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Der nördlichste Süden: Dänemark – ein Gastbeitrag

Der nördlichste Süden: Dänemark – ein Gastbeitrag

Ein gewagter Gastbeitrag. Warum? Eigentlich bin ich noch nicht „Grad60“! Mir fehlen sogar noch Monate bis zu „Grad50“! (Gibt’s eine solche Seite überhaupt oder habe ich grad eine Marktlücke entdeckt?)

Geometrie -oder so ähnlich- war nie meine Stärke. Es hieß wohl einstmals ERDKUNDE, die Älteren erinnern sich noch… Die Erkundung der Welt jedoch, insbesondere der nördlichen, gefällt mir gut. Also, ab nach Skandinavien! Mit dem Zeigefinger über die Landkarte gestrichen, geht es über die A24 nach der Abfahrt „Schwarzenbek/Grande“ an Flensburg vorbei und schon ist das südlichste skandinavische Land oder wie ich finde, das freundlichste Nachbarland, erreicht: Dänemark.
Egal, wo man sich befindet- in Dänemark ist man nie weiter als 50 Kilometer vom Meer entfernt. Hier verbringe ich schon seit über zwanzig Jahren mindestens einmal im Jahr einen Urlaub.

Gern mal eine Woche im Oktober, wenn die allgemeine „Tourizeit“ vorbei ist und dann am liebsten am herrlichen Nordseestrand. Der ist allen Menschen im Regelfall als ein Strand bekannt, der zumindest in Deutschland während der Ebbe nichts weiter als schwarzer Sand mit wenigen Pfützen ist. Acht Stunden warten, bis das Wasser wieder zurückkehrt, ist dann eigentlich nur langweilig.
Dachte ich auch, als ich dann erstmals einen Urlaub auf der südlichsten Insel der dänischen Nordsee Rømø (sprich: Röm), bei gutem Wetter in Sichtweite zu Sylt, verbrachte. Hier sind Ebbe und Flut nur mit wenigen Metern Veränderung am Strand zu merken: sonder-, aber wunderbar. Und in wenigen Tagen hatte ich mich in dieses Land verliebt.
Das ist jetzt viele Jahre her und immer wieder zog es mich und meine in dieser Zeit anwachsende Familie hierher. Und eines stellte ich bei JEDER Reise fest: ich war nach einem Tag der Ankunft bereits komplett im Urlaubsmodus. Hier gibt es kein Hupen bei Fahrfehlern mit dem Auto, keine Aggressionen im Supermarkt und keine bösen Worte. Hier leben freundliche Menschen, die zwar beim internationalen Fußball eine Nebenrolle spielen, im weltweiten Ranking „Glückliches Leben“ immer oben, wenn nicht sogar auf Platz eins stehen. 

So hat es sich entwickelt, dass wir mittlerweile so ziemlich jede Ecke Dänemarks kennengelernt haben: Die Ostseeseiten mit der Halbinsel Als, mit Seeland (dänisch „Sjælland“), mit der Hauptstadt Kopenhagen und entlang der Nordseeküste beinahe alle Städte und Dörfer. Besonders ans Herz gewachsen ist uns die Insel Fanø (Fanö), die die dänische Gelassenheit, Herzlichkeit und Natur in herrlichster Form widerspiegelt. In nur 15 Minuten ist man vom Festland Esbjergs, einer typischen Industriestadt in Midjylland, in einer anderen Welt. Etwa 13 Kilometer kann man hier an der Westküste der Insel entlang mit dem Auto, dem Fahrrad oder dem Bus fahren und sich an einem entlegenen Strandabschnitt mit Sonnenstuhl, Decke oder einfach nur im Sand den ganzen Tag entspannen.

VW Bulli steht mit geöffneter Heckklappe am Strand

Aber: Das Wetter kann dem verwöhnten Strandurlauber auch schnell die Laune vermiesen. Grundsatz in Dänemark: es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung! Dazu später mehr…
Das Schicksal hat es mir ermöglicht, Dänemark schon zum zweiten Mal über eine Zeit von mehreren Wochen erkunden zu können. Im vergangenen Jahr war mein Domizil in Hals, einer kleinen Stadt, in deren Nähe der Limfjord in die Ostsee mündet. Von hier aus habe ich viele Erkundungstouren gestartet. Zum Shopping nach Aalborg, zum Frühstück im Bulli direkt an die Ostsee. Nur zehn Meter vom Meer entfernt! Und zum Angeln an verschiedene Forellenseen. Die sind im Übrigen nicht umsonst berühmt für ihre Fische und deren Qualität! Nach Vergleichbarem kann man in Deutschland lange suchen.

