Aber die Sonne scheint mir wärmend ins Gesicht. Ich fühle mich gut. Und ich bin das erste Mal richtig ruhig. Es hat alles funktioniert und wir sind auf dem Weg.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island

Witzigerweise durchfahren wir kurz nach dem Ablegen US-Amerikanisches Hoheitsgebiet. Die Staatsgrenze der USA ragt wie ein Pfeil zwischen Insel und Festland. Je näher wir Vancouver Island kommen, desto mehr muss der Captain den zahlreichen Inseln ausweichen. Die ersten beiden sind Galiano und Mayne Island.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Fähre

An der engsten Stelle begegnen wir dem Schwesterschiff, das auf dem Weg zurück ist. Es ist aber noch genug Platz und eng ist relativ. Und sie sieht gut aus. Wir aber auch!

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island

In der Swartz Bay verlassen wir die Fähre problemlos und fahren auf dem Highway Richtung Victoria. Geschwindigkeitsbegrenzung 110 Kilometer pro Stunde. Schneller will ich sowieso nicht fahren. Tempomat mit Abstandshalter eingestellt, Navi programmiert und ab geht´s.

Victoria

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Victoria, Pub

Diese Stadt ist ziemlich britisch. Pubs mit Namen wie „The Vicious Poodle“ oder „Big Bad Johns“ laden zum feinen Irischen Whisky oder frühen Gin Tonic. Besonders hübsch ist der „Irisch Times Pub“ in der Goverment Street. Für ein alkoholisches Getränk ist es uns aber doch noch zu früh. Obwohl mich der Spruch „Drink for the Spirit” schon reizt; denn dem Geist zu frönen, sei es dem eigenen oder dem überirdischen, ist immer gut, oder?

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Pub

Ansonsten sieht man in der Hauptstadt der Provinz British Columbia noch die typischen Doppeldeckerbusse, schlossartige Gebäude, viel Backstein und „Fish & Chips“, wobei wir die als Vegetarier nicht testen wollen. Und es gibt ein China-Town, welches seinen Namen verdient.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Eingangstor China Town

Wir schlendern durch das chinesische Viertel, das kleiner sein soll als das in Vancouver. Kommt uns nicht so vor. Auf jeden Fall ist es viel authentischer. Ein Geschäft reiht sich ans andere. Obst und Gemüse, seltsame Dinge in Gläsern, Souvenirs, Kleidung und der typische chinesische Elektronikramsch. Und zweifellos ist die Muttersprache einiger Ladenbesitzer Chinesisch. Englisch sprechen die untereinander jedenfalls nicht. In der verdammt engen Fan Tan Alley möchte meine Frau in einen Klamottenladen. Soll sie, denn es gilt: „Happy Wife, happy Life“. Ich bleibe als Posten vor der Tür und finde, dass diese mit Backsteinen gemauerte Gasse irgendwie hypnotisch wirkt.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, China Town

Wir sind nach einem Rundgang wieder in der Fisgard Street. Hier hängen rote und gelbe Lampions quer über die Straße. Unter dem Dächern der flachen Häuser sind oft chinesische Schriftzüge angebracht. Was die wohl bedeuten? Die Straßen sind hübsch dekoriert und die Häuser auch. Besonders auffällig ist die „Chinese Public School“.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, China Town

Über die Fort und Wharf Street kommen wir direkt zum Victoria Harbour, wo man unter anderem eine Kajak Tour unternehmen kann. Wir erkundigen uns. Es kostet für zweieinhalb Stunden 85 CAD pro Person. Die Macher versprechen eine Erkundung des historischen Victoria Harbour mit Besuch des Seal Island. Seehunde sind also garantiert, Orcas eher Zufall. Es ist reizvoll, aber wir haben die zweite Abfahrtzeit 13:30 Uhr verpasst und am nächsten Tag um 09:30 Uhr wollen wir schon woanders sein.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Kajaks

Mich als ehemaligen Polizisten interessieren immer auch Polizeien anderer Länder. Ich schaue in ein geparktes Polizeifahrzeug. Die Ausstattung erscheint mir hoch digitalisiert. Zwei Bildschirme, Tasttaturen, Funkgerät und irgendwelche technischen Dinge, die ich nicht auf Anhieb identifizieren kann. Auch von außen macht der Bolide einen soliden Eindruck.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Polizeifahrzeug

Victoria ist flach, so gut wie keine Hochhäuser, viel alte Bausubstanz, Parks, Gärten, ziemlich britisch und gemütlich wie Scones zur English Tea Time im Clubhouse. Es gefällt uns sehr gut. Aber nach rund sieben Stunden Fußmarsch merken wie die selbigen doch deutlich. Wir gehen zum Camper zurück, den wir in der Nähe der Douglas Street geparkt hatten. Er ist noch da und ohne Strafzettel. Wir waren uns nicht sicher, ob wir beim Parkscheinziehen alles richtig gemacht hatten. Wir steigen ein und zuckeln los. Mit so einem relativ großen Auto durch den Berufsverkehr einer großen Stadt zu fahren ist nicht ohne. Aber es läuft.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Häuser am Wasser

Am Gorge Waterway Park lockt noch einmal eine nette Aussicht auf die Häuser gegenüber am Ufer der gleichnamigen Wasserfläche, die eigentlich nur die Weiterführung der Hafenbucht ist. Hier zu wohnen ist wahrscheinlich spottbillig, oder? Wir fahren zu unserem sehr guten Campground Fort Victoria und genießen den ersten Abend im Camper.

Malahat

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, SkyWalk

Die Malahat sind eine hier auf Vancouver Island lebende First Nations, so werden fast alle indigenen Völker Kanadas seit Anfang der achtziger Jahre genannt. Sie gehören zu den Saanich. Und sie haben mitten im Wald an der Saanich Inlet Bucht einen 600 Meter langen hölzernen Skywalk mit einem Aussichtsturm am Ende gebaut. 32 Meter hoch geht es eine Rampe entlang. In der Mitte kann man, um wieder nach unten zu kommen, eine Rutsche nehmen. Werden wir wohl nicht machen. Und ganz oben ist ein Netz gespannt, auf das man sich daraufstellen kann. Ich trau mich aber nicht. Immerhin geht´s unter mir mehr als 30 Meter abwärts. Was ist, wenn da eine Schlaufe lose ist? Mein Zögern erregt die Aufmerksamkeit einiger anderer Touris. „Mano“, denke ich laut. Vorsichtigen Schrittes betrete ich das wackelnde Etwas. Wohlfühlen ist anders. Schließlich stehe ich mitten drauf. „War doch gar nicht schlimm, oder?“, grinst mich meine Frau frech an.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, SkyWalk

Die Aussicht ist grandios. Der Turm ist zwar nur 32 Meter hoch, wir befinden uns aber 250 Meter über dem Meeresspiegel. Geradezu schauen wir auf den Mount Baker und die fernen Küstenberge am Pazifik. Unter uns liegt der Finlayson Arm und die Saanich-Halbinsel.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, SkyWalk

Es sind unsere ersten intensiveren Kontakte mit der kanadischen Landschaft. Wir sind schon mal sehr beeindruckt und freuen uns auf das, was da noch so kommen mag. Wir steigen wieder in den Camper und fahren weiter auf dem Trans-Canada-Highway, dem Highway No 1, Richtung Norden. Und um uns rum Natur pur.

Duncan

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Duncan

Mehr als 40 Totempfähle sind in Duncan zu bewundern. Totempfähle haben, anders als dereinst von den ersten Missionaren vermutet, keine religiöse Bedeutung. Sie haben eine soziale und politische Funktion und sind Identitätssymbole der indigenen Völker. Hier sind sie eine Reminiszenz an die Cowichan Tribes, die zu den Coast Salish gehören. Totempfähle sollten nicht mit Marterpfählen verwechselt werden, die von indigenen Völkern anderer Regionen zur Folterung von Gefangenen verwendet wurden.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Duncan Totempfahl

Wie ist die Stadt entstanden? William Chalmers Duncan hatte eine Farm an der Eisenbahnstrecke der Esquimalt and Nanaimo Railway. Als sie 1986 eröffnet wurde, war hier kein Halt vorgesehen. Die Legende erzählt, dass am Duncan's Crossing, dem Bahnübergang in der Nähe seiner Farm, sich eine Menge von 2.000 Menschen um einen geschmückten Bogen herum versammelt hatte. Der Zug kam ungeplant zum Stehen. Aus Dankbarkeit für diesen netten Empfang wurde an der Stelle später dann doch ein Bahnhof gebaut und die ersten Menschen siedelten sich dort an. Die Namensgebung war einfach und naheliegend: Duncan.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Duncan, Mann aufWaggon

Wir streifen noch einige Zeit durch die Stadt und bewundern die vielen Kunstwerke. An fast allen der Totems ist auch eine Erklärung zu lesen, wie die von und über Simon Charlie. Er war für sein Festhalten an der traditionellen Ästhetik bekannt, aber auch dafür, mit neuen Ausdrucksformen zu experimentieren. Und er soll maßgeblich zur Wiederbelebung der künstlerischen Ambitionen der Coast Salish beigetragen haben.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Duncan Tafel

Würden wir auf dem Highway No 1 bleiben wollen, müssten wir in Nanaimo die Fähre zurück auf´s Festland nehmen. Wir wollen aber noch einiges mehr sehen von Vancouver Island und wechseln deshalb auf den Highway No 19, der bis nach Port Hardy führt, ganz im Norden der Insel.

Qualicum Beach

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Mann am Strand

Das Beste hier am Strand von Qualicum Beach sind die bizarr aussehenden Wurzeln. Ansonsten ist der Ort eher unspektakulär und „Beach“ ist drastisch übertrieben, es gibt nur Kies. Aber die große Bucht mit der Uferpromenade liegt hübsch drapiert und friedlich glänzend in der Nachmittagssonne. Das Wasser ist seicht. Jetzt bei Ebbe gibt es eine riesige Wattlandschaft, die zu ausgiebigen Spaziergängen einlädt.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Wattmeer Pazifik

Wir bleiben aber an Land und laufen über den knirschenden Kies an der Wasserlinie entlang. Der leuchtend blaue Himmel lässt das Grün der Algen noch intensiver erscheinen. Unser Blick geht zu den vorgelagerten Inseln. Das Meer ist ruhig. Sanft säuselnd plätschert der Pazifik zu unseren Füßen. Ein letzter Blick auf einen „betenden“ Baumstumpf und weiter geht`s.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, am Meer

Wir wollen zurück zum Highway No 19 und anschließend zur No 4, um ins Innere der Insel zu gelangen. Dazu muss ich wenden. Wenden mit diesem Camper ist wie mit einer mehr als sieben Meter langen Schrankwand einen Umzug machen. Es geht mehrmals vor und zurück, denn der Wendekreis ist beachtlich. Aber dank der Rückwärtskamera nicht wirklich ein Problem. Ich fuchse mich auch immer besser ein.

