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Mikroabenteuer

Mikroabenteuer

Mikroabenteuer - Ein Gastbeitrag von Daniel Heidemann

Kennt Ihr Mikroabenteuer? Mikroabenteuer sind Abenteuer, die praktisch jeder im Alltag und vor seiner Haustür erleben kann. Ein kleiner Schritt im Alltag, um deinen Kopf frei zu bekommen, um mal durchzuatmen und das Wichtigste: etwas ganz Neues zu machen. Manche nehmen sich ein kleines Zelt mit ins Büro, um nach Feierabend in der Natur vor den Toren der Stadt eine Nacht zu verbringen, andere entscheiden sich dazu, mal eine ganze Nacht mit dem Fahrrad durch die Stadt zu fahren, um sie auf völlig neue Art zu entdecken oder hier in Berlin gibt es inzwischen Pendler, die nicht per Auto, Bus oder Bahn zum Job fahren, sondern sich sehr früh mit einem Paddelboot aus dem Umland auf den Weg in die Stadt machen. In München gibt es einen Manager, der ab und zu durch die Isar zu Arbeit schwimmt. Anzug und Laptop sind dabei in einem wasserdichten Beutel verstaut.

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Ich selbst habe es immer schon geliebt, mit Fahrrad, Auto oder Motorrad ohne festes Ziel loszufahren, um zu schauen, wohin mich der Tag treibt. Ein Gefühl aus Kindheitstagen, allein oder mit Freunden den ganzen Tag unterwegs zu sein, ohne nachzudenken und am Abend erschöpft, glücklich und auch viel zu spät zum Abendessen nach Hause zu kommen. Aber die kleinen Abenteuererlebnisse kann einem keiner mehr nehmen. 

Mit dem Motorrad immer geradeaus (nach Magdeburg)

Mit dem Motorrad immer geradeaus (nach Magdeburg)

Der Zufall will es, dass ich momentan einige Zeit für mich habe. Natürlich würden mir in wärmeren Monaten noch viel mehr Sachen einfallen, um die freien Tage sinnvoll zu nutzen. Aber es ist nun mal Dezember und ich wollte mal wieder ein kleines Abenteuer erleben. Fahrrad, Motorrad oder gar eine Nacht im Zelt kommen momentan nun wirklich nicht in Frage - da endet dann doch meine Abenteuerlust. Aber es gibt in Berlin glücklicherweise bequeme Wege, um nach JwD - Janz weit Draußen - zu kommen. Ich fand schon immer die Berliner S-Bahn toll. Man kann kreuz und quer durch Berlin fahren und vor allem bringt sie einen ziemlich gut ins Berliner Umland. Hm, einfach mal eine Linie aussuchen und bis zur Endstation fahren? Was gibt es da? Sehenswürdigkeiten oder tolle Restaurants? Ist es dort so trist, dass man schnell wieder weg will? Wie ist die Natur da draußen? Diese Fragen kamen mir, als ich den Streckenplan der S-Bahn vor Augen hatte. Potsdam? Kennt man natürlich. Wannsee? Haben wir hier im Südwesten eh vor der Tür. Nein, etwas weiter sollte es schon gehen. Also hab ich mir die S2 in südlicher Richtung ausgesucht, um zur Endstation Blankenfelde zu fahren. Mein Freund Tom von grad60.com, dem ich von meinem Vorhaben berichtet habe, war gleich interessiert und lud mich ein, einen Bericht meines Mikrobenteuers für diesen tollen Blog zu verfassen. Ihm verdankt Ihr also die holprigen Zeilen in diesem neuen Beitrag. 

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Gesagt, getan. Von Lichterfelde geht es mit dem Bus zum S-Bahnhof Marienfelde und von dort über Lichtenrade und Mahlow nach Blankenfelde und schon stehe ich auf einem typischen Regionalbahnhof. Eher trist, es gibt große Parkflächen für die Pendler und an einem Vormittag ist hier nichts los. Also schnell weg hier. Da ich bewusst ohne Plan und Navi unterwegs bin, geht es immer der berühmten Nase nach. Im Ort gibt es aber einige Hinweisschilder für Sehenswürdigkeiten oder Wanderwege, an denen ich mich gut orientieren kann. Irgendwie zieht es mich aber eher ins Grüne; also bleibt es bei einem kurzen Abstecher zur Gemeindekirche, die direkt am Ortsausgang liegt. Das nächste Schild weist mich aber darauf hin, dass es zum Schloss Diedersdorf nur 6,5 km weit ist. Na bitte, da ist mein Ziel!