Angler mit Forellen in der Hand.jpg

Dieses Jahr, 2022 n.Chr. und Anno Eins nach Corona (so hofft man zumindest!), bin ich ganz hoch in den Norden gefahren. Natürlich war mir diese Gegend nicht vollkommen unbekannt, aber es gibt für mich noch genug kennenzulernen. Mein Ferienhaus liegt in der Nähe zu Skiveren, einem kleinen Ort, etwa 25 Kilometer östlich der Hafenstadt Hirtshals. Skiveren, ist das eigentlich ein Ort? Bremst man nicht früh genug ab, ist man auch schon durch. Nur wenige Ferienhäuser, ein kleiner Kaufmannsladen und ein Zeltplatz. Das wars! Aber dieses verschlafene Fleckchen hat einen traumhaften Strand. Gestern habe ich mir die Zeit genommen, mit dem Auto ans Meer zu fahren und die Sonne beim Untergehen zu beobachten. Ein traumhaftes Spektakel, wenn der blutrote Ball im Meer zu versinken scheint. Und dazu noch diese Idylle eines nahezu leeren Strandes! Nein: nicht Malediven, es ist Dänemark im Spätsommer!

Sonnenuntergang Strand Dänemark

Heute habe ich mir einen kulturellen Tag gegönnt. Eine Tour nach Skagen, der nördlichsten Stadt Dänemarks. Natürlich abgesehen von den „Kolonien“ wie Grönland oder die umgangssprachlich genannten Faröer Inseln, die dem Königreich Dänemark seit vielen Jahren, mittlerweile natürlich als „Gleichberechtigte“, angehören. Etwas nördlich der Stadt Skagen lässt sich ein besonderes Schauspiel der Natur beobachten. Hier, am obersten Zipfel der Halbinsel Jütlands oder einheimisch „Jylland“, treffen Ostsee und Nordsee aufeinander. Und das sichtbar! Die Wellen des einen schlagen in die Wellen des anderen Meeres, was sich zu einem wahrnehmbaren Strudel entwickelt. Genaugenommen nennt sich das Fleckchen Grenen, wo sich Skagerrak und Kattegat, wie die Meerstücken hier bezeichnet werden, God Morgen oder Gute Nacht sagen. Die Strömung an dieser Stelle ist dermaßen stark, dass das Baden strengstens untersagt ist.

Dänemark Ostsee und Nordsee treffen aufeinander

Wenn man vom Parkplatz aus die etwa drei Kilometer entfernte Landspitze zu Fuß besuchen will, muss man viel ertragen. Zum einen den recht steilen Weg zwischen hohen Dünen und versandeten Wehrmachtsbunkern, zum anderen die von den großen Fischkuttern Namens AIDA stammenden Touristen aus aller Welt in fragwürdiger Outdoorbekleidung renommierter Marken (gern auch als Ehepaar im Zwillingsdress). Oder den Fahrradhelden, die der Ausrüstung nach direkt aus Afghanistan hierher durchgeradelt zu sein scheinen. Dabei tragen für mich die Radlerhosen in Größe 58 durchaus zu einem unvergesslichen Erlebnis bei, Geschmackssache halt!

Dänemark Dünen und Meer

Etliche Schilder informieren auf dem Weg den geneigten oder bereits ermatteten Besucher über geschichtliche Ereignisse, Wanderwege oder Seehunde. In den Jahren des zweiten Weltkriegs hatte die Wehrmacht unter Zuhilfenahme von Zwangsarbeitern unzählige Betonbunker entlang der dänischen Küste erbaut, die heute noch gut sichtbar, manchmal versandet oder teilweise unterspült, Denkmal einer Zeit sind, in der wir Deutschen keine guten Eindrücke hinterlassen haben.