Cathedral Grove

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Cathedral Grove

Auf dem Weg Richtung Port Alberni machen wir Halt am Cathedral Grove im MacMillan Provincial Park, um uns ein besonderes Schutzgebiet mit altem, unaufgeräumtem Urwald, hölzernen Stegen und riesigen Douglasien anzusehen.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Cathedral Grove

Wir stehen vor 80 Meter hohen und bis zu 800 Jahre alten Bäumen, die von Teppichen aus Farnen umzingelt und mit drapierendem Moos bewachsen sind. Sie wirken wie riesige Säulen einer Kathedrale. Der Name passt. Und man sagt, dass sie zu den ältesten und höchsten in ganz Kanada gehören. An der Basis sind sie gar nicht so breit, gehen dann aber schnurgerade hoch bis zum Himmel oder noch ein Stück weiter. Jedenfalls sind ihre Kronen nicht zu sehen.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Cathedral Grove

Was war hier vor acht Jahrhunderten? Unter welchen Bedingungen hat der Schössling seine ersten Jahre verlebt? Welche Geschichten könnte er mir erzählen? Ich lausche, verstehe aber seine Sprache nicht. Schade. Wir sind jetzt runter von der Holzstegen und stromern durch die Wildnis. Alles liegt hier kreuz und quer durcheinander. Und Achtung, die Mücken kommen. Sie fallen in Garnisonstärken über uns her. Aber wir sind mit „Anti Brumm forte“ gut gegen sie gewappnet, sie können uns nichts.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Cathedral Grove

Das Lichtspiel, die duftenden Nadeln, die undefinierbaren Geräusche des Waldes, mit allen Sinnen nehmen wir ihn in uns auf. Wir bleiben viel länger, als wir eigentlich wollten, aber es ist einfach unheimlich schön hier. Cathedral Grove ein unverzichtbarer Zwischenstopp auf jedem Roadtrip durch Vancouver Island. Den Abend verbringen wir auf dem einfachen, aber nett gelegen Campground Arrowvale im Alberni Valley.

Sproat Lake

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, am Ufer eines Sees

Ein Pärchen baut gerade ihr Zeit ab und räumt die Feuerstelle auf. „Nice Place to be“, rufe ich ihnen entgegen. Die Frau nickt nur. Es scheint ihr etwas peinlich zu sein, dass wir sie beim Wildcampen „erwischt“ haben. Verboten ist das nur in Städten und Nationalparks, sonst ist es meistens erlaubt. Wir gehen weiter. Noch zwei, drei Schritte, dann treten wir zwischen den Bäumen hindurch an das Ufer des Sees und sind platt. Was für ein Anblick.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, See

Grob kreuzförmig mit vier Armen ist der See über 25 Kilometer lang und hat eine über 90 Kilometer lange Küstenlinie. Also mächtig viel Platz, um ein malerischer Urlaubsort für die Bewohner von Fort Alberni oder Andere zu sein. Am liebsten würden wir uns ans Ufer setzten und nur auf den See starren. Aber es ist etwas windig und einigermaßen frisch, so um die 14 Grad. Gegenüber stürzt Wasser eines kleinen Bachs in den See. Wie für uns inszeniert.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, See

Die Wolken ziehen zügig Richtung Westküste. Das Licht wechselt ständig. In einem Augenblick ist das Wasser blau und dann wieder grün. Die Natur gibt alles und ist ganz nah bei uns. Wahrhaftig, ein netter Platz zum Verweilen.

Chesterman Beach Tofino

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Chesterman Beach

Chesterman Beach ist ein wunderschöner kleiner Strand, den wir uns ansehen möchten. Er liegt in der Nähe von Tofino und soll weltberühmt sein. Es gibt mehrere Zugangspunkte, um zum Strand zu gelangen. Wir nehmen den vom Parkplatz aus. Aber, die Lieblingszeit der Surfer haben wir wohl nicht erwischt, es ist leer und Ebbe. Nur eine kleine Gruppe von Surfschülern übt unter den Augen ihres Lehrers.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Chesterman Beach

Wir laufen am Wasser entlang, auf dem nassen Sand, immer vorsichtig, damit die kleinen Wellen unsere Füße nicht erwischen. Es ist kalt und regnerisch. Und es gibt im Sand jede Menge bizarres Strandgut, unnatürlichen und natürlichen Ursprungs, so wie diese Miesmuschel, die hübsch bewachsen ihre Klappe öffnet. Ob die noch lebt?

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Muschel

Direkt am Ufer stehen vereinzelt Holzhäuser, die sicher heiß begehrt sind. Ich möchte nicht wissen, was die so kosten. Bestimmt ein Vermögen. Muss aber auch Klasse sein, wenn man sagen kann: „Ich wohne am Chesterman Beach bei Tofino und schaue täglich den Surfern bei ihrem Vergnügen zu und wo wohnst du?“

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Haus am Strand

In gewissen Abständen zeugen Strandmöbel davon, dass hier ab und zu Mal richtig die Post abgeht, so mit BBQ, Beach Boys und Pale Ale. Bei diesen Bedingungen heute fehlt mir etwas die Vorstellungskraft. Aber es scheint dennoch, ein sandiger, entspannter und glücklicher Ort zu sein.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Chesterman Beach

Auf dem Rückweg erleben wir ein ungewöhnliches Schauspiel. Wir sehen einen Hund, der offensichtlich ein Lifeguard für Surfer ist. Mit seinem Trainer übt er immer wieder ein Surfbrett aus dem Wasser zu ziehen. Er ist ganz verrückt danach, mit dem Ding wieder an Land zu kommen. Irre!

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Chesterman Beach

Ohne eigenes Surferlebnis, aber mit einem Schlechtwetter getrübten Blick auf einen der berühmtesten Surferstrände der Welt kehren wir zum Camper zurück. Es hat aufgehört zu regnen, fein. Wir fahren nach Tofino rein und stärken uns bei Café und Kuchen.

Kanada Reisebericht Camper Vancouver Island, Tofino, Kaffee und Kuchen

Die Nacht verbringen wir auf dem Campground in Ucluelet und resümieren. Wir sind jetzt drei Tage auf Vancouver Island unterwegs. Das reicht natürlich bei weitem nicht aus, um diese Insel näher zu erfassen. Aber wir haben einige wirklich schöne Orte gesehen und einen gewissen Querschnitt abgegriffen. Das Wetter ist unbeständig, mal gut, mal schlecht, mal warm, mal kalt. Bevor wir mit der Fähre zurück auf´s Festland fahren, wollen wir zum Schluss zwei weitere Nächte auf dem Campgroung bei Victoria verbringen, da uns die Stadt so gut gefallen hat und sie einen weiteren Abstecher verdient.

_____

On the way

Brandywine Falls

Kanada Reisebericht Camper, Brandywine Falls

66 Meter tief stürzt sich das Wasser über die Kante in die Tiefe. Der Aufprall der tonnenschweren Massen kratz die harten Felsen wenig. Der Brandywine Creek zerstäubt in unzählige kleine Tropfen. Feinster Wassernebel kitzelt in meiner Nase. Die Steine sehen aus wie von einem Brautschleier überzogen. Ich kann mich gar nicht mehr losreißen. Ein beeindruckendes, atemberaubendes Schauspiel.

Kanada Reisebericht Camper, Wasserfall ganz nah

Der seltsame Name dieser Kaskaden soll von einer Wette zweier Landmesser der Howe Sound and Northern Railway stammen. Es ging um die Höhe des Wasserfalls und der Wetteinsatz war eine Flasche Brandy. Wenn das Engländer waren, würde ich sagen, die Geschichte stimmt. Wir setzen uns nach dem nur 400 Meter langen Weg vom Wasserfall zurück auf eine Bank im Park und genießen das schöne Wetter. Durch die Blätter blinzelt die Sonne. Ein vielversprechender Tag, wir scheinen wettertechnisch auch mal Glück zu haben. Auf dem Weg hierher hatte es noch geregnet.

Kanada Reisebericht Camper, blauer Vogel

Auf den Holztischen spielen wunderschöne hell- und dunkelblau gefärbte Vögel Hopse. Aber fliegen können die auch. Ihr lustiges Spiel geht auf den Ästen weiter. Einer von ihnen hält still und posiert für meine Kamera. Toller Vogel. Es wird wieder dunkel am Himmel. Als wir losfahren, beginnt es zu regnen. Die herausragendste Eigenschaft des kanadischen Wetters ist seine Unbeständigkeit.

Whistler

Kanada Reisebericht Camper, Whistler

Das Whistler-Tal gilt als traditionelle Handelsroute der Squamish und Lil'wat. Denen schließen wir uns nicht wirklich an; wir besuchen lediglich die Skiort Whistler. Angeblich pfeifen hier die Murmeltiere ihre Liedchen an allen Ecken, daher auch der Name; aber wir hören und sehen sie nicht. Wahrscheinlich ist auch ihnen das Wetter zu schlecht. Wir warten eine Regenpause ab und lassen den Camper auf dem Parkplatz zurück. Mollige zehn Grad zeigt das Thermometer. Man könnte sagen, für einen Winter recht mild. Wir biegen um die Ecke und bleiben bei einem 5-Sterne Hotel stehen. Könnte mitten in einer Schneelandschaft unter stahlblauem Himmel richtig gut aussehen. Aber unter tiefhängenden grauen Wolken? Eher nicht. Die Existenzberechtigung dieses Dorfes ist eindeutig der Wintersport.

Kanada Reisebericht Camper, Hotelansicht in Whistler

In der Fußgängerzone reihen sich Tür an Tür Geschäfte mit Skikleidung, Andenken, Schuhen, Edelklamotten, Restaurants und Eisläden. Die mal weiten und mal engen Gassen sind durchbrochen von einem kleinen Wasserlauf, mehrere Brücken lockern das Bild auf und die Hotels und Pensionen liegen mitten drin. Schön arrangiert, rundum Bäume und Sträucher, viel Grün. Aber es wirkt auch ein wenig wie aus der Zeit gefallen, so siebziger Jahre Stil, obwohl es 2010 Austragungsort der Olympischen Winterspiele war. Aber da wurde wahrscheinlich nicht viel Neues gebaut.

Kanada Reisebericht Camper, Brücke in Whistler

Ich habe gelesen, dass Whistler inzwischen auch im Sommer viele Leute anzieht. So ist es auch, es ist gut besucht, überwiegend junges Volk wuselt durch den Ort. Auch wir bummeln so dahin, gucken hier und stöbern dort und überlegen, wie wir den Tag beenden wollen. Nach einem leckeren Menü aus unserer Camper-Küche könnten wir uns doch etwas Alkoholisches leisten, oder? Etwas Weißwein vielleicht oder einige Bierchen? In Kanada gibt es Alkohol nur in bestimmten Geschäften: Liquor Stores. Wir suchen und finden und kaufen ein. Unter anderem einen Sauvignon Blanc „Five Vineyards“ für schlappe 18 CAD, der uns auf unserer Reise immer wieder begegnen sollte, und ein Sixpack Bier für 11 CAD. „Man gönnt sich ja sonst nichts…“, denke ich mir. Auffällig ist, dass vor uns an der Kasse bei den jungen Leuten immer der Ausweis verlangt wird. Bei mir nicht, komisch! Auf dem Platz vor dem Shop strahlt uns plötzlich die Sonne ins Gesicht. Wo kommt die denn her? Es keimt die Hoffnung auf, dass der Abend mal nicht im Regen endet. Wir schleppen unsere Beute zum Wagen. Zurück am Campingplatz Parkbridge Riverside entschädigt uns tatsächlich ein rosig-blaues Abendleuchten für das Tagesgrau.

Kanada Reisebericht Camper, Mann mit Bierbüchse vor den Rocky Mountains

Der Weißwein bleibt für´s Essen. Aber vorher knacken wir einige Weißblechbierdosen. Der Stay-On-Tab-Verschluss (Google!) macht es uns leicht. Das Bier ist gut. Auch wenn Corona Extra nicht wirklich kanadisch ist, uns schmeckt´s.

Joffre Lake

Kanada Reisebericht Camper, Gebirgssee

Das Wetter ist eine einzige Katastrophe. Acht Grad und Regen. Die Scheibenwischer geben ihr Bestes. Wir fahren auf einen Parkplatz am Joffre Lake und steigen aus. Die Aussicht könnte fantastisch sein. Gletscherbeladene Gipfel, die sich steil in die Höhe erheben und türkisblaues Wasser. Nichts da. Es ist kalt und ungemütlich und von den Bergspitzen ist kaum etwas zu sehen. Es liegt sogar noch etwas Schnee im Wald. Zum Glück sind die Wanderschuhe frisch imprägniert.

