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Neuzelle und ein schwarzer Abt

Neuzelle und ein schwarzer Abt

Der „Schwarze Abt“ verwirrt mich. Obwohl selbiger doch eindeutig ein Mann ist, steht auf der Packung „Kloster Braut“ und zeigt die Abbildung einer Nonne. Oder ist hier die Tätigkeit des Brauens gemeint? Also zum Beispiel: Das Kloster braut das Bier der „Schwarze Abt“. Aber dagegen spricht die hübsche, schwarzweiße Klosterbewohnerin. Und eine Frau in dieser Funktion wäre doch wohl eine „Schwarze Äbtissin“ oder wie? Wie gesagt, ich bin verwirrt. Und das, ohne auch nur einen Schluck getrunken zu haben.

Die Geschichte der Klosterbrauerei ist eng mit der des Klosters Neuzelle verbunden, das wir uns heute mal ansehen möchten. Üblicherweise würde ich auch das Bier probieren, bei einer zünftigen Brauereibesichtigung natürlich. Aber, da ich mich noch in der auslaufenden Chemotherapie befinde, denke ich mir, lieber noch nicht und verschiebe den Genuss auf später; der edle Tropfen, der schon seit 1416 von den mit der Kunst des Bierbrauens vertrauten Mönchen hergestellt wird, ist ja schließlich auch online verfügbar.

Von der Ortsmitte des niedersorbisch genannten Ortes Nowa Cala, heutzutage unter Neuzelle bekannt, führt eine Allee direkt zum Eingang des Kloster- und Kirchengeländes, vorbei am Klosterteich, der von einem hauseigenen, wunderschönen weißen Schwan dominiert wird.

Die Geschichte des Zisterzienserklosters Neuzelle beginnt 1268, als Markgraf Heinrich der III., der „Erlauchte“, das Kloster stiftete. Es ist einer der größten Schätze Brandenburgs und sein Ruf geht weit über die Landesgrenze hinaus; schließlich ist das Kloster eine der wenigen noch vollständig erhaltenen Klosteranlagen Europas. Beherrscht wird das Ensemble aus Architektur, Kultur, Kunst und Garten von der unglaublich aufwändig restaurierten Stiftskirche St. Marien.

In der Kirche gibt es gerade eine Messe oder etwas Ähnliches. Eine Litanei ist zu hören. Zügig suchen wir uns einen Platz, werden aber dennoch angesprochen: wir sollen nicht herumlaufen! Es fände gerade das Stundengebet der sechs Mönche des Klosters statt. Wir nicken stumm und knien in einer Bank nieder. Die Neuzeller Stiftskirche St. Marien ist als Barockwunder Brandenburgs bekannt und ich sehe auch, warum. Die üppige Ausstattung mit Stuckaturen, Wand- und Deckengemälden und die zahlreichen Figuren, Engel und Putten sind beeindruckend und erschlagend. Ich weiß nicht, ob es mir gefällt oder nicht.

Ob der „Schwarze Abt“ mitbetet? Das ist blasphemisch, murmelt meine innere Stimme. Recht hat sie. Ich lausche und denke meditierend an gar nichts, auch nicht ans Bier. Nach 15 Minuten verstummen die Gesänge. Ich erhebe mich, immer noch ehrfurchtsvoll, aber auch zweifelnd ob der Pracht. Die Details dieser überbordend ausgestatteten, barocken Theaterkulisse sind kaum zu erfassen.

Wir treten raus ins Sonnenlicht. Unser solarer Energiespender gibt heute alles. Der wolkenlose blaue Himmel bietet ihm aber auch eine gute Kulisse. Über den gepflasterten Stiftplatz gehen wir durch die Gartenpforte zum barocken Klostergarten, der als Terrassenanlage zur Oderlandschaft hinunterführt. Nach Originalplänen aus dem Stiftsatlas von 1758 wiederhergestellt, bietet der Garten in natürlicher Hanglage einen wunderbaren Blick runter ins Tal und hinauf zur Kirche.

Wegachsen, Wasserspiele und schöner alter Baumbestand sind hübsch arrangiert. Und über allen Wipfeln sind immer die hohen Kirchtürme zu sehen.