Dänemark Bunker zwischen Dünen

Hier oben gibt es sogar ein Bunkermuseum, das zu moderaten Preisen besichtigt werden kann. Dabei handelt es sich um einen erhaltenen Bunker, in dem man sich in eine frühere Zeit zurückversetzt sieht. Gasraum, Sanitätsraum, alles erhalten. Die Lage der Bunker und der dort stationierten Geschütze ermöglichte damals die Verhinderung der Durchfahrt fremder Schiffe. Durchaus eine Besichtigung wert! Leider war ich außerhalb der Ladenöffnungszeiten da. Schade. Ist man erst einmal durch diese für Dänemark als Mittelgebirge gefühlten Hügel geklettert, entschädigt diese schmale Spitze Land für alles. Seesterne am Ufer, weißer Sand darum und mit etwas Glück auch ein paar Robben oder Seehunde mit ihren Jungen. Und ich hatte tatsächlich das Glück, Robben live zu sehen. Einfach toll!

Dänemark Blick aufs Meer mit kleiner Robbe

Ein toller Ausblick! Für Menschen, die nicht so gut zu Fuß sind oder keine Lust zum „Latschen“ haben, gibt es eine gute Alternative. Traktoren mit Personenanhänger ziehen hier regelmäßig- und vermutlich pünktlicher als die BVG- Besucher über den Sand hoch in den Norden.

Dänemark Trakoren fahren mit Touristen über den Strand

Die versandete Gemeindekirche von Vendsyssel, ganz in der Nähe zu Skagen, ist ein gelungener Abschluss meines Ausflugs an diesem Tag. Die Kirche mit dem Namen St. Laurentius stammt aus dem 14. Jahrhundert. Sie war damals eine der größten Kirchen dieser Region. Viele Jahre lang hat die Gemeinde gegen den Sand gekämpft, regelmäßig den Sand von der Kirchenwand und den Türen geschippt und schließlich aufgegeben. Mittlerweile ragt nur noch der weiß gestrichene Turm der Kirche aus der Dünenlandschaft und erzählt Geschichten aus vergangenen Tagen. Der Fußweg hinter dem Turm befindet sich quasi in Höhe des ehemaligen Kirchenschiffdaches. Das Kirchenschiff hatte man vor Aufgabe des Kirchbetriebes noch abgetragen und das Material für den Bau von nahen Häusern verwendet.

Dänemark versandete Gemeindekirche von Vendsyssel

Der Tag geht zu Ende, das Touri-Wetter auch. Es naht ein Landregen, der über Nacht eine hervorragende und zudem kostenlose Autowäsche prognostiziert. Fehlt zum Abend noch eine der dänischen Spezialitäten: Rødspættefilet mit frittierten Kartoffelstreifen und Remoulade! Heißt uff Berlinerisch: Frittierte Schollenfilets mit Pommes und Majo… Juten Appetit!!  
Am nächsten Morgen beim Frühstück auf der überdachten Sonnenterrasse bin ich plötzlich angefixt. Du warst schon so oft in Dänemark, hast aber außer den Fragmenten im Meer und am Strand noch nie einen Bunker gesehen, denke ich und mache mich auf den Weg. Denn im nahen Hitshals befindet sich Dänemarks einzige vollständig ausgegrabene Bunkeranlage, die heute mit 54 Bunkern und einem Netz von knapp vier Kilometern Schützengräben als Museum und Mahnmal dient.

Dänemark Bunker über Strand

Von den mehr als 7.500 Bunkern des Atlantikwalls, der sich vom Nordkap bis nach Südfrankreich erstreckte, stehen sagenhafte 6.000 Bunker an der dänischen Küste. Geschätzt bis zu 100.000 einheimische Arbeiter wurden Anfang der 40er Jahre herangezogen, um den größten und zugleich teuersten Bau Dänemarks zu erschaffen.