Kanada Reisebericht Camper, Mann zwischen Bäumen mit etwas Schnee

Zurück im Camper ziehen wir die dicken Regensachen wieder aus. Brummend erwacht der gute Ford Transit zum Leben, die Heizung funktioniert ausgezeichnet. Ich umkurve die großen Pfützen auf dem Parkplatz und biege wieder auf den Highway 99 ein. Wir fahren weiter und hoffen auf besseres Wetter.

Duffey Lake

Kanada Reisebericht Camper, Autobahn im Regen

Es scheint, dass wir einen Dauerkarte für´s „Raindriving“ gezogen haben. Es tröpfelt nicht nur, es gießt aus Eimern. Der Highway steigt leicht an, wir kommen weiter nach oben. Das Fuhrwerken mit unserem Kleinlaster wird dadurch nicht einfacher. Vorsichtig fahre ich Kurve um Kurve. Ich bin dankbar, dass es kaum Gegenverkehr gibt. Ziemlich plötzlich wird es heller, der Nebel hebt sich. Wir haben wieder Sicht. Das Navi funktioniert einwandfrei, aber auch wir erkennen jetzt, wo wir sind. Am Ende des langgezogenen Duffey Lakes bietet uns der besonders ausgewiesene Aussichtspunkt einen weiten Blick auf den Gebirgssee, garniert mit dem Schauspiel eines seltsam anmutenden Mikados mit grauweißen Baumstämmen. Welcher Riese hat hier denn gewütet?

Kanada Reisebericht Camper, Baumstämme im Wasser

Wir steigen aus und werden von warmen Sonnenstrahlen begrüßt. Es ist doch nicht zu fassen, wie schnell hier in Kanada das Wetter wechselt. Das müssen wir ausnutzen. Die Klappstühle sind schnell aufgestellt. Rein in den roten Stoff und die Sonne genießen. Wir freuen uns.

Kanada Reisebericht Camper, zwei Personen im Campingstühle

Nach rund 20 Minuten klappen wir die Teile wieder ein und fahren weiter. Das hat gutgetan. Wir wären gern noch etwas länger geblieben. Aber, auch wenn wir nicht unter männerdominierten Leistungsdruck stehen, einige Kilometer weiter wollen wir schon noch. Hoffungsvoll blicken wir in die Wolken. Mal sehen, ob das Wetter so bleibt.

Lillooet

Kanada Reisebericht Camper, Ortsschild Lillooet

Wir cruisen den Highway No 99 runter. Das Wetter ist recht gut. 50 Km weiter rumpelt der Camper über mehrere Bahngleise. Hier, mitten im Nowhere, wirken sie seltsam.

Kanada Reisebericht Camper, Gleise

Es scheint ein wichtiger Umschlagplatz für Holz zu sein. Der Ort hat seit 1912 einen Bahnanschluss durch die Canadian Pacific Railway, sagt der Reiseführer. Wir kommen uns ein wenig wie im „Wilden Westen“ vor. Jetzt bloß nichts falsch machen, um nicht als Missetäter entweder gleich am „Hangingman Tree“ hochgebunden oder im öffentlichen „Jail“ eingesperrt zu werden.

Kanada Reisebericht Camper, Jail in der Öffentlichkeit

Wir müssen feststellen, dass wir gar nicht im Nowhere sind. Es gibt Geschichte und zwar reichlich. Diesen Ort am Ufer der Fraser Rivers überschwemmten 1858 rund 30.000 Goldsucher. Damit war Lillooet damals eine der größten Städte westlich von Chicago. Heute wohnen hier allerdings nur noch etwas mehr als 2.000 Einwohner. Die letzte Goldmine stellte 1971 den Betrieb ein. In der ehemaligen anglikanischen Kirche „St. Mary, the Virgin“ befindet sich ein kleines Museum zur Goldrauschgeschichte und zum Bau der Eisenbahn. Sehr sehenswert.

Kanada Reisebericht Camper, Kirche als Museum von innen

Außer Gold beherbergte die Gegend noch einen anderen Bodenschatz: Jade. Diesen Edelstein fanden Mitte der 1880er Jahre chinesische Bergleute entlang des unteren Abschnitts des Cayoosh Creek. Sehr zum Leidwesen der Goldsucher in den nahezu erschöpften Minen des Edelmetalls. Davon zeugt das Jade-Museum und riesige Steine davor.

Kanada Reisebericht Camper, Jadesteine

Die letzten übriggebliebenen Goldgräber scheinen sich gegenseitig im „Kitsch as Kitsch can“- Wettbewerb überbieten zu wollen. Es erscheint mir wie ein besonders deutlicher Rückblick in die Vergangenheit. Ich denke, es ist eine besondere Form der Traumabewältigung, im Sinne von „…früher war alles besser…“ Nachvollziehen kann ich es schon. Auch wenn es ein interessanter Ort ist, tot über`n Zaun hängen möchte ich hier nicht.

Kanada Reisebericht Camper, Haus im Kitsch

Nach dem Beziehen unseres Platzes auf dem Campground direkt am Fraser River, wandern wir zur „Bridge of the 23 Camels“. Sie zeugt von dem im Jahre 1981 gescheiterten Versuch des Unternehmers Frank Laumeister, Kamele als Lasttiere einzusetzen; sie überlebten nicht lange in diesem rauen Klima. Als imposantes Relikt ist die Brücke geblieben. Man kann sie nur noch zu Fuß überqueren, für den Autoverkehr ist sie inzwischen gesperrt.

Kanada Reisebericht Camper, Holzbrücke

Bei bestem Wetter sitzen wir abends vor dem Camper auf dem Fraser Campground. Neben uns lärmt der Fraser River wie verrückt. Das ist schon kein Grundrauschen mehr, das ist ein Spektakel sondergleichen. Er hat aber auch eine starke Strömung. Und im Wasser liegen jede Menge Felsbrocken im Weg. Der Gute kann ja gar nicht anders. Ob wir dabei schlafen können? Wird schon; der Camper ist gut isoliert.

Alpine Meadows

„Das kann hier nicht sein“, sage ich mehr zu mehr selbst als zu meiner Frau. Normalerweise vertraue ich ihren Interpretationsfähigkeiten der Navigationsanzeige blind. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass wir richtig sind. In dieser Gegend sagen sich nicht mal mehr Elch und Murmeltier gute Nacht. Ich wende den sieben Meter langen Camper und fahre zurück zur letzten Kreuzung. Hinter mir lasse ich eine riesige Staubwolke. In einem kleinen Hotel frage ich nach der Route zum Alpine Meadows Resort, unserem Campground für die nächsten zwei Nächte. Das Englisch der Kanadier ist gut zu verstehen, auch wenn ich der Aussage kaum glauben mag: wir waren auf dem richtigen Weg. „Es sind halt gut 20 Kilometer, zum größten Teil auf einer Sandstraße, da verzweifeln schon mal die Touris“, sagt sie, die Lady hinterm Tresen.

Kanada Reisebericht Camper, Welcomeschild Alpine Meadows

Eine ganz reizende Rezeptionistin empfängt uns. Diese Resort verfügt auch über diverse kleinere und größere Holzhäuser; wir aber wollen einen Stellplatz für das Campmobil. Wir fahren einen kleinen Hügel hinab, einmal links, einmal rechts und sind da. Der Platz ist riesig und wir sind fast ganz allein.

Kanada Reisebericht Camper, Campground Alpine Meadows

Am nächsten Tag wandern wir in den Wäldern umher. Die Trails sind nicht allzu lang, fünf bis neun Kilometer. Es macht Spaß und wir haben Wetter und zwar schönes. Wir genießen es. Kaum eine Wolke am Himmel, zwanzig Grad, ein schwaches Lüftchen. Erstklassig! Und gegen die Mücken haben wir unser Spray. Sie können uns nichts anhaben.

Als wir von der letzten Tour zurück zum Camp wollen, sind wir nicht sicher, ob nach rechts oder links. Meine Frau schaut nach oben in die Wolken, als ob dort ein Wegweiser stände. Ich blicke ebenfalls in den Himmel und traue meinen Augen kaum. Die Wolken haben einen Pfeil geformt.

Kanada Reisebericht Camper, Wolkenbild

Ich glaub ja nicht an solchen Hokuspokus, aber die Richtung stimmt. Kurz bevor wir auf den Weg zum Stellplatz einbiegen, macht Meister Biber uns seine Aufwartung.

Kanada Reisebericht Camper, Biber schwimmend

Es ist noch nicht zu spät für eine Kajaktour auf dem Hallamore Lake. Der See gehört zum Resort und die Ausleihe der Boote ist im Stellplatzpreis inbegriffen.

Kanada Reisebericht Camper, Mann im Kajak

Wir bleiben auf dem See bis die Sonne hinter den Bäumen schlafen geht. Der Weg zurück geht über eine grandios gezimmerte Holzbrücke, die nicht über einen Wasserlauf, sondern über ein kleines Tal führt. Wie schön das hier alles arrangiert ist, traumhaft.

Am nächsten Morgen schiebe ich die Seitentür des Campers auf und trete auf den sattgrünen Rasen. Es ist kurz nach sieben und die Sonne scheint. Die Geschichten vom schlechten Wetter hier in Kanada scheinen der Feder des Lügenbarons zu entstammen. Nichts ist. Weiße Schäfchen auf blauem Grund flanieren entlang der Baumwipfel. Die Natur ist entspannt, ich auch. Ich will nicht weg. Ich fühle keine Aufbruchstimmung, nada. Aber wir wollen weiter, auf dem Highway No 5 über Clearwater Richtung Jasper Nationalpark. Nach einem ausgewogenen, vegetarischen Camper-Frühstück machen wir unser kleines Zuhause reisefertig und verlassen dieses herrliche Stück Erde. Auf der Straße zur Ausfahrt umkurven wir ein letztes Mal die exklusiven Chalets.

Kanada Reisebericht Camper, Holzhütten in Alpine Meadows

Die 20 Kilometer bis zum Highway kommen uns jetzt gar nicht mehr so lang vor. Langsam und gemütlich, vollgepumpt mit toller Stimmung und voller Erwartung auf die nächste Location, erreichen wir den Abzweig zum Highway. Kanada, wir kommen, immer noch und immer weiter.

_____

Jasper Nationalpark

Der Jasper-Nationalpark wurde 1907 gegründet und ist mit 10.878 km² Fläche der größte Nationalpark in den kanadischen Rocky Mountains. Bei der Einfahrt muss man Mautgebühren zahlen, die für Erwachsene derzeit pro Tag 10,50 CAD betragen.

Yellohead Highway

Kanada Reisebericht Camper, Wapiti Hirsch

„Da vorne muss etwas sein, halt mal an!“, ruft meine Frau. Rund 100 Meter voraus stehen einige RV (Recreational Vehicles, Wohnmobile) am rechten Fahrbahnrand. Wann immer das so ist, kann man davon ausgehen, dass sich irgendwelche Tiere neben der Straße amüsieren. Und richtig, ein Wapiti Hirsch grast im Gebüsch. Sehr gelassen hebt er den Kopf den Touris entgegen, dreht sich und posiert für ein Foto. Das macht der nicht zum ersten Mal, ganz sicher. Wir sind auf dem recht berühmten Highway No 16, der auch Yellowhead Highway heißt, benannt nach dem Trapper Pierre Bostonais. Der blondgelockte Irokesen-Métis war Anfang des 19. Jahrhunderts als ortskundiger Führer durch die kanadischen Rocky Mountains sehr bekannt. Diese Straße ist die drittlängste in Kanada, sie führt bis nach Winnipeg in Manitoba.