Als erstes führt der Weg durch eine typische Neubau-Reihenhaussiedlung. Ich nenne diese künstlich geschaffenen Ansammlungen von Häusern immer gern Legoland, denn alles sieht irgendwie gleich aus - egal an welchem Ort man auf so eine Siedlung trifft. Glücklicherweise haben die Planer dieses Legolands einen kleinen grünen Pfad quer durch die Häuserreihen eingeplant und ich komme schnell zum Ortsrand voran. Übrigens trifft man auch hier auf Reste unserer nicht immer so ruhmreichen Geschichte, denn ein Hinweisschild weist den Weg zum ehemaligen “Ausländerkrankenhaus Mahlow”, welches von 1942-1945 als Krankenhaus für Zwangsarbeiter, die hauptsächlich aus Russland stammten, betrieben wurde. Alle Infos hier: http://www.gedenkort-mahlow.de/ 

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Mich zieht es weiter nach Diedersdorf und ein guter Wanderweg, rechts von einem kleinen Wäldchen gesäumt, führt direkt dorthin. Die wenigen Menschen, die ich unterwegs treffe, sind meistens mit ihren Hunden unterwegs und erwidern mein freundliches “Guten Tag!” mit einem knappen, aber auch bestimmt freundlich gemeinten “Hi!” Ich genieße die Ruhe, nur ab und zu vom Brummen des nahe liegenden Flughafens Schönefeld unterbrochen und komme langsam in einen angenehmen Wandermodus. Die Gedanken und die Blicke schweifen durch die Landschaft, mein Kopf wird frei und schnell stehe ich am Ortseingangsschild von Diedersdorf. Ich habe keine Lust, den Ort direkt an der Hauptstraße zu durchqueren und entdecke links ein paar Pferdekoppeln. Da wird es auch einen Weg geben, denke ich und laufe drauf los. Die Pferde interessieren sich nicht für mich nur ein kleiner kläffender Hund macht mir klar, dass er dort der Chef ist. Soll er ruhig, ich will eh weiter. Der Weg ist offenbar für Reiter angelegt. Der aufgewühlte, matschige Boden und die zahlreichen Pferdeäpfel veranlassen mich zu einem kleinen Hindernislauf. Es geht wieder durch ein Wäldchen und der Weg führt direkt ins...Nichts. Vor mir ein weiter Acker und sonst gar nichts mehr. Am Horizont sehe ich das Schloss Diedersdorf, Umkehren kommt für mich Abenteurer natürlich nicht in Frage. Also stampfe ich quer über zugige Äcker und Felder bis ich wieder auf einen halbwegs befestigten Weg treffe. Zwischendurch bleibe ich immer wieder stehen und genieße die absolute Stille und den Wind, der kräftig über den kargen Boden weht. Der Weg führt mich direkt zum Schloss. Ich kenne die Anlage nur von vollen Wochenend-Sommertagen. Heute, an einem grauen Dezembertag, herrscht absolute Ruhe und ich laufe ein wenig über das Gelände, vorbei an den Stallungen und dem verwaisten Biergarten zum Innenhof. Jetzt muss ich mich entscheiden: Das Restaurant “Schmiede”, das direkt auf dem Areal liegt, lockt mich zur Stärkung mit deftigem Imbiss samt Kaltgetränk. Oder kann ich der Versuchung widerstehen und weiterlaufen? Ich entscheide mich für einen Schluck aus der Wasserflasche und gegen das Restaurant, denn längst habe ich beschlossen, nun auch den restlichen Weg zurück nach Lichterfelde zu laufen. Jedoch stelle ich auf den folgenden Kilometern fest, dass es einen großen Unterschied macht, ob man eine Gegend samt Rückweg von Fahrrad- oder Motorrad-Ausflügen kennt oder zu Fuß geht… 