Richtung Obstgarten schreitend, Weinberg und die zweite, etwas abseitsstehende, evangelische Kirche zum Heiligen Kreuz hinter mich lassend, bewundere ich die alten Bäume. Ein riesiger Ast versperrt meinen Weg, als würde er mich zum längeren Verweilen auffordern wollen.

Mit Genuss und Muße wandeln wir durch die Anlage. Viele schöne Motive locken zum Fotografieren.

Aber Neuzelle hat noch mehr zu bieten. Durch die Einlasspforte verlassen wir das Klostergelände und schwingen uns auf die mitgeführten Fahrräder. Wir passieren zum zweiten Mal den Klosterteich. Der liegt aber auch zu malerisch da. Er glitzert und blinkt und lockt. Herrlich.

Wir wollen zuerst zum Friedhof des Ortes. Gleich am Eingang bleiben wir am Grab des unbekannten Soldaten mit der Erkennungsmarke 105 stehen. Wieso ist der unbekannt, wenn er doch eine Marke umhatte? Rätselhaft.

Friedhöfe können schön sein und friedvoll. Und wenn sich dann noch zwei Schmetterlinge in der Sonne ausruhen, ist die Stimmung perfekt.

Oberhalb des Friedhofs, in einem Waldstück auf dem Priorsberg gelegen, gibt es das Grab der Frauenrechtlerin Hanna Elmire Flora Bieber-Böhm. Der Ort ist mit dem Fahrrad gut zu erreichen. Auch wenn es bergauf etwas anstrengend ist. Die letzten Meter müssen wir schieben.

Hanna war die älteste von sieben Schwestern, die sie nach dem Tod der Mutter miterziehen musste. Trotz der enormen Belastungen im Haushalt studierte sie Kunstgeschichte in München und Berlin. Im 19. Jahrhundert für eine Frau eher selten und unerwünscht. Nach ihrer Heirat widmete sie sich in Berlin der Wohlfahrtspflege und war Mitbegründerin des später von der Stadt Berlin übernommenen Realgymnasiums für Mädchen in Charlottenburg. Eine bemerkenswerte Frau. Wir fahren weiter.

Etwas außerhalb von Neuzelle liegt das Flusstal der Dorche, das zu den beliebtesten Wandergebieten im Naturpark Schlaubetal zählt. An dieser einstigen Lebensader des Klosters Neuzelle wurden früher insgesamt sechs Mühlen betrieben. Erhalten blieb bis heute davon lediglich die Schwerzkoer Mühle.

Aufgrund der Coronalage ist eine Besichtigung leider nicht möglich. Auch der „Schwarze Abt“ wird zwar angepriesen aber nicht angeboten.

Was soll’s. Ich setzte mich in die Sonne und genieße den Augenblick.

Die Dorche führt übrigens derzeit ziemlich wenig Wasser, fällt mir auf. Die Stege stehen am Ufer irgendwie sinnlos in der Gegend rum und man kann teilweise auf dem Flussgrund umherlaufen. Klimawandel?

Auf dem Weg zurück fasziniert mich die ausgeprägt zur Schau gestellte Lässigkeit eines älteren Ehepaares auf einer Bank. Er lesend und Schnäpperken trinkend und sie strickend. Grandios. Ja, Zeit müsste man haben!

Wir sind wieder im Ort Neuzelle zurück. Auf der Straße mit dem interessanten Namen Slawengrund machen wir kurz Halt an der Hausnummer 11. Hier steht ein wahres Juwel unter den Museen im Land Brandenburg. Es ist das Strohhaus Neuzelle, ein Museum ländlicher Alltagskultur. Fachwerkwohnhaus und Fachwerkstallgebäude wurden 1780 erbaut und zählen zu einem der ältesten Bauwerke hier in Neuzelle.

Da wir noch einiges vorhaben, verkneifen wir uns den Besuch des Museums; ein anderes Mal vielleicht. Wir schnallen die Fahrräder wieder auf’s Auto und düsen von dannen.

Neuzelle ist vor allen Dingen wegen der Klosteranlage einen Ausflug wert. Aber schaut doch selbst und berichtet uns von Euren Eindrücken. Wir sind gespannt.

Unser nächstes Ziel heißt Findlingspark Henzendorf. Etwas weiter weg und toll gelegen in der Heidelandschaft des Schlaubetals. Aber das ist eine andere Geschichte.

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