Kanada Reisebericht Camper, Rocky Mountains

Wir sind kurz vor dem Yellowhead Pass. Mit seinen 1.131 Metern ist er im Vergleich zu den über 3.000 Meter hohen umgebenden Bergen relativ niedrig. Das Wetter bietet ab und zu etwas Sonne, dazu ist es kalt und trocken. Auf der anderen Straßenseite halten inzwischen auch Fahrzeuge. Das ist nicht gut. Wenn jetzt ein Truck kommt, na dann „Gute Nacht, Marie!“ Wir werden ein paar Mal von Einheimischen angehupt. Recht haben sie. Besser wieder einsteigen. Weiter geht´s.

Whistler Mountain

Kanada Reisebericht Camper, Gondel

Unbemerkt überqueren wir die Provinzgrenze nach Alberta und befinden uns damit in einer anderen Zeitzone. Sollte ja nicht weiter problematisch sein. Es sei denn, man kauft am Schalter Tickets für eine Gondelfahrt und ärgert sich beim Blick auf die Abfahrtzeit über 70 Minuten Wartezeit. Wir wollen gerade zum Parkplatz zurück, als unsere Ticketnummern aufgerufen werden. Einigermaßen verblüfft steigen wir in die rote Drahtseilkabine. Wenn man schon keine Peilung hat, sollte man wenigstens Glück haben. Die Zeitzone Alberta hatte uns eine Stunde geklaut und die Wartezeit betrug deshalb nur zehn Minuten statt 70. Wären wir nicht in Rufweite gewesen, hätten die Tickets ihre Gültigkeit verloren.

Kanada Reisebericht Camper, Blick von oben auf Jasper

Die Jasper SkyTram bringt uns in nur sieben Minuten auf 2.263 Metern. Von hier oben eröffnet sich ein grandiosen Blick über Jasper und die beiden Flüsse Miette River und Athabasca River. Wir verlassen die schützende Bergstation. Eisige Frostluft schlägt uns entgegen. Die Temperatur ist deutlich gefallen, es sind höchstens noch wenige Grad über Null. Der Gipfel liegt rund 200 Meter höher. Der Weg ist unproblematisch, meine Frau sieht den Aufstieg aber doch eher skeptisch; ich gehe allein weiter.

Kanada Reisebericht Camper, Whistler Mountain

Nach zwanzig Minuten kriecht mir die Kälte in den Nacken und meine Finger versteifen sich zusehends. Weiter oben leuchtet unterhalb des Gipfels verlockend ein ausgeprägtes Schneefeld. Doch mein Zittern sagt mir: Das muss nicht sein; ich bin nicht in der Beweispflicht irgendjemanden gegenüber. Einmal noch einen Rundumblick und zurück in die Wärme der Station.

Kanada Reisebericht Camper, Whistler Mountain

Ursprünglich wurde der Berg London Mountain genannt, nach einer Bergwerksgegend in der Nähe. Die Assoziation mit dem Londoner Wetter soll aber dem Tourismus nicht förderlich gewesen sein und so mussten schon wieder die heimischen Murmeltiere herhalten.

Kanada Reisebericht Camper, auf dem Campground

Den milden und trockenen Abend verbringen wir auf dem Whistler Campground. Wir wollen insgesamt drei Nächte bleiben. Obwohl wir zwei Tage vorher und für unsere Begriffe rechtzeitig gebucht hatten, bekommen wir nur einen Platz ohne Service, das heißt weder Wasser- noch Strom- noch Abwasseranschluss. Wir prüfen unseren Camper: Frischwasser-Tanks gefüllt, Generator und Heizung laufen und für unser Schmutzwasser ist Platz im Abwassertank. Alles ist perfekt, also bleiben wir.

Medicine Lake

Kanada Reisebericht Camper, Medicine Lake

Es regnet mal wieder. Der Medicine Lake ist aber auch im Regen eine Augenweide. Grün leuchtend und irgendwie geheimnisvoll liegt er da. Wir sind auf einer Höhe von 1.436 Metern; es ist kühl, höchstens zehn Grad. Das Wasser des Sees stammt von den Gletschern; der Wasserstand schwankt folglich im Laufe eines Jahres. Derzeit ist er gut gefüllt. Der unwirtliche Empfang lässt uns von einer Bootstour Abstand nehmen. Bei schönem Wetter muss eine Fahrt auf diesem sieben Kilometer langen See aber fantastisch sein.

Kanada Reisebericht Camper, Medicine Lake

Interessant ist die Namensherkunft. Die hier lebenden indigenen Völker der First Nation wussten nichts von dem erst vor einigen Jahren entdeckten unterirdischen Flusssystem, eines der größten der Erde. Sie beobachteten immer nur die Zuflüsse und dachten sich, das kann nicht gesund sein und bezeichneten deshalb den See als „Bad Medicine“.

Bald Hills Trail

Kanada Reisebericht Camper, Bald Hills vor einer Tafel

Vom Medicine Lake starten wir zu einer Wandertour. Moderate 9,3 Kilometer, durch die Bald Hills zum Moose Lake. Es gibt auch eine ca. 13 km lange Rundwanderung, auf der es rund 700 Höhenmeter zu überwinden gilt. Aufgrund der Wetterunsicherheiten entschließen wir uns für die kürzere Variante. Der Regen hat aufgehört. Ich hänge mir mein Regenponcho an den Gürtel.

Kanada Reisebericht Camper, Mann auf Baumstamm

Die Strecke ist easy und macht Spaß. Leider kann der Poncho nicht in Reserve bleiben, es fängt wieder an zu regnen. Dazu wird der Weg steiler und schwieriger. Wir verlassen den breiten Wanderweg. Zwischen den Bäumen liegt Schnee. Plötzlich bricht die Sonne wieder durch und brennt auf unsere Rücken. Wir können jetzt auch den See erkennen, der nunmehr blau schimmert und nicht mehr grün.

Kanada Reisebericht Camper, Bald Hills

Dieses Wetter ist echt der Hammer, es regnet wieder. Uns verlässt der Mut; es zieht weiter zu und wird dunkler. Nur noch 400 Meter bis zum Aussichtspunkt. Ich will eigentlich weiter, aber umkehren ist die sicherere und klügere Variante. Zurück auf dem leichtgängigen Wanderweg hadere ich ein wenig mit der Entscheidung. Immer kurz vor dem Erreichen des Ziels aufzugeben, schmeckt mir gar nicht. Gestern schon auf dem Whistler Mountain und heute hier am Bald Hill. Dazu lacht mich auch noch die wieder durchbrechende Sonne aus.

Wapiti, Schwarzbär, Großhornschaf

Kanada Reisebericht Camper, Hirschkuh

Auf dem Weg zurück zum Campground erleben wir erneut die aufgeregten Touris in ihren RV am Straßenrand. Natürlich können wir uns dem auch nicht entziehen. Zunächst präsentiert sich erneut eine Säugetierart aus der Familie der Hirsche: eine Wapitihirschkuh. Wie anmutig sie dasteht.

Kanada Reisebericht Camper, Schwarzbär

Beim nächsten Stopp bin ich einfach zu langsam; sowohl mit der Vollbremsung, als auch mit dem Hechtsprung aus dem Auto. Der schwarze, kleine Bär verschwindet schnell im Unterholz.

Kanada Reisebericht Camper, Schaf

Dafür lassen sich auf einem Parkplatz und ganz ohne Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer die ausgesprochen unordentlich aussehenden Großhornschafe problemlos fotografieren. Wer hat die denn angeknabbert?

Lake Annette und Edith Lake

Kanada Reisebericht Camper, Lake Annette

Von den beiden Damen ist die eine hübscher als die andere; insbesondere, wenn sie sich in der Sonne räkeln können. Annette hat sogar einen sehr fein drapierten Strand mit Steg zu bieten. Zum Schwimmen ist mir das etwas zu kalt, wir haben schätzungsweise 15 Grad.

Kanada Reisebericht Camper, Edith Lake

Auch Edith lädt zum Bade; wenngleich sie etwas spröder, gediegener, konservativer daliegt mit den kleinen Häuschen zwischen den Bäumen. Dafür schenkt sie dem geneigten Besucher ein herrliches Bergpanorama und himmlische Ruhe. Ich lausche. Wenn ich jetzt trotzdem Rufe hören würde, könnten es nur die Rockys sein. Die sind schon cool, absolut monumental.

Athabasca Falls

Kanada Reisebericht Camper, Athabasca Falls

Der La Biche River hat´s nicht leicht. Er muss sich zwischen riesigen Felsen durchzwängen, um voran zu kommen. Und dass er dabei mächtig Rabatz macht, ist klar. Die Athabasca Falls sind mit 23 Metern nicht sehr hoch. Da der Fluss aber meistens eine sehr große Wassermenge mit sich führt und die schmale Schlucht nicht sehr viel Platz bietet, ist das Spektakel gewaltig. Ich komme mir vor wie mittendrin in einer Versuchsanordnung für Druckwasserpumpen.

Kanada Reisebericht Camper, Athabasca Falls

Cognacbraune Felsschichten, elfenbeinfarbig durchbrochen und anthrazit besprenkelt, mit safrangelben und olivengrünen Pflanzen bewachsen, säumen den Weg hinab. Der Pfad ist schmierig. Der Regen tröpfelt zwar leise vor sich hin, doch es ist eher der Sprühnebel des Wasserfalls, der den Weg gefährlich rutschig macht und unsere Regenjacken durchnässt.

Kanada Reisebericht Camper, Athabasca Falls

Hört ihr das Brausen, Zischen, Gurgeln? Es ist so laut, dass ich mich beherrschen muss, mir nicht die Ohren zuzuhalten. Ich lehne mich ganz weit nach vorn und versuche nicht hinabzustürzen. Die Natur fängt mich komplett ein, ich fühle nichts mehr anderes, alles um mich herum verschwindet. Was für ein Gefühl!

Icefields Parkway

Kanada Reisebericht Camper, Highway im Schnee

Wir dachten eigentlich, kälter kann es nicht werden. Da lagen wir wohl falsch. Die Temperatur sinkt, wir haben es nur noch knapp über Null Grad. Außerdem beginnt es zu schneien. Der Icefileds Parkway macht seinem Namen alle Ehre. Ich fahre jetzt noch vorsichtiger. Nach einer Stunde Camperdriving im Schneetreiben habe ich keine Lust mehr. Wir steuern einen Parkplatz an.

Kanada Reisebericht Camper, Schneemänner

Hier ist echt was los. Die Campertouris machen eine Schneeballschlacht und bauen Schneemänner. Wir halten uns dezent zurück, vertreten uns aber ausgiebig die Beine. Der Schneefall lässt nach, es klart auf. Ich sehe jetzt, wieviel Schnee hier tatsächlich liegt. Mir fehlen nur noch die Skier und dann: „Ab die Luzie!“

Kanada Reisebericht Camper, Schneelandschaft

Wir wollen weiter. Der Jasper Nationalpark liegt hinter uns und der Banff Nationalpark vor uns; den wollen wir heute noch erreichen. Hinter dem Parkplatz geht es bergab. Das heißt, es wird zumindest nicht mehr schneien.

Kanada Reisebericht Camper, Camper im Schnee

Wir fahren zwar mittschiffs ein „Stilles Örtchen“ durch die Gegend. Aber Ressourcen schonend nutzen wir vor der Abfahrt noch ein stationäres. Der Camper ist schnell wieder aufgeheizt und die Straßen einigermaßen frei. Auf geht´s!

_____

Banff Nationalpark

Der Banff Nationalpark hat 6.641 km² Fläche und wurde 1885 gegründet; er war der erste in Kanada. Seinen Namen trägt er nach dem schottischen Banffshire, der Heimatregion zweier Geldgeber der Canadian Pacific Railway. Wir haben die Mautgebühren gleich bei der Einfahrt in den Jasper Nationalpark mitbezahlt (9,80 CAD/Person).

Herbert Lake

Kanada Reisebericht Camper, Herbert Lake

Wir sind nach wie vor auf dem Highway No 93, dem Icefields Parkway, und sind unbemerkt im Banff Nationalpark angelangt. Zwischen dem Bow River und dieser Panoramastraße, kurz vor Lake Louise, liegt der Herbert Lake. Ein See mit mystischer Ausstrahlung. Giftgrünes Wasser und karamellbraun gefärbte Felsen bilden einen herrlichen Kontrast. Wäre das Wetter besser, könnten wir im Hintergrund die Rocky Mountains mit den uralten, glitzernden Gletschern sehen. Aber es tröpfelt schon wieder und die schmutzig weiße Wolkendecke verweigert uns die Aussicht.

Kanada Reisebericht Camper, Herbert Lake

Wir fahren weiter Richtung Lake Louise. Das Tempolimit auf dem Icefields Parkway liegt übrigens zwischen 70 und 90 km/h und wird durch die Ranger kontrolliert. Wer zu schnell ist und erwischt wird, riskiert ein saftiges Bußgeld. Daher kann ich nur empfehlen, die Geschwindigkeitsbegrenzungen einzuhalten.

Lake Louise

Kanada Reisebericht Camper, Lake Louise

Diese Kulisse ist nicht echt, die hat Hollywood hier hingestellt. Das sind meine ersten Gedanken. Diesmal ist der Himmel stahlblau, kokettiert lediglich mit ein paar Alibiwölkchen. Das Wasser ist glasklar und fast spiegelglatt. Rechts und links tauchen die Berghänge direkt ins Wasser und der weiße Gletscher liegt spöttisch funkelnd in der Mitte. Was für ein Bild!

Kanada Reisebericht Camper, Fairmont ChateauLake Louise

Am Vortag, mit dem üblichen, schlechten Wetter, hatten wir uns schon mal das „Fairmont Château Lake Louise“ angesehen: ein Luxusresort der Extraklasse. Lage ist alles, wie es so schön heißt und hat seinen Preis. Das einfache Zimmer für zwei Personen kostet gut 1.000 CAD, ohne Frühstück allerdings. Dafür ist der Service bestimmt sehr exklusiv, wie die Uniformen des Personals.

Kanada Reisebericht Camper, Personal mit Koffer

Der zum See offene Vorgarten bietet ein wirklich neidisch machendes Ambiente. Er begeistert mich auch durch die knuddeligen Streifenhörnchen, die genau wissen, was für einen Job sie haben: brav stillhalten für Tourifotos.

Kanada Reisebericht Camper, Streifenhörnchen

Den Abend verbringen wir, wie auch schon am Vortag, auf dem Lake Louise Campground, der ganz in der Nähe liegt und einen guten Komfort bietet.

Castle Mountains

Kanada Reisebericht Camper, Castle Mountains

„So sehen die also aus, wenn das Wetter mitspielt“, sage ich zu meiner Frau. Die nickt nur ähnlich ergriffen wie ich. Wir haben elf Grad und keinen Regen. Endlich können wir mal etwas von der majestätischen Gebirgskette erkennen. Wir sind auf dem Bow Valley Parkway und bestaunen die Rocky Mountains. Nach einer 15-minütigen Andacht steigen wir in unseren Camper und fahren noch etwas näher ran.

Kanada Reisebericht Camper, Castle Mountain

Sicher sind wir uns nicht. Wir schauen auf den Gipfel an der südöstlichen Seite des Massivs. Möglicherweise ist das der Eisenhower Tower. Zu Ehren des Generals Dwight D. Eisenhower hieß das ganze Ensemble mal so. Der öffentliche Druck führte dazu, dass sein ursprünglicher Name wiederhergestellt wurde. In der indigen Blackfoodsprache heißt er aber immer noch Miistukskoowa. Das ist mal ein Name!

Johnston Canyon

Kanada Reisebericht Camper, Johnston Canyon Trail

Wir haben gewusst, dass uns hier die touristischen Massen die Füße grün und blau treten werden. Der Johnston Canyon ist nämlich eines der beliebtesten Reiseziele im Banff National Park überhaupt. Aber weglassen wollten wir diesen Trail auch nicht. Er führt ganz eng am Bow River entlang, der in Tausenden von Jahren diesen Canyon geformt hat.

Kanada Reisebericht Camper, Johnston Canyon Trail

Wäre es nicht zu kitschig formuliert, würde ich die überhängenden Wände, den üppige Wald und das donnernde Wasser dramatisch nennen. Wie der reißende Fluss wild sprudelnd und spritzend sich vorbeidrängelt an den Felsen, um dann wie von Sinnen über die Klippe zu springen, ist fantastisch. Da möchte ich nicht reinfallen. Und ich glaube nicht, dass ich das überleben würde. Irre gut gemacht von den Mächten der Natur. Wir gehen weiter und kommen zu den Laufstegen.

Kanada Reisebericht Camper, Johnston Canyon Trail

Man könnte meinen, um dieses Bild zu machen, muss meine Frau mal kurz den schier unendlichen Besucherstrom anhalten. Aber es täuscht, ich nutze nur ein Timeslot zwischen zwei größeren Gruppen. Der gut einen Kilometer lange Weg zu den Lower Falls führt zunächst durch den Wald und ist ziemlich flach. Dann geht es den Johnston Creek entlang und hinauf in den Canyon. Der Weg zu den Upper Falls ist etwas steiler, der Höhenunterschied beträgt 120 Metern auf zweieinhalb Kilometern Länge. Insgesamt aber easy walking. Trotz der Massen ist es ein wundervoller Ort und einen Besuch unbedingt wert. Wie so vieles hier in Kanada hinterlässt auch dieses Schauspiel einen unvergesslichen Eindruck bei mir.

Lake Minnewanka

Kanada Reisebericht Camper, Lake Minnewanka

Die indigenen Stoney Nakoda respektierten und fürchteten das Gewässer für seine ansässigen Geister und nannten ihn Minn-waki. Frühe europäische Siedler gaben ihm später den Namen Devil's Lake. Dieser riesige, 21 Kilometer lange Gletschersee gefällt uns höllisch gut; aber mit dem Teufel oder anderen Geistern hat er bestimmt keinen Bund abgeschlossen.

Kanada Reisebericht Camper, Lake Minnewanka

Obwohl, … der mystischen Kraft dieses Sees können wir uns nicht entziehen. Der saftig grüne Waldsaum mäandert am Ufer entlang und ficht ein türkises Farbspiel mit dem vor ihm liegenden See aus. Und doch müssen beide der optischen Überlegenheit der metallisch blau leuchtenden Berge Tribut zollen. Die Kulisse schreit geradezu nach einer Geschichte von Elfen und Zauberern. Uns fällt nur keine ein. Dafür bleiben wir einfach stehen, atmen in uns hinein und lassen den Gedanken freien Lauf.

Banff Town

Kanada Reisebericht Camper, Banff

Ich stehe am südlichen Ende der Banff Avenue im Cascade of Time Garden. In der Ferne ragt der Gipfel des Mount Cascade in die Höhe, einer der beiden Bergwächter dieser Stadt. Wir wollen uns ein wenig in dieser Gartenanlage umsehen.

Kanada Reisebericht Camper, Cascade of Time Garden, Banff

Gleich am Eingang steht ein 1935 errichtetes, historisches Steingebäude, in dem die kanadische Touristenverwaltung untergebracht ist. Es sieht nicht nur so aus, als wäre es mit den Granitsteinen der Rockys erbaut, dem ist auch so, wie ich nachlesen kann. Endlich bin ich diesen Bergen mal ganz nah! Ehrfurchtsvoll berühre ich den rauen Stein. „Lass den Quatsch,“ meine Frau holt mich aus meinen Träumen. Recht hat sie, sehen wir uns mal im Garten um. Der Park ist terrassiert mit Felsstufen und Wegen angelegt, die über Brücken und an Pavillons, Wasserläufen, Springbrunnen, Teichen und Blumenbeeten vorbeiführen. Eher kitschig als schön. Aber über Geschmack lässt sich ja bekanntermaßen nicht streiten.

Kanada Reisebericht Camper, Cascade of Time Garden, Banff

Nach gut einer Stunde verlassen wir die vier Hektar große Anlage, die wir durchaus empfehlen können. Wir spazieren über die Bow River Bridge und können einen Blick auf die Rockys erhaschen, denn für einen kurzen Augenblick kommt die Sonne durch. Ich freue mich.

Kanada Reisebericht Camper, Banff, Bow River

Auf der Banff Avenue, die größtenteils Fußgängerzone ist, gibt es schicke Boutiquen und gut besuchte Restaurants. Sie drängeln sich Seite an Seite mit teuer aussehenden, schlossartigen Hotels, üppigen Souvenirläden und der eindrucksvollen Kirche der ortsansässigen Presbyterianer.

Kanada Reisebericht Camper, Kirche, Banff

„Roam, roam“, schreit die Wildkatze neben mir. Ich springe unwillkürlich einen großen Schritt zurück. Täuschend echt schaut mich das Tier vom Ausflugsbus an. Wow, denke ich, verdammt gut gemacht.

Kanada Reisebericht Camper, Bus, Banff

Diese interessante Stadt auf fast 1.400 Metern Höhe besticht vor allen Dingen durch ihre Lage. Bei klarem Wetter mit blauem Himmel muss der Blick auf die beiden Berge mit den Häusern im Vordergrund fantastisch sein. Uns bleibt leider nur die graue Version, wir sind wirklich nicht verwöhnt vom Wetter. Wir gehen weiter. Wo stand nochmal unser Auto? Hmm… Zweimal links, einmal rechts und ein Stück geradeaus, oder? Doch, stimmt, wir sind zurück am Camper. Verlassen steht er da. Doch trotz der langen Wartezeit öffnet er gnädig die Türen und nimmt uns wieder auf. Er ist inzwischen unser vertrautes, wenn auch nur temporäres Zuhause geworden. Wir fühlen uns wohl in ihm und mit ihm. Zuverlässig startet der Ford Transit mit schnurrendem Geräusch. Wie die Wildkatze vorhin, denke ich.

Takakkaw Falls

Kanada Reisebericht Camper, Takakkaw Falls

Blauer Himmel, kaum Wolken, zehn Grad, trocken, das Wetter ist mal auf unserer Seite. Wir besuchen heute den zweithöchsten Wasserfall Kanadas, die Takakkaw Falls (381,1 Meter). Die Anfahrt ist etwas heikel, wir müssen eine gar nicht so kurze Serpentinenstrecke meistern. Doch die Aussicht ist grandios. Und eine kleine Bank lädt zum Ausruhen.

Kanada Reisebericht Camper, Takakkaw Falls

Der Daly Gletscher, ein Teil des Waputik Eisfeldes, ist für das Spektakel verantwortlich. Er schickt sein Wasser bis an die Kante der Felsen und lässt es dann in einem großartigen doppelten Rittberger tosend in die Tiefe rauschen. Das meinten auch die indigen Cree, denn Takakkaw bedeutet so viel wie „es ist großartig“. Auch die Aussicht rundherum ist es. In Richtung des Flusslaufes fesselt mich der Blick auf den Wapta Mountain. Ein Koloss von einem Berg, der Herr über das Dreigestirn von „The Vice President“ und „Mount Burgess“ ist.

Kanada Reisebericht Camper, Wapta Mountain

Die letzten drei Nächte waren wir auf dem Lake Louise Campground. Jetzt machen wir uns auf den Rückweg nach Vancouver. Uns bleiben noch fünf Nächte, bis wir den Camper wieder abgeben müssen. Wir sind gespannt, was noch so kommt.

_____

Return to Vancouver

Revelstoke

Kanada Reisebericht Camper, Revelstoke

Ab in den Camper und los geht´s den Trans Canada Highway hinunter nach Revelstoke. Der Ort am gewaltigen Columbia River hat für Eisenbahnfans einen besonderen Leckerbissen: das Revelstoke Railway Museum. Bevor wir überhaupt etwas anderes machen, muss ich da rein. Gleich in der großen Halle überrollt mich fast eine riesige, pechschwarze Lok.

Kanada Reisebericht Camper, Lok

Ich habe ja keine Ahnung, aber dass die Bedienung einer solchen Lokomotive nicht einfach gewesen sein muss, sagt mir ein Blick in das Führerhaus.

Kanada Reisebericht Camper, Lok von innen

Auch der Außenbereich des Museums ist sehr interessant gestaltet. Gut gemeint ist ja nicht immer auch gut gemacht. Aber hier stimmt alles. An den Gleisen auf den Freiflächen gibt es sehr viele Motive zu bestaunen. Eines von Dutzenden habe ich hier mal ausgewählt.

Kanada Reisebericht Camper, Eisenbahnmuseum

Den Ort gibt es überhaupt nur wegen der sich kreuzenden Eisenbahnlinien und wegen der Arbeiter, die während des Baus der Canadian Pacific Railway hier ihre Unterkünfte hatten. Früher gab es hier zwar schon Pelzhändler, aber das waren nur wenige Zelte. Später kamen immer mehr Menschen dazu. Der Ort hieß dann Farwell. Zu Ehren eines Finanziers der Bahnlinie, Lord Revelstoke aus der Bankiersfamilie Baring, erhielt die inzwischen zur Stadt angewachsenen Ansiedlung ihren Namen.

Kanada Reisebericht Camper, alte Schwarzweißaufnahme vom Bahnstreckenbau

Bei strahlend blauem Himmel stromern wir durch Downtown Revelstoke, eine Stadt, die sehr unaufgeregt rüberkommt. Aufregend sind lediglich die Harleys, die Aufmerksamkeit haschend dauernd durch die rechtwinklig angelegte Straßen donnern. Sehen und gesehen werden, so das Motto, das kenne ich gut. Die Straßen sind erstaunlich oft gepflastert und werden gesäumt von us-amerikanisch aussehenden flachen Häusern. Diese haben niemals einen Zaun und fast immer parkt ein riesiger Pickup vor der Tür. In der Mackenzie Avenue stehen wir plötzlich vor einer Bar mit dem Namen Monashee Spirits Craft Destillerie.

Kanada Reisebericht Camper, Bar in Monashee

Und was sehen meine von der Sonne geblendeten Augen? Die destillieren auch einen Gin. Meiner Frau brennen die Füße und so ist es nicht schwer, sie zu einem Drink zu überreden. Sie nimmt einen Monashee Mule und ich einen Gin Tonic, was sonst! Der Monashee Spirits Ethos Gin wurde zum Best in Class Gin in Kanada und zum Canadain Artisan Spirit of the Year 2019 gekürt, kann ich nachlesen. Und das zu Recht. Was für ein Bouquet, was für reißerische Geschmacksexplosionen! Den muss ich mit nach Hause nehmen und mal genauer testen. Das wird mit Sicherheit einen Beitrag auf unserem Blog Gin-Gin-Gin geben. Ich trinke aus und kaufe ein Flasche.

Kanada Reisebericht Camper, Ginflasche

Meine größte Sorge gilt dem Transport der Flasche bis zum Campground, den wir zu Fuß meistern, denn den Camper hatten wir dort schon am frühen Nachmittag abgestellt. Wir gehen am Columbia River entlang. Dieser mächtige, reißender Strom ist fast 2.000 Kilometer lang. Er entspringt hier in Britisch Columbia und fließt schließlich durch halb Amerika. Logischerweise hat eine Stadt an einem Fluss mit wichtigen Bahnlinien und zwei Highways entsprechende Brücken: Big Eddy, Revelstoke Railway und Revelstoke Suspension Bridge. Ich stehe auf einer der Brücken und blicke Richtung Rocky Mountains. An den Pfosten im Wasser erkenne ich, wie stark die Strömung sein muss. Nachdenklich schaue ich in die Ferne und freue mich einfach daran, hier stehen und den Ausblick genießen zu können.

Kanada Reisebericht Camper, Columbia River mit Brücke

Den Abend verbringen wir auf dem sehr komfortabel gestalteten Lamplighter Campground in der Nixon Road mit einigen leichten Bieren aus dem Mash-up Kasten, den mir vor einigen Tagen einer der seltenen Tankwarte verkauft hat.

Kanada Reisebericht Camper, Steamworks Bierbox

Üblicherweise sind die Tankstellen ja im Selfservice zu bedienen; aber diese war anders. Und der Typ auch; er wollte mir x-Mal dieses Beef Jerky, ein Rinderdörrfleisch, andrehen. Ich habe schließlich das Bier genommen. Heute sind wir dankbar dafür. In dieser Box sind Kölsch, Lions Gate, Halo Ale, Pale Ale. Alle lecker und ein ruhiger Abendbegleiter.

Broken Bridge Trail

Kanada Reisebericht Camper, Broken Bridge Trail Tafel

Der Broken Bridge Trail geht vom Meadows in the Sky Parkway aus, den wir mit dem Camper hochfahren. Entlang der Hänge des Mount Revelstoke marschieren wir dann bei bestem Wetter tief rein in den herrlich duftenden Wald. Und wir sind fast allein. Der Weg ist gut zwei Kilometer lang und nur wenig steil. Den Wasserfall am Ende des Trails hören wir schon weitem. Schließlich sind wir da und verstehen, warum die Brücke gebrochen ist.

Kanada Reisebericht Camper, Wasserfall Broken Bridge Trail

Es ist eigentlich nur ein etwas größerer Bach, aber er knallt mir einer Wucht durch den Wald, da bleibt auf Dauer kein Baumstamm einer Brücke neben dem anderen. Wir überlegen, ob wir weiter nach oben steigen, um von dort auf den Parkway zu gelangen, wo unser Camper steht. Der Pfad sieht aber sehr steil, steinig und glitschig aus und so entschließen wir uns, ganz entspannt den Weg zurückzugehen, den wir gekommen sind.

Nels Nelsons Ski Jump

Kanada Reisebericht Camper, Nels Nelsons Skijump

Es gibt Geschichten, die kaum zu glauben sind. Mitten im Wald, ebenfalls am Meadows in the Sky Parkway gelegen, stehen wir an einer Skisprungschanze. Nels Nelsen war ein kanadischer Skispringer mit norwegischen Migrationshintergrund, der zwischen 1916 und 1932 aktiv war und hier lange Zeit den Weltrekord von 73 Metern hielt. Revelstoke verfügt immerhin über ein Skigebiet mit 27 verschiedenen Abfahrten und auch über eine Skischanze, die ehemals Big Hill hieß und später nach dem erfolgreichsten Springer Kanadas in Nels Nelson Ski Jump umbenannt wurde.

Kanada Reisebericht Camper, Nels Nelsons Ski Jump

Um nachzuempfinden, wie sich Nels und die anderen so gefühlt haben müssen, kann man sich in diese Halterung legen. Es kostet mich etwas Überwindung. Erst vorsichtig einen Fuß vor und dann lege ich mich langsam in die Metallform. Ob das hält? Ohne Vertrauen in die Konstruktion geht es nicht. Schließlich liege ich drin. Das Gefühl ist eigenartig, aber das Begreifen des Wahnsinns, sich hier in die Tiefe zu stürzen, ist ehrfurchtgebietend. Ich hänge einige Minuten wie Nels im Wald und genieße den Augenblick.

Inspiration Woods Trail

Kanada Reisebericht Camper, Blick in den Wald Inspiration Wood Trail

Wir sind wieder im Forst am Revelstoke Mountain auf einem besonderen Trail, der uns inspirieren soll, wie der Name verspricht. Wozu? Wir wissen es nicht, wir lassen uns überraschen. Es ist ein weiterer Wanderweg, der vom Meadows in the Sky Parkway abgeht. Er ist nicht besonders lang oder steil und das Wetter ist weiterhin fantastisch. Es ist früher Nachmittag, wir haben 24 Grad, blauer Himmel, trocken. Beste Bedingungen also. Wir laufen los und warten auf schöpferische Einfälle, ungewöhnliche Gedanken, plötzliche Erkenntnisse, erhellende Ideen… aber es ist natürlich Quatsch, Inspirationen auf den Punkt genau erwarten zu wollen. Doch Bäume haben immer etwas Besonderes. Und wenn man allein unterwegs ist und mal die Klappe hält, dann kann man die frohe Kunde des Waldes hören. „Bäume sind Heiligtümer. Wer mit ihnen zu sprechen, wer ihnen zuzuhören weiß, der erfährt die Wahrheit...“, hat Hermann Hesse mal formuliert. Die unglaubliche Vielfalt und Kraft der Natur dringt in uns ein. Ich kann nicht anders, ich muss einen Baum liebhaben.

Kanada Reisebericht Camper, Inspiration Woods Trail

Einatmen, ausatmen, spüren, genießen. Schweigend wandern wir des Weges, gehen an einem kleinen Bach entlang, passieren eine Brücke, steigen über gestürzte Bäume, schauen blinzelnd nach oben zum Blätterdach, wo die Spitzen den Himmel küssen und sind einfach nur glücklich.

Kanada Reisebericht Camper, Selfi

Nach über zwei Stunden Waldbaden verlassen wir wie betäubt die grüne Kathedrale und stehen wieder auf der Straße. Der Wechsel ist krass. Harter Asphalt unter den Füßen und grelles Sonnenlicht von oben. Aber auch hier auf der Straße ist es ruhig, keine Menschenseele, kein Auto, kein Motorrad, nada. Wir schauen uns an und denken, fühlen, wissen: Glück ist eine Momentsache und sehr flüchtig. Wir fassen uns an den Händen und gehen ruhig und gelassen bergab. Es dauert nicht lange und nach zwei Serpentinen auf dem Parkway grüßt unserer Camper vom Straßenrand. Wir steigen ein.

Ghost Town

Kanada Reisebericht Camper, Brücke über den Columbia River

Der Abschied vom Lamplighter Campground fällt uns nicht leicht, zwei Nächte haben wir hier verbracht. Die Bedingungen waren perfekt und die Leute superfreundlich. Aber wir müssen los. Wir fahren noch einmal über eine dieser fetten Brücken. Unser Camper macht ein Lärm auf den Metallplatten, unglaublich. 147 Kilometer bis nach Vernon, zuerst auf dem Trans Canada Highway und anschließend weiter auf dem Highway No 97A, warten auf uns. Aber wir kommen nicht weit. Ein Touristennepp besonderer Art stoppt uns. Neben dem „Three Valley Lake Chateau“ am gleichnamigen See steht ein Goldgräber mit Packesel und wirbt für ein Museum besonderer Art: Ghost Town. „Ob sich das lohnt oder ist das nur …?“, will ich meine Frau fragen, aber die ist schon ausgestiegen.

Kanada Reisebericht Camper, Ghost Town

Vor dem Eingang auf dem Parkplatz stehen zehn gleichaussehenden RV´s mit reichlich Volk drumherum. Alles Sachsen, die eine geführte Camperreise machen und auch ins Museum wollen. Jetzt mal hurtig, ran an die Kasse. 32 CAD für zwei Personen geht gerade noch so. Wir gehen durch die Eingangshalle mit Salonambiente einer Westernstadt und gelangen nach draußen. Es gibt auf dem Gelände rund 25 historische Gebäude, die uns die Möglichkeit bieten, die farbenfrohen Pioniertage der späten 1800er Jahre noch einmal zu erleben. Aber der Goldrausch ist vorbei, wir streifen durch eine verlassene Stadt: Ghost Town. Ob Emile Colarch noch seine Tobaccos anbietet? Wir schauen mal rein.

Kanada Reisebericht Camper, Ghost Town

In den Häusern und Schuppen haben die Betreiber alles Mögliche der damaligen Zeit zusammengetragen. Detailverliebt werden komplette Geschäfte wie Apotheken, Haushaltsbedarfshops, Barbershops, Hotels, Bars, Restaurants, Gefängnisse usw. präsentiert. Sehr interessant und informativ. Wir sind mehr als zwei Stunden unterwegs und schaffen doch nicht alles. Auf dem Gelände sollte man sich auch unbedingt das antikes Automuseum, das Railway Roundhouse, die Monashee Mining Ausstellung und den Wagon & Buggy Shop anschauen.

Kanada Reisebericht Camper, roter  Einspänner

Wir blicken in die Privathäuser und denken, die Leute sind gerade nur mal kurz weggegangen. Sehr praktisch ist die Badewanne gleich neben dem Bett. Und Little John hat wohl seinen Stetson vergessen.

Kanada Reisebericht Camper, Zimmer mit Bett und Badewanne

Es ist kein Nepp, definitiv nicht. Das Museum bietet viele Informationen, interessante Innen- und Außenbereiche und ist überhaupt nicht langweilig, so unser Eindruck. Absolut empfehlenswert. Und man sollte Zeit mitbringen, reichlich.

Kalamalka Lake

Kanada Reisebericht Camper, Kalamalka Lake

Das Thermometer steigt, wir haben jetzt gut 30 Grad. Das schreit nach einem Bad im See und zwar im Kalamalka Lake. Vorher haben wir nach einer entspannten Fahrt auf dem Highway 97A und einem Zwischenstopp am Mara Lake auf dem Silver Star Campground hier in Vernon eingecheckt. Der Campingplatz ist eine mittlere Katastrophe, es gibt kaum etwas Gutes über ihn zu sagen, aber ein anderer Platz wäre viel zu weit weg. Doch der Strand entschädigt uns allemal. Wir relaxen und schauen dem blinkenden Spiel der Sonne auf dem Wasser zu.

Kanada Reisebericht Camper, Kalamalka Lake

Es könnte auch der Gardasee oder der Lago Maggiore sein. Wie unterschiedlich doch Kanada ist. Wir liegen im Sand und genießen die Wärme. Aus dem Kühlschrank des Campers haben wir uns zwei eiskalte Biere mitgenommen. Als ich den Verschluss meiner Dose aufklicke, schaut eine Mutter rechts von uns etwas irritiert. Warum? Nach wenigen Sekunden sprudelt die Erkenntnis wie der Gerstensaft an die Oberfläche: Alkoholgenuss in der Öffentlichkeit ist verboten, auch für Erwachsene! Shit! Was nun? Die typische US-Amerikanische Papiertüte haben wir nicht dabei. Wir verstecken die Dosen jeweils in einem Handtuch und schlürfen zügig unser Pale Ale aus dem Mash-up Kasten vom letzten Tankstopp. Geht doch!

Hope

Kanada Reisebericht Camper, Coquihalla Campsite

Wo der Coquihalla River auf den Fraser River trifft, da lassen wir uns nieder. Hier gibt es seit rund 10.000 Jahren ein Siedlung und seit einigen Jahren auch einen Campingplatz: Coquihalla Campsite. Unter mächtigen Bäumen mitten im Wald sind die Stellplätze für die RV`s eingerichtet. Es gibt viel Platz, es ist gemütlich und wir kommen uns ziemlich ungestört vor. So muss das sein, wir fühlen uns deutlich besser als beim letzten Campground.

Kanada Reisebericht Camper, Camper im WAld

Wir gehen in die Stadt. Ob es heute unter den rund 6.000 Einwohnern von Hope Nachfahren der indigenen Stó:lō gibt, wissen wir natürlich nicht; auf jeden Fall sind alle wieder sehr freundlich. Als wir den Weg nach Downtown Hope erfragen, werden wir nicht nur umfassend informiert, man fragt uns auch nach unserer Reise, wo wir denn herkämen, wo wir denn hinwollten und wie uns Kanada gefallen würde… Nach einigen Minuten dürfen wir dann doch noch weitergehen.

Kanada Reisebericht Camper, Denkmal in Hope

Mitten im Stadtpark von Hope gibt es für die Toten des Krieges ein Denkmal, das offensichtlich sehr beliebt ist, wie die niedergelegten Sachen zeigen. Und die meisten Leute scheinen ständig mit ihren Kettensägen an Holzstämmen herumzuschnitzen; in den Straßen stehen die seltsamsten Figuren.

Kanada Reisebericht Camper, Holzfigur in Hope

Eine dieser Figuren ist ein sehr bekannter Haudrauf aus vielen Actionfilmen. Er hat hier seinen ersten Rambo in Szene gesetzt: Sylvester Stallone!

Kanada Reisebericht Camper, Sly Stallone als Holzfigur

Dieser Film wurde in Hope gedreht, weil in den USA keine passende Örtlichkeit gefunden worden war und die Grenze nicht weit weg ist. Im Touri-Center gibt es eine Broschüre, in der alle Drehorte eingezeichnet sind. Das finde ich spannend, meine Frau eher nicht, geht aber mir zur Liebe mit. Richtung Campground kommen wir zum imposanteste Requisit des Films. Leider existiert es nicht mehr: die Kawkawa Bridge wurde 2011 abgerissen.

Kanada Reisebericht Camper, Kawkawa Bridge Tafel in Hope

Warum heißt eine Stadt überhaupt „Hoffnung“? Henry Newsham Peers ließ 1848/49 ein Handelsposten am Zusammenfluss von Fraser und Coquihalla River bauen. Der übliche, gut ausgebaute Weg führte von der Grenze der USA zu diesem Fort. Der Grenzübertritt war oftmals mit Schwierigkeiten verbunden und die Abhängigkeit von den USA lästig. Mister Peers suchte nach einer Lösung und entdeckte eine Route durch die Berge, die jedoch für die Pferdefuhrwerke zu schwierig war. Aber er hatte die Hoffnung, diesen Trail so ausbauen lassen zu können, dass er als Handelsweg nutzbar sein würde. Da die Realisierung noch einige Zeit dauernd sollte, er aber fest an den Erfolg glaubte, gab er diesem Fort der Namen „Hope“. Schöne Geschichte, gell?

Flood Falls Trail

Kanada Reisebericht Camper, ausgetrocknetes Flussbett

„Wo ist denn dein Wasser hin?“, rufe ich in den Wald hinein. Flüsse sprechen nicht; schon gar nicht, wenn sie kein Wasser im Bett haben. Ich bekomme also keine Antwort und habe auch keine Vorstellung, wieso hier alles trocken ist. Wir sind auf unser letzten Exkursion und wollen zum Flood Wasserfall, den wir auch schon hören können. Wieso in aller Welt gibt es hier nicht mal ein Rinnsal? Wir gehen tiefer in den Wald hinein und müssen feststellen, eine derart große Ansammlung von offensichtlich abgestorbenen Bäumen ist uns noch nicht begegnet. Wahrscheinlich haben sie ihr Lebenslicht wegen des Moosbewuchs abgegeben.

Kanada Reisebericht Camper, abgestorbener Baum

Dagegen ist Sherwood Forrest ein Kinderspielplatz, denke ich mir. Diese Bäume sehen unheimlich aus. Tot, aber gleichzeitig auch wunderschön. Ein moosiger Wald, voller Kunstwerke der Natur. Umgestürzte Bäume, von Ameisen zerfressen, bilden mit ihren rotbraunen Rindenresten einen fantastischen Kontrast zum petroldunklen Wald.

Kanada Reisebericht Camper, umgestürzter Baum

Tiefer und tiefer dringen wir vor. Wir laufen über Stock und Stein. Ein richtiger Weg ist das nicht. Und es wird immer märchenhafter. Hoffentlich läuft uns jetzt nicht der böse Wolf vor die Füße.

Kanada Reisebericht Camper, Weg im Wald

Das Geräusch von rauschendem Wasser wird lauter. Es kann nicht mehr weit sein. Einmal rechts und einmal links, ein Stück bergab. Gleich sind wir da, hoffe ich. Plötzlich wird es heller, die Bäume teilen sich und wir stehen an den Flood Falls. Irre!

Kanada Reisebericht Camper, Wasserfall

Das ist nun definitiv unsere letzte Kaskade, die wir hier in Kanada bewundern können. Und sie hat sich schön gemacht. Majestätisch langsam springt das Wasser über die Klippe und trifft schneeweiß glänzend auf die graphitgrauen Felsen. Rechts und links gesäumt mit giftgrünem Moos. Unten bilden die Flood Falls ein kleines Becken. Da muss ich rein.

Kanada Reisebericht Camper, im Becken vor dem Wasserfall

Auf dem kurzen Weg zurück, es ist nur knapp ein Kilometer, entdecken wir den Grund für das leere Flussbett. Das Wasser versickert im Boden; es scheint zu wenig da zu sein, um das Bett zu füllen. Das wundert mich, denn es regnet doch hier dauernd. Wahrscheinlich ist es im Frühjahr, wenn es vielleicht noch mehr regnet und die Schneeschmelze dazu kommt, ein riesiges, sehr feuchtes Spektakel im Flussbett.

Peace Arch

Kanada Reisebericht Camper, im Pool

Dieser Campingplatz, unser letzter vor der Rückgabe, ist ein Traum. Und er hat einen Pool. Was für eine Freude, was für ein Genuss. „I love it!“, schreie ich laut und stürze mich in die türkisfarbene Verlockung.

Kanada Reisebericht Camper, Peace Ark

Wir sind auf dem Peace Arch Campground, ein Klasse 1A Platz. Diese Klassifizierung gibt es nicht wirklich, ich habe sie mir ausgedacht. Aber es stimmt einfach alles: top saubere sanitäre Anlagen, ein sehr gepflegter Pool mit kleinem Garten daneben, der zum Spazieren einlädt, supernette Leute an der Rezeption, die uns empfangen haben und ein freundlich gestalteter Bereich zum Relaxen.

Kanada Reisebericht Camper, Innenbereich Peace Ark Campground

Natürlich spielen das fantastische Wetter mit azurblauem Himmel und keiner Wolke am selbigen sowie angenehme 25 Grad eine wichtige Rolle für unser Wohlbefinden. Wir parken unseren Boliden auf dem zugewiesenen Site zwischen hohen Bäumen mit genug Abstand zum Nachbarn und sind mehr als zufrieden.

Kanada Reisebericht Camper, Peace Ark Campground

Unsere letzte Nacht bricht an. Es gibt vegetarisches Kurzgebratenes mit Salat und Brot, ein Standardessen auf dieser Reise. Und Corona Bier; das interessante Steambeer von der Tanke ist leider alle. Im Bett liegend resümieren wir kurz und knackig: Es werden viele Erinnerungen bleiben in unanfechtbarer Größe: nachhaltig, bunt und voller Glücksmomente.

_____

Tipps

Kanada Reisebericht Camper, Mann liest Buch

Liste der Campgrounds

Kanada Reisebericht Camper, Camper  auf einem Stellplatz

Die Preise schwankten zwischen 40 CAD und 80 CAD. Vorausbuchungen sind unbedingt zu empfehlen, entweder per E-Mail oder telefonisch. Wir waren manchmal zu spät dran und mussten auch Sites ohne Service nehmen. Beim Einchecken die Reihenfolge beachten: Vorfahren, Anmelden, Unterlagen bekommen, Platz aufsuchen. Alle Sites haben einen Tisch mit zwei Bänken und eine Feuerstelle. Wir hatten aber für unterwegs zwei Campingstühle mitgebucht.

Fort Victoria

Großer, voll ausgestatteter Platz. Sehr gute sanitäre Anlagen, sehr sauber. Ausreichend große Stellplätze. Lärm durch die angrenzenden, stark befahrenen Straßen ist erträglich. 20 Minuten mit dem Bus bis Downtown Victoria auf Victoria Island.

Arrowvale

Direkt am Flussufer in Alberni Valley auf Vancouver Island gelegen. Zwischen Wiesen, Bäumen und Sträuchern locker verteilt liegen die voll ausgestatteten Stellplätze. Die Anlagen sehen etwas heruntergekommen aus, sind aber sauber und ordentlich. Port Alberni ist mit dem Auto in 15 Minuten zu erreichen.

Ucluelet Campground

Neue sanitäre Anlagen, sehr sauber, vielleicht ein paar zu wenige. Campsites voll ausgestattet, teilweise etwas uneben. Fußläufig zur Ortsmitte.

Parkbridge Riverside

Sehr großes Campingresort mit vielen geräumigen Sites. Sehr gute, saubere Sanitäranlagen. Whistler ist rund zwei Kilometer entfernt.

Fraser Campground

Liegt direkt am sehr lauten Fraser River. Kleiner Platz, sehr ordentlich, einfache sanitäre Anlagen, aber sauber. Toller Ausblick auf den Fluss, die historische Hängebrücke und die Berge. Lillooet ist fußläufig zu erreichen.

Alpine Meadows

Liegt mitten im Wald, 20 Kilometer entfernt von der letzten Abzweigung. Sehr großer Platz mit freier Kanubenutzung, sehr saubere Anlagen, Restaurant.

Whistler Campground

Unglaublich großer Platz mit einem eigenen Registrierungszentrum mit großem Parkplatz davor. Es gibt 18 Waschhäuser verteilt auf dem ganzen Gelände. Alles sehr sauber und ordentlich. Parkähnliche Landschaft mit Spielplätzen, Waldstücken und Wanderwegen.

Lake Louise Campground

Mittelgroßer Campingplatz fußläufig zum Dorf Lake Louise. Sanitäre Anlagen sind okay, nicht mehr die neusten, aber sauber.

Lamplighter Campground

Nett gelegener Platz mit viel Grün, fußläufig nach Revelstoke, sehr freundliches Personal. Alle sanitären Anlagen sind liebevoll gestaltet, sehr sauber und ordentlich.

Silver Star Campground

Nicht zu empfehlen. Sanitäre Anlagen sind eine Zumutung, Sites ungemütlich, Schotterwege staubig, viele Dauercamper.

Coquihalla Campground

Riesiges Waldgelände mit unglaublich viel Platz. Sanitäre Anlagen top, sehr sauber, fußläufig nach Hope.

Peace Arch Campground

Toller Campingplatz mit neuem Pool. Sehr gute, saubere sanitäre Anlagen. Kleiner Park neben dem Pool, Aufenthaltsbereich neben der Rezeption, ziemlich groß, geräumige Sites, top.

Unser Recreation Vehicle (RV) / Camper

Kanada Reisebericht Camper, Camper RV vor Bergen

Wir haben von Deutschland aus über den Reiseanbieter DER einen umgebauten Ford Transit Deluxe Van Camper (DVC) der Firma CanaDream in Vancouver gemietet. Das Preisleistungsverhältnis, der Service und das Fahrzeug waren top. Andere Anbieter können wir nicht beurteilen.

Ich werde im Folgenden nicht detailliert auf die Ausstattung des Fahrzeuges eingehen, die ist im Einweisungs-Video sehr gut nachvollziehbar. Ich werde hingegen von den Dingen berichten, die nicht so eindeutig beschrieben waren oder uns während der Fahrt aufgefallen sind.

Als Gepäckstücke sind Koffer denkbar ungeeignet, sie lassen sich im Camper nicht verstauen; es gibt keinen Kofferraum, nur hinter der Rücksitzbank ist etwas Platz. Wir hatten Taschen und einen Rucksack dabei, die wir während der Fahrt gut zwischen der Rückbank und dem demontierbaren Tischbein davor einklemmen konnten. Nachts kamen die Sachen nach vorn hinter den Fahrersitz. Man kann auch Koffer, Taschen oder Rucksäcke beim Vermieter lassen; aber das Ausgeräumte muss dann komplett in den Schränken, Klappen, Fächern untergebracht werden.

Tankstellen gibt es fast nur im Selfservice und sie sind u. U. sehr weit voneinander entfernt; also rechtzeitig nachtanken. Von CanaDream gab es eine Rabattkarte von Chevron. Die Reihenfolge ist wie folgt: Chevronkarte, PIN, Creditcard, maximaler Tankbetrag, PIN, Spritart, Tankrüssel einführen, tanken! Die Reihenfolge wird aber auf dem Display angezeigt. Es kann auch sein, dass ich mich in der Reihenfolge irre; ich bitte dies ggf. zu entschuldigen.

Die Höchstgeschwindigkeit auf dem Highways wird immer angezeigt; ich empfehle sich daran zu halten. Wir sind zwar nicht geblitzt oder angehalten worden, aber das kann extrem teuer werden. Die Trucker halten sich übrigens nie an irgendwelche Geschwindigkeitsbeschränkungen; wir sind gnadenlos überholt worden, wenn wir denen zu langsam waren. Der Ford Transit verfügt über eine wirksame Motorbremse; beim Bergabfahren nicht nur auf die Fußbremsen verlassen. Haltende Schulbusse benutzen immer das Warnblinklicht und ein Stoppschild; an denen darf auf keinen Fall vorbeigefahren werden, egal aus welcher Richtung.

Die Gasheizung lässt sich denkbar einfach bedienen (siehe Video). Wir haben sie in kalten Nächten vor dem Schlafengehen für 20 Minuten laufen lassen, dann war es kuschlig warm und hielt auch lange vor. Der Austrittsbereich der warmen Luft neben der Spüle unten rechts darf nicht zugestellt werden, da herrscht sonst akute Brandgefahr!

Dump-Stations zur Entsorgung des Grau- und Schwarzwassers gibt es auch vereinzelt auf Tankstellen. Fullservice-Sites verfügen immer über einen entsprechende Einrichtung; wenn dies nicht so ist, gibt es eine zentrale Dump-Station. Der Abwasserschlauch ist hinten an der linken Seite des Fahrzeugs verstaut. Die Verschraubung lässt sich mitunter nur schwer lösen. Vorsicht, nicht mit zu viel Gewalt arbeiten, die kleinen Nippel können abbrechen. Ebenso schwer lässt sich der Schlauch manchmal auch vom Auslass wieder lösen. Reihenfolge des Dumpings: Schwarzwasser, Grauwasser und mit Frischwasser nachspülen.

Die Fahrzeughöhe (3,70 Meter) beachten und den großen Wendekreis berücksichtigen. Auf Parkplätzen die für RV ausgewiesenen Flächen benutzen. Rückwärtsfahren geht zwar mit der Kamera sehr gut, ein Einweiser ist trotzdem besser.

Kosten

Die Hin- und Rückflüge kosteten rund 1.400 €. Das Mieten des Campers (18 Nächte) war der größte Posten: 4.351 €. Folgende Zusatzkosten zum Grundpreis von 3.363 Euro sind darin enthalten: Kilometerpaket 4 x 800 Km 425 €, zuzüglich überzogene Kilometer 53 €, Bettwäsche 108 €, zweiter Fahrer 90 €, Küchenset 72 €. Außerdem 240 € für eine Rückgabe ohne Reinigung und eine Versicherung gegen Bruch der Frontscheibe und Reifenschäden (sehr empfehlenswert). Wir hatten am Anfang 3 Hotelnächte und am Ende eine Nacht in Vancouver gebucht; das bedeutete insgesamt für zwei Personen ohne Frühstück 850 €. Für Essen und Trinken einschließlich Restaurantbesuche mussten wir rund 2.000 € aufwenden. Lebensmittel und Getränke sind grundsätzlich sehr teuer. Alkohol gibt es nur in Liquor Shops, auch der ist teuer. Sonstige Aktivitäten wie Eintrittsgelder, Shopping, Sightseeing etc. kosteten rund 500 € auf. Für Benzin wurden rund 2,20 CAD verlangt; insgesamt waren das bei einem Verbrauch von rund 15 l/Km, 3.331 gefahrenen Kilometern und einem Durchschnittspreis von umgerechnet 1,65 € für einen Liter Benzin rund 825 €.

Insgesamt macht das eine Summe von 9.926 €.

Mastercard und VISA Card werden immer akzeptiert. Bargeld braucht man kaum, höchstens bei den Warmwasserduschen auf den Campgrounds. Der Umrechnungskurs war recht ungünstig: 0,73 € für 1 CAD.

Routen

Kanada Reisebericht Camper, Landkarte

Vancouver Island

Eigentlich sollte uns die Route über den Fährhafen Nanaimo zurück auf´s Festland führen. Da aber auf dem Hinweg Victoria zu kurz gekommen war, sind wir die gleiche Strecke zurück und haben ein zweites Mal auf dem fantastischen Campground Fort Victoria Halt gemacht, um uns diese schöne Stadt genauer anzusehen. Anschließend haben wir wie auf dem Hinweg die Fähre ab Swartz Bay nach Vancouver Tsawwassen genommen. Insgesamt waren das mit Abstechern rund 830 Kilometer.

Kanada Reisebericht Camper, Fahrtstrecke

Hinweg, Parks und Rückweg

Die ursprüngliche Planung sollte uns bis nach Prince George führen. Aber die Entfernungen waren einfach zu groß und die Zeit begrenzt. Deshalb haben wir die Spitze gekappt und sind auf einem deutlich kürzeren Weg zum Jasper Nationalpark und zum Banff Nationalpark gefahren. In beiden Parks sind wir längere Zeit geblieben und jeweils sternförmig zu den verschiedenen Trails, Wasserfällen, Seen, Städten, Dörfern etc. gefahren. Insgesamt kamen hier 2.500 Kilometer zusammen.

Kanada Reisebericht Camper, Fahrtstrecke

Resümee

Wir haben viel erlebt, atemberaubende Naturschauspiele genossen, tolle Städte gesehen, nette Leute getroffen und waren ganz schön lange auf den Highways unterwegs. Und doch haben wir insgesamt recht wenig vom großen Land Kanada gesehen. Etwas über drei Wochen Zeit und 3.331 Kilometer Strecke sind halt nicht viel.

Womit hatten wir gar nicht gerechnet? Mit dem doch sehr durchwachsenen Wetter und mit den hohen Preisen. Warme und regenfeste Kleidung ist also unbedingt zu empfehlen und Geld sollte man genug zur Verfügung haben. Knapp 10.000 € waren deutlich mehr als wir gedacht hatten. Das lag natürlich auch am Wechselkurs; der ist aber nicht günstiger geworden, eher im Gegenteil.

Würden wir diese Reise noch einmal machen? Unbedingt!!

_____

Detlef hat uns geschrieben:

Sehr interessanter, hilfreicher Beitrag. Wir planen in 2024 eine ähnliche Reise und werden die nützlichen Infos in unsere Planung einfließen lassen. Liebe Grüße!

Der nördlichste Süden: Dänemark – ein Gastbeitrag

Der nördlichste Süden: Dänemark – ein Gastbeitrag

Lieblingsplätze für Senioren – Eine Reisebuchreihe

Lieblingsplätze für Senioren – Eine Reisebuchreihe