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Glücklicherweise verfüge ich über einen guten Orientierungssinn und weiß genau, welche Richtung vom Schloss aus einzuschlagen ist: Kleinbeeren, Großbeeren, Heinersdorf sind also die groben Anhaltspunkte für den Heimweg. Landstraßen und Radwege sind perfekt ausgebaut, mich zieht es aber wieder Richtung Wald, irgendwo muss es ja einen Wanderweg geben. Also quer mitten rein in das Wäldchen rechts der Landstraße. Zuerst führt durch das Dickicht ein Pfad, der mich dazu bringt, ein paar umgestürzte Bäume zu übersteigen und Äste weg zu schieben. Dann stoße ich auf einen richtigen Weg entlang des “Grenzgrabens” und des “Mahlower Seegrabens”, zwei künstliche Wasserläufe, die sich quer durch den Wald ziehen. Nach wenigen hundert Metern stelle ich fest, hier beginnt der schönste Abschnitt der Wanderung. Ich fühle mich wie früher, als ich in den Ferien kreuz und quer durch die Wälder streifte. Zu dieser Jahreszeit hängt ein eher modrig-feuchter Geruch in der Luft, der so gar nichts mit einem Spaziergang im Sommer zu tun hat. Ich genieße auch hier wieder die absolute Stille und mir fällt auf, dass ich die ganze Zeit keinen anderen Menschen begegne. Die grobe Richtung ist mir klar und ich laufe einfach den tollen Wanderweg immer geradeaus bis ein Weg irgendwann links Richtung Kleinbeeren abbiegt. Dieser Ort ist schnell durchquert, doch ein Abstecher zur kleinen Dorfkirche links der Dorfstraße lohnt sich. Nach der Kirche noch ein wenig geradeaus und schon bin ich in Großbeeren. Spätestens hier holt mich meine oben genannte Feststellung ein, dass man einen Weg zu Fuß schnell unterschätzt. Neben meinen schmerzenden Füßen nervt die laute Hauptstraße und der Hinweis, dass die nächste Etappe Heinersdorf weitere 4 Kilometer entfernt ist.  

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Da ich keine Umwege mehr nehmen aber unbedingt weiter zu Fuß laufen will, wähle ich den direkten Weg schnurstracks Richtung Heinersdorf. Hier führt die stark befahrene Osdorfer Straße vorbei am Gutshof Osdorf über den alten Grenzstreifen vorbei an der ehemaligen “Parks Range” der Alliierten in die weniger schöne Thermometer-Siedlung. Meine Laune wird nicht besser, denn neben der stark befahrenen Straße finde ich keinen Fuß- oder Radweg und der dichte Feierabendverkehr zwingt mich auf die Feldwege links der Straße. Irgendwann hat mich die Zivilisation wieder und der einsetzende recht starke Regen lässt mich dann doch ein wenig später dankbar in den Sitz eines BVG-Busses plumpsen und die letzten Stationen lasse ich mich fahren. 

Zu Hause bleiben die dreckigen Stiefel erst mal vor der Tür und ich fühle mich ein wenig wie früher, nachdem ich den ganzen Tag allein oder mit Freunden unterwegs war. Nur zum Abendessen komme ich nicht zu spät. Neben der tollen Erfahrung, mal wieder etwas Neues ausprobiert zu haben, registriere ich noch eine Blase unter dem linken großen Zeh. Gehört aber auch irgendwie dazu, oder? Mein Mikroabenteuer dauerte knapp fünf Stunden und meine Sportuhr hat 20 Kilometer registriert. Mal schauen, welche Endstationen die S-Bahn noch so zu bieten hat…. 

Auf der Homepage der S-Bahn Berlin finden sich übrigens zahlreiche Tipps für ausgewählte Ausflüge entlang der Linien, falls man für sein kleines Abenteuer ein paar Anregungen braucht. Und auch wenn ich dieses Verkehrsmittel so oft erwähnt habe, die S-Bahn hat diesen Beitrag natürlich nicht gesponsert.

Am Anfang des Artikels steht “Werbung unbeauftragt”, das heißt, dass dieser Artikel ohne Beeinflussung und Bezahlung geschrieben wurde. Warum der Vermerk trotzdem dort steht, erfahrt ihr auf unserer Seite “Transparenz”




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