Bunker Dänemark

Arbeiter und Lieferanten wurden letztlich von Dänemark mit massig gedruckten dänischen Kronen bezahlt, das waren keine Peanuts! Der Preis für die Bunker belief sich den Angaben zufolge auf etwa zehn Milliarden Kronen; das entspricht einem heutigen Gegenwert von ungefähr 300-400 Milliarden dänischen Kronen. Für den Nicht-Skandinavier: das macht der normale Taschenrechner kaum mit, dafür muss die Omma lange stricken. Der greifbare Wert liegt zwischen 40 und 55 Milliarden Euro!
Schon bei der Ankunft am Parkplatz bietet sich ein unvergessliches Bild: Der neuwertig wirkende Leuchtturm von Hirtshals mit der Kapitänsstube. Für freiwillig gespendete 20 Kronen oder drei Euro, die in den Erhalt des Areals investiert werden, kann man hinaufklettern und etliche Meter über der Steilküste in die Ferne blicken. Das mache ich nachher…!

Leuchtturm von Hirtshals mit der Kapitänsstube

Jetzt erstmal nach unten! Vorbei an ausgestellten Panzersperren und einer riesigen Seemine geht’s in die teilweise authentisch wirkenden Schützengräben.

Panzersperren und riesige Seemine

Besonders interessant ist ein tatsächlich erhaltener Mannschaftsbunker, der mitsamt seinem Inventar hinter Glas beäugt werden kann. Betten, Decken und spärliches Inventar zeugen von Zeiten, in denen das hier sicher kein Strandurlaub war.

erhaltener Mannschaftsbunker

Die Anlage zählte damals zur 10. Batterie der Wehrmacht am Atlantikwall und hatte neben der Abwehr kleiner Boote die Hauptaufgabe, den Hafen von Hirtshals gegen eine mögliche Invasion der Alliierten zu verteidigen. Daher sind die Bunker wegen möglicher schwerer Angriffe von See oder aus der Luft mit zwei Meter dickem Beton „gepolstert“. Ich steige hinunter. Eine recht steile Treppe führt in einen Bunker, in dem der Beschreibung nach eine unterirdische 10,5 cm- Kanone französischer Bauart postiert war.

Treppenabgang in Bunker

Da es nach einem tollen Meeresblick aus dem grauen Koloss aussieht, wage ich mich hinein. Kurz vor dem Ziel, einem runden Raum mit Fragmenten eines drehbaren Aufsatzes, stoße ich mir den Kopf an einem der freiliegenden Stahlträger. Als der Blutgeschmack im Mund langsam abnimmt, durchkreisen mich merkwürdige Gedanken: Gab es in der Wehrmacht nur Hobbits und Zwerge oder war das eben gerade der Grund für die Helmpflicht im Krieg? Bin ich- trotz der verhältnismäßig leichten Blessur- nun ein (wenn auch spätes) Opfer des Atlantikwalls? Langsam kann ich wieder aufstehen. Ich setze meinen Weg weiter fort mit dem Versprechen, in keinen weiteren Bunker einzusteigen.

Dänemark Bunkeranlage am Strand

Am untersten Ende dieser Befestigungsanlage angekommen, wirken sowohl der Blick nach oben zum Ende der Steilküste als auch der einsetzende Regen nicht besonders ermunternd auf mich. Und hier bekenne ich mich deutlich zu optimaler Regen- oder Outdoorkleidung, die ich jetzt gern anhätte… Meine einzige neue Errungenschaft in dieser Hinsicht sind meine Schuhe, die mit einem Wolftatzen-Label versehen und als einziges Kleidungsstück von innen trocken sind. Was würde ich jetzt für eine optimierte Kleidung geben- gern auch im Partnerlook und notfalls auch in LILA!
Ich komme oben an und sehe den starken Regen waagerecht an mir vorbeifliegen. Auch wenn der Schleswig-Holsteiner oder der Däne sagt: „Sturm ist erst, wenn die Schafe keine Locken mehr haben“- mir reichts für heute. Mein Mut, jetzt noch den Leuchtturm zu erklimmen, ist quasi hin. Und der Gedanke, bei geöffneter Jacke dort oben definitiv abzuheben, führt mich zu meinem Auto. Da ist wenigstens die Standheizung an…


Na, dann wärme dich mal schön auf, lieber Micha. Wir von grad60 sind da nicht ganz so empfindlich. Auf jeden Fall danken wir dir aber für deinen interessanten Bericht. Wenn ihr auch mal Lust habt, über euren Urlaub zu berichten, dann immer sehr gern, egal ob ü40 oder ü70. Einfach eine E-Mail an info@grad60.